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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sie hatte seine Worte in einem andern Sinn ausgelegt, aber in der Mission konnten die Mündel auch nicht bleiben, Don Julio, das wäre nicht gerecht, nicht wahr? sie mußten den andern Platz machen. Darum ging es ja gerade: daß sie den Nonnen helfen sollten, diese Geschöpfe in die zivilisierte Welt einzugliedern, Don Julio, ihnen den Schritt in die Gesellschaft zu erleichtern. Genau in diesem Sinn war es ja, daß Señor Reátegui, Madre, kannte sie ihn etwa nicht? und in der Mission nahmen sie diese Geschöpfe auf und erzogen sie, um Gott ein paar Seelen zu gewinnen, nicht um den Haushalten Dienstmädchen zu verschaffen, Don Julio, er sollte ihr die offenen Worte vergeben. Das wußte er längst, Madre, deswegen arbeiteten er und seine Frau ja auch immer mit der Mission zusammen; wenn etwas dagegensprach, war es auch nicht schlimm, Madre, er wollte nichts gesagt haben, sie sollte sich bitte keine Sorgen machen. Die Oberinmachte sich ihretwegen keine Sorgen, Don Julio, wußte, daß Señora Reátegui sehr gottesfürchtig war und daß die Mädchen sich in guten Händen befinden würden. Doktor Portillo war der beste Rechtsanwalt in Iquitos, Madre, ehemaliger Abgeordneter, wenn es sich nicht um eine ehrbare, bekannte Familie handelte, würde Julio Reátegui es dann gewagt haben, diesen Auftrag zu übernehmen? Aber er sagte ihr noch einmal, sie sollte nicht mehr daran denken, Madre, und die Oberin lächelt wieder: war er jetzt böse auf sie? Das machte nichts, jeder verdiente von Zeit zu Zeit eine Predigt, und Julio Reátegui setzt sich in seinem Sessel zurecht, sie hatte ihm die Löffel langgezogen, Madre, er war sich vorgekommen, als hätte er etwas ausgefressen, und wenn er für diesen Herrn einstand, Don Julio, glaubte sie ihm, machte es ihm etwas aus, wenn sie ihm einige Fragen stellte? So viele die Madre wollte, und er verstand diese Vorsichtsmaßnahmen, logisch, aber sie mußte ihm glauben, Doktor Portillo und seine Frau gehörten zu den Besten, und das Mädchen würde gut behandelt, Kleidung, Essen, sogar Lohn, und die Oberin bezweifelte das nicht, Don Julio. Ihre feinen Lippen verziehen sich erneut unmerklich: und sonst? Würden sie dafür sorgen, daß das Mädchen nicht vergäße, was es hier erworben hatte? Würden sie nicht aus Nachlässigkeit zerstören, was man ihr in der Mission hatte angedeihen lassen? Das hatte sie gemeint, Don Julio, und es stimmte freilich, daß die Madre die Portillos nicht kannte, Angelitaorganisierte jedes Jahr das Weihnachtsfest für die Armen, ging selbst von Laden zu Laden, um kleine Gaben zu erbitten, und verteilte sie in den Slums, Madre: sie durfte gewiß sein, daß Angelita das Mädchen zu allen Prozessionen mitnehmen würde, die es in Iquitos gab. Die Oberin wollte ihm nicht länger lästig fallen, aber da war noch eines, würde er die Verantwortung für die beiden übernehmen? Für den Fall irgendeiner Beschwerde oder sonst etwas, Madre, aber selbstverständlich, er würde sie übernehmen und was immer nötig wäre unterschreiben, mit dem größten Vergnügen, im eigenen Namen und in dem Doktor Portillos. Dann waren sie also einig, Don Julio, und die Oberin würde sie holen; außerdem hatte ihnen Madre Griselda bestimmt einen Imbiß zubereitet, der würde ihnen guttun, nicht wahr? bei der Hitze, die herrschte, und Don Fabio hebt erfreut die Hände hoch: immer waren sie so liebenswürdig, immer. Die Oberin verläßt den Raum, die Streifen Sonnenlicht, die die Balken umarmen, haben ihren Glanz verloren, im nahe liegenden Obstgarten singen die Mündel immer noch, Mensch, was hatte das denn nun bedeutet? Wirklich! die Nonne hatte ihn aber schön schwitzen lassen, Don Fabio, und der, Don Julio, reine Formsache, die Nonnen hatten diese Waisenkinder sehr gern, sie litten, wenn sie sie weggehen sahen, das war alles, aber stellten sie den Offizieren von Borja die gleichen Fragen? und den Ingenieuren, die hier durchkamen, kamen sie denen mit den gleichen Ratschlägen? ersollte selbst sagen, Don Fabio. Das Gesicht des Gobernadors ist bekümmert, die Oberin werde aus irgendeinem Grund schlecht gelaunt gewesen sein, man mußte nicht darauf achten, Don Julio, und man sollte Reátegui doch nicht weismachen, daß die Offiziere sie besser behandelten als sie, die würden sie wie Tiere schuften lassen, und ob, und keinen Pfennig bezahlen, ganz bestimmt, wußte Don Fabio, was für Hungerlöhne die beim Militär verdienten? Und schließlich kannten sie ihn doch hinlänglich, wenn er ihnen

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