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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Danach wies der Teppich einen Riß und schwarze und rote Spritzer auf; die Beine waren unversehrt, der Flaum schwarz,lang, seidig. Nieves hängte die Machete auf und blieb, statt zur Pritsche zurückzukehren, beim Fenster stehen und rauchte. Der Odem und das Flüstern des Dschungels berührten sein Gesicht, mit der Glut der Zigarette versuchte er, die Flügel der Fledermäuse zu versengen, die am Drahtgeflecht herumkrabbelten.
    »Sind sie nie allein auf der Insel geblieben?« sagte Aquilino.
    »Einmal, weil er krank geworden ist, der Hund der«, sagte Fushía. »Aber während der ersten Zeit nicht. Damals hat die Sache nicht anfangen können, sie hätten’s nicht gewagt, haben Angst vor mir gehabt.«
    »Gibt’s was, das mehr Angst einjagt als die Hölle?« sagte Aquilino. »Und die Leute sündigen trotzdem. Angst hält die Leute nicht von allem zurück, Fushía.«
    »Die Hölle hat noch niemand gesehen«, sagte Fushía. »Mich haben die zwei aber die ganze Zeit gesehen.«
    »Wenn ein Mann und eine Frau aufeinander aus sind, hält sie niemand zurück«, sagte Aquilino. »Da wird ihnen heiß, so als ob sie Feuer im Leib hätten. Ist’s dir vielleicht noch nie so gegangen?«
    »Das hab ich noch bei keiner Frau gespürt«, sagte Fushía.
    »Aber jetzt spür ich’s, Alter, jetzt. Als hätt ich glühende Kohlen unter der Haut, Alter.«
    Auf der rechten Seite erblickte Nieves zwischenden Bäumen die Lagerfeuer, huschende Huambisagestalten; links dagegen, wo Jum seine Cabaña aufgerichtet hatte, war alles dunkel. In der Höhe, gegen einen indigofarbenen Himmel, wiegten sich die buschigen Wipfel der Lupunas, und der Mond ließ weiß den Pfad aufleuchten, der zuerst einen Abhang mit Büschen und Binsen hinabführte, dann das Charapabecken umkreiste und an der kleinen Uferlichtung endete; die Lagune war bestimmt blau, still und einsam. War das Wasser im Becken weitergesunken? Waren die Staketen, das Netz schon trocken? Bald würden die auf den Sand geschwemmten Charapas zu sehen sein, die runzligen Hälse zum Himmel gereckt, die triefenden Augen voller Grauen, und man würde ihre Schilde mit der Machetenschneide absprengen müssen, das weiße Fleisch zerschneiden und mit Salz bestreuen, ehe Sonne und Feuchtigkeit sie verwesten. Nieves warf die Zigarette weg und wollte gerade die Lampe ausblasen, als es an die Tür klopfte. Er hob den Sperrbalken hoch und Lalita trat ein, in eine Huambisaitípak gehüllt, die Haare bis zur Taille, barfuß.
    »Wenn ich wählen müßte zwischen den beiden, um mich zu rächen, wär’s sie, Aquilino«, sagte Fushía, »die Nutte. Denn angefangen hat bestimmt sie, wie sie gesehen hat, daß ich krank war.«
    »Du hast sie schlecht behandelt, hast sie geschlagen, und außerdem haben die Frauen ihren Stolz, Fushía«, sagte Aquilino. »Welche Frau hätt’s mit dir ausgehalten.Von jeder Reise hast du dir eine andere mitgebracht und vor ihren Augen.«
    »Du meinst, sie sei wütend gewesen wegen der Chunchaweiber?« sagte Fushía. »Wie blöd, Alter. Aufgegeilt war sie, die Nutte, weil ich bei ihr nicht mehr gekonnt hab.«
    »Red lieber nicht davon«, sagte Aquilino. »Das macht dich nur traurig.«
    »Aber damit hat’s doch angefangen, damit, daß ich bei Lalita nicht mehr gekonnt hab«, sagte Fushía. »Aber vielleicht verstehst du nicht, wie schlimm das war, Aquilino, wie entsetzlich.«
    »Hab Sie doch nicht aufgeweckt, oder?« sagte Lalita mit schläfriger Stimme.
    »Nein, Sie haben mich nicht aufgeweckt«, sagte Nieves. »Guten Abend. Reden Sie ruhig.«
    Er ließ den Balken herunter, rückte seine Hose zurecht und verschränkte die Arme vor dem nackten Oberkörper, löste sie aber sofort wieder und stand unentschlossen da. Schließlich deutete er auf den Tonkrug: Einer der Haarigen war eingedrungen, und gerade hatte er ihn getötet. Dabei hatte er noch vor einer Woche die Löcher zugestopft, Lalita setzte sich auf die Pritsche, aber jeden Tag rissen sie neue auf, die Haarigen.
    »Sie haben eben Hunger«, sagte Lalita, »so ist’s um diese Jahreszeit. Einmal bin ich aufgewacht und hab das Bein nicht bewegen können, ich sag Ihnen. Bloß ein kleiner Fleck, und hinterher ist’s angeschwollen.Die Huambisas haben mir das Bein über ein Kohlenbecken gehalten, damit es schwitzt. Die Narbe hab ich heute noch.«
    Ihre Hände glitten hinunter zum Saum der Itípak, hoben sie hoch, ihre Schenkel wurden sichtbar, glatt, matefarben, stramm, und eine Narbe wie ein kleiner Wurm.
    »Wovor erschrecken Sie

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