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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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wenn niemand in der Nähe ist.«
    »Wenn ich ein Netz hätte, könnt ich sie haufenweise fangen, Fushía«, sagte Aquilino. »Soll ich dir helfen, dich aufsetzen, damit du sie sehen kannst?«
    »Und dann die Füße«, sagte Fushía. »Hinken müssen, Alter, und noch dazu mich häuten wie die Schlangen, aber die haben drunter eine neue Haut, ich nicht, Alter, eine einzige Wunde, Aquilino, das ist nicht gerecht, es ist nicht gerecht.«
    »Ich weiß schon, daß es nicht gerecht ist«, sagte Aquilino. »Aber komm, Mensch, schau, wie hübsch die sind, diese elektrischen Fischchen.«
    Alle Tage verließen Juana Baura und Antonia die Gallinacera zur gleichen Stunde, legten immer denselben Weg zurück. Zwei staubige Straßen geradeaus, und da war der Markt: Die Marktfrauen waren dabei, ihre Tücher unter den Algarrobabäumen auszubreiten, ihre Waren darauf anzuordnen. Beim Laden ›Las Maravillas‹ – Kämme, Parfums, Blusen, Röcke, Bänder und Ohrringe – bogen sie links ein, und zweihundert Meter vor ihnen tauchte die Plaza de Armas auf, ein dicht von Palmen und Tamarinden gesäumter Platz. Sie betraten ihn von der Straßeneinmündung her, die der ›Estrella del Norte‹ gegenüberlag. Unterwegs winkte eine von Juana Bauras Händen grüßend den Bekannten zu, die andere hielt Antonia am Arm. Sobald sie auf der Plaza ankamen, überflog sie die aus Latten zusammengefügten Bänke und wählte für das Mädchen die aus, die am meisten Schatten hatte. Wenn das Kind gleichmütig blieb, kehrte die Wäscherin leicht trottend nach Haus zurück, band ihren Esel los, suchte die zu waschende Wäsche zusammen undmachte sich auf den Weg zum Fluß. Wenn dagegen Antonias Hände sich ängstlich an die ihren klammerten, nahm Juana an ihrer Seite Platz und beruhigte und streichelte sie. Dieses stumme Befragen wiederholte sie, bis das Mädchen sie gehen ließ. Mittags holte sie sie ab, die Wäsche war bereits gespült, und mitunter durfte Antonia auf dem Rücken des Esels in die Gallinacera zurückkehren. Es war nicht ungewöhnlich, daß Juana Baura die Kleine mit einer liebevollen Piuranerin um den Pavillon spazierend antraf, es war nicht ungewöhnlich, daß ein Schuhputzjunge, ein Bettler oder Jacinto ihr mitteilte: Der Dingsda hat sie mit zu sich genommen, in die Kirche, an den Malecón. Dann kehrte Juana Baura allein in die Gallinacera zurück, und Antonia erschien bei Sonnenuntergang an der Hand eines Dienstmädchens, eines mildtätigen Principals.
    An jenem Tag gingen sie früher von zu Haus fort, Juana Baura mußte eine Paradeuniform in die Grau-Kaserne bringen. Der Markt lag noch einsam da, auf dem Dach von ›Las Maravillas‹ dösten einige Aasgeier. Die Straßenkehrer waren noch nicht dagewesen, und die Abfälle und Pfützen verbreiteten einen üblen Geruch. Auf der verlassenen Plaza de Armas wehte eine schüchterne Brise, und die Sonne stieg an einem wolkenlosen Himmel auf. Es rieselte kein Sand mehr. Juana Baura rieb mit ihrem Rock die Bank ab, stellte fest, daß die Hände des Mädchens ruhig waren, gab ihr einen Klaps auf die Backe und ging.Auf dem Rückweg traf sie die Frau von Hermógenes Leandro, dem vom Schlachthaus, und zusammen gingen sie weiter, während die Sonne am Himmel wuchs, schon nach den höheren Dächern der Stadt stach. Juana ging vornübergebeugt und rieb sich von Zeit zu Zeit die Leisten, und ihre Freundin, bist du krank, und sie, ich hab schon seit langem Krämpfe, besonders morgens. Sie unterhielten sich über Krankheiten und Arzneien, über das Alter, darüber, wie man doch im Leben schuften muß. Dann verabschiedete sich Juana, betrat ihre Hütte, kam, den mit schmutziger Wäsche beladenen Esel hinter sich herzerrend, wieder heraus, unter dem Arm die in alte Nummern der ›Ecos y Noticias‹ eingewickelte Uniform. Sich am Rand der Sandfläche haltend, ging sie zur Grau-Kaserne, und der Boden war heiß, flinke Leguane flitzten unvermittelt zwischen ihren Füßen davon. Ein Soldat kam ihr entgegen, der Teniente würde ärgerlich sein, warum hatte sie die Uniform nicht früher gebracht. Er riß ihr das Paket aus der Hand, gab ihr das Geld, und sie machte sich nun auf den Weg zum Fluß. Nicht zur Alten Brücke, wo sie zu waschen pflegte, sondern zu einem kleinen, runden Uferfleck, noch etwas oberhalb des Schlachthauses, und dort traf sie zwei weitere Wäscherinnen. Zu dritt knieten sie den ganzen Vormittag über im Wasser, wuschen und unterhielten sich. Juana war als erste fertig, brach auf, und jetzt

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