Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
noch kräftig wie ein Felsen, das alte Weiblein? Man hört Schritte und sie stehen auf, gehen der Oberin entgegen, Don Julio, Madre, eine weiße Hand, eine Ehre für dieses Haus, Señor Reátegui wieder hier zu begrüßen, wie sie sich freute, ihn wiederzusehen, aber bitte, sie sollten doch Platz nehmen, und sie, gerade hatten sie der armen Madre Asunción gedacht, Madre. Arm? nichts da, wo sie doch im Himmel war, und Señora Reátegui? wann würden sie die Patin der Kapelle wiedersehen? Señora Reátegui träumte von einem Besuch, aber von Iquitos bis hierher, das war so kompliziert, Santa María de Nieva war am Ende der Welt, und außerdem, war’s nicht schrecklich, im Urwald zu reisen? Nicht für Don Julio, die Oberin lächelt, der kam und ging im Amazonasgebiet, als wäre es sein Haus, aber Julio Reátegui tat’s nicht zum Vergnügen, wenn man nicht alles selbst machte, Madre, dannging alles zum Teufel, wenn sie ihm diesen Ausdruck verzeihen wollte. Er hatte nichts Unrechtes gesagt, Don Julio, hier auch, wenn man nicht aufpaßte, schon schlug einem der Satan ein Schnippchen, und jetzt singen die Mündel im Chor. Jemand dirigiert, in jeder Pause applaudiert Don Fabio mit den Fingerspitzen, lächelt, heißt gut: Hatte die Oberin die Botschaft von Señora Reátegui erhalten? Ja, im vorigen Monat, aber sie hatte nicht gedacht, daß Don Julio sie schon so bald abholen würde. Im allgemeinen zog sie es vor, wenn sie die Mission zum Jahresende verließen, nicht mitten im Kurs, aber da er sich nun einmal die Mühe gemacht hatte, persönlich herzukommen, würde man eine Ausnahme machen, ihm zuliebe, aber klar. Und er, offen gestanden, so waren’s zwei auf einen Streich, Madre, er mußte nämlich auf einen Sprung ins Lager am Nieva, die Materos hatten scheinbar Rosenholz entdeckt, da hatte er die Gelegenheit benutzt, um schnell mal hier vorbeizuschauen, und die Oberin nickt: sie würden ihr also die Kinder anvertrauen? Señora Reátegui hatte so etwas gesagt. Ah, die Mädchen, Madre, wenn sie die sehen könnte, sie waren süß, Don Fabio konnte sich das vorstellen, und die Oberin kannte sie, Señora Reátegui hatte ihr Bilder der Kleinen geschickt, die Ältere wie gemalt und die Kleine, was für Augen! War ja auch zu erwarten, die Señora Reátegui war so hübsch, und Don Fabio sagte das mit allem Respekt, Don Julio. Das Kindermädchen hatte schon vor langer Zeit geheiratet,Madre, und sie hatte keine Ahnung, wie überängstlich Señora Reátegui war, an allen Bewerberinnen hatte sie etwas auszusetzen, daß sie nicht reinlich waren, daß sie sie anstecken würden, immer nur die schlimmsten Dinge, und das hatte sie jetzt davon, seit zwei Monaten spielte sie selber Kindermädchen. Was das anlangte, Don Fabio beugt sich in seinem Sessel vor, konnte Señora Reátegui beruhigt sein, gibt ihm einen Klaps, niemand ging hier krank oder unsauber weg, er lächelt, nicht wahr, Madre? er macht eine Verbeugung, war ein Vergnügen zu sehen, wie reinlich man sie hier hielt, und Reátegui, und ob, Madre, die Frau des Doktor Portillo. Auch Schwierigkeiten mit den Dienstboten? Ja, Don Fabio, es wurde immer schwieriger, in Iquitos vernünftige Leute zu finden, wäre es vielleicht möglich, auch ihm eines der jungen Mädchen mitzubringen, Madre? Möglich war es schon, die Oberin verzieht leicht den Mund, aber er sollte nicht so mit ihr sprechen, ihre Stimme wird dünn, die Mission war keine Agentur für Hausangestellte, und Reátegui sitzt unbeweglich, ernst da, eine Hand klatscht verwirrt auf die Armlehne des Sessels, sie hatte seine Worte doch nicht falsch ausgelegt, oder? er meinte, die Oberin betrachtet das Kruzifix, Don Fabio reibt seine Glatze, wackelt im Sessel hin und her, blinzelt, Madre, sie hatte die Worte Don Julios doch nicht falsch ausgelegt, oder? Er wußte, woher diese Mädchen kamen, wie sie gelebt hatten, ehe sie in die Mission kamen, Julio Reátegui versicherteihr, Madre, es war ein Mißverständnis gewesen, sie hatte ihn nicht richtig verstanden, und nach ihrem Aufenthalt hier hatten die Mädchen niemand, wohin sie gehen konnten, die Eingeborenen hatten keine feste Bleibe, aber selbst wenn man die Angehörigen der Mündel ausfindig machte, die Mündel würden sich nicht mehr zurechtfinden, wie sollten sie auch wieder nackt herumlaufen? die Oberin macht eine begütigende Geste, und Schlangen anbeten? aber ihr Lächeln ist eisig, und Läuse essen? Es war seine eigene Schuld, Madre, er hatte sich falsch ausgedrückt, und
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