Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
da!«
»In Lima hab ich viele Apristen gekannt«, sagte Lituma. »Die waren auch eingesperrt. Sie haben nach Herzenslust auf den General geschimpft, gesagt, er war ein Tyrann. Mir was erzählen, Kollege?«
»Und du hast zugelassen, daß sie in deiner Gegenwart schlecht von dem großen Mangache gesprochen haben?« sagte José.
»Piuraner, aber kein Mangache«, sagte Josefino. »Das ist auch so eine von euren Erfindungen. Sánchez Cerro hat bestimmt nie seine Nase in das Viertel hier gesteckt.«
»Was mußt du mir erzählen?« sagte Lituma. »Nun red schon, Mensch, du hast mich neugierig gemacht.«
»Es war nicht nur einer, sondern eine ganze Familie, Vetter«, sagte der Affe. »Haben sich ein Haus gebaut, in der Nähe von da, wo Patrocinio Naya gewohnt hat, und eine Apristenfahne an die Tür genagelt. Was sagst du zu so einer Frechheit?«
»Von Bonifacia, Lituma«, sagte Josefino. »Man erkennt’s an deinem Gesicht, daß du’s wissen willst. Warum hast du uns eigentlich noch nicht nach ihr gefragt, Unbezwingbarer? Hast du dich geniert? Wir sind doch wie Brüder, Lituma.«
»Aber denen haben wir’s gezeigt«, sagte der Affe. »Wir haben ihnen das Leben unerträglich gemacht. Sie haben abdampfen müssen, geplatzt sind sie vor Wut.«
»Ist nie zu spät, nach ihr zu fragen«, sagte Lituma; er richtete sich ein wenig auf, stützte die Hände auf den Boden und verharrte reglos. Er sprach sehr ruhig: »Nicht einen einzigen Brief hat sie mir geschrieben. Was ist aus ihr geworden?«
»Es heißt, der Jüngling Alejandro sei als Kind Aprista gewesen«, sagte José hastig. »Einmal, wie Haya de la Torre gekommen war, ist er mit einem Plakat an ihm vorbeimarschiert, da hat draufgestanden, Meister, die Jugend jubelt dir zu.«
»Lügen, der Alejandro ist ein großartiger Kerl, eine der größten Gestalten der Mangachería«, sagte der Affe matt.
»Seid still, seht ihr nicht, daß wir miteinander reden?« Lituma schlug mit der flachen Hand auf den Boden, und ein Staubwölkchen stieg auf. Der Affe hörte zu lächeln auf, José hatte den Kopf gesenkt, und Josefino saß krampfhaft angespannt da, die Arme verschränkt, und blinzelte unaufhörlich.
»Was ist, Kollege?« sagte Lituma sanft, fast liebevoll.»Ich hab nicht gefragt, du hast mich dazu gebracht. Jetzt red aber auch, stell dich nicht stumm.«
»Es gibt Dinge, die tun mehr weh als der Schnaps, Lituma«, sagte Josefino halblaut.
Lituma unterbrach ihn mit einer Handbewegung:
»Dann mach ich noch eine Flasche auf.« Weder seine Stimme noch seine Gesten verrieten die geringste Erregung, aber seine Haut hatte zu schwitzen angefangen, und er atmete tief. »Mit Alkohol kann man schlechte Nachrichten besser ertragen, nicht wahr?«
Er entkorkte die Flasche mit einem Biß und füllte die Gläser. Seines trank er geschwind, mit einem Zug leer, seine Augen röteten sich und wurden feucht, und der Affe, der in kleinen Schlückchen trank, die Augen geschlossen, das ganze Gesicht zu einer Grimasse verzerrt, verschluckte sich plötzlich. Er begann zu husten und sich mit der flachen Hand auf die Brust zu schlagen.
»Dieser Affe, immer mies«, murmelte Lituma. »Also, Kollege, ich warte.«
»Pisco ist der einzige Schnaps, der durch die Augen wieder auf die Welt kommt«, trällerte der Affe. »Die andern im Urin.«
»Nutte ist sie geworden, Bruderherz«, sagte Josefino. »Im Grünen Haus.«
Der Affe bekam einen zweiten Hustenanfall, sein Glas rollte auf den Boden, und auf der Erde schrumpfte ein kleines, feuchtes Fleckchen zusammen, verschwand.
IV
»Die Zähne haben ihnen geklappert, Madre«, sagte Bonifacia.
»Ich hab auf heidnisch mit ihnen geredet, damit sie sich nicht fürchten. Hättest du nur gesehen, wie sie ausgesehen haben!«
»Warum hast du uns nie gesagt, daß du Aguaruna sprichst, Bonifacia?« sagte die Oberin.
»Du siehst ja, wie alle Madres sagen, jetzt kommt wieder die Wilde zum Vorschein«, sagte Bonifacia. »Siehst ja, wie sie sagen, ißt du schon wieder mit den Pfoten, Heidin. Ich hab mich geniert, Madre.«
An der Hand führt sie sie aus der Vorratskammer, und auf der Schwelle ihres engen Zimmers bedeutet sie ihnen zu warten. Sie drängen sich dicht aneinander, stehen wie ein Knäuel an der Wand. Bonifacia tritt ein, zündet die Lampe an, öffnet den Koffer, sucht darin herum, holt das alte Schlüsselbund heraus und verläßt das Zimmer. Sie nimmt die Mädchen wieder bei der Hand.
»Ist es wahr, daß sie den Heiden an den Capironabaum gebunden
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