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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Mädchen vornehmen könnten.
    »Die Nönnchen haben recht«, sagte Lalita. »Die Armen, so viele Tage im Urwald. Beeil dich, Adrián, los.«
    »Was bleibt mir schon anderes übrig?« sagte der Lotse. »Trinken Sie einen Schnaps mit dem Sargento, während ich Benzin in den Bootstank gieße.«
    »Das wird mir guttun, danke«, sagte der Fette. »Wasfür ein Leben, nicht wahr, Sargento? Tut mir leid, daß ich Sie alle mitten beim Essen gestört hab.«
    »Haben sie alle gefunden?« fragte eine Stimme von der Wand der Cabaña her. Sie sahen hin: eine kurze Mähne, ein undeutliches Profil, der Oberkörper einer Frau am Fenster. Das Licht der Lampe reichte nur spärlich bis dorthin.
    »Bis auf zwei«, sagte der Fette und neigte sich vor zum Fenster. »Bis auf die aus Chicais.«
    »Warum haben sie sie nicht gleich selber zurückgebracht, statt einen Boten zu schicken?« sagte Lalita. »Aber wenigstens haben sie sie gefunden, Gott sei Dank, daß sie sie gefunden haben.«
    Aber womit hätten sie sie denn bringen sollen, Señora? und der Fette und der Sargento reckten die Hälse nach dem Fenster, aber der Schatten hatte sich versteckt, und man nahm nur noch einen Teil des Gesichts wahr, etwas wie Haare. Auf der andern Seite des Geländers gab Adrián Nieves Anweisungen, und man hörte die Jungens im Wasser planschen und hantieren, das Hin und Her in den Binsen. Lalita servierte ihnen Anisschnaps, und sie tranken, auf Ihr Wohl, mi sargento , und der Sargento, doch wohl lieber auf das der Señora, du Kriecher.
    »Kann ich mir vorstellen, daß der Teniente diesen Ausflug auf mich abgeschoben hat«, sagte der Sargento. »Ich nehm an, daß nicht ich allein losziehen soll, oder? die Mädchen zu suchen. Wer begleitet mich?«
    »Der Knirps und ich«, sagte der Fette. »Und eine Nonne geht auch mit.«
    »Madre Angélica?« sagte die Stimme von der Hütte her, und sie reckten wieder die Hälse vor.
    »Sicherlich, denn Madre Angélica versteht was von Medizin«, sagte der Fette. »Damit sie sich um die Kranke kümmern kann.«
    »Gebt ihr Chinin«, sagte Lalita. »Aber eine Reise reicht nicht, es werden nicht alle ins Boot passen, ihr werdet zwei oder drei machen müssen.«
    »Zum Glück scheint der Mond«, sagte der Lotse Nieves vom Treppchen her. »In einer halben Stunde bin ich soweit.«
    »Geh und sag dem Teniente, daß wir gleich kommen, Fetter«, sagte der Sargento.
    Der Fette nickte, wünschte gute Nacht und überquerte die Terrasse. Als er am Fenster vorbeikam, zuckte der vage Schatten zurück, verschwand und erschien erst wieder, als der Fette schon pfeifend das Treppchen hinunterging.
    »Komm, Bonifacia«, sagte Lalita. »Ich werd dich dem Sargento vorstellen.«
    Lalita nahm den Sargento beim Arm, führte ihn bis zur Tür, und einige Sekunden später erschienen die Umrisse einer Frau in dem Türrahmen. Der Sargento stand mit ausgestreckter Hand da und betrachtete verwirrt zwei funkelnde Pünktchen, bis ein kleines dunkles Etwas durch den Halbschatten huschte, ein paar Finger die seinen streiften, freut mich, und entwischten: ganz meinerseits, Señorita. Lalita kicherte.»Ich hab geglaubt, er wär wie du«, sagte Fushía. »Jetzt siehst du, Alter, wie schrecklich ich mich geirrt hab.«
    »Ich bin auch ein bißchen auf ihn reingefallen«, sagte Aquilino. »Das hätt ich nicht von Adrián Nieves gedacht. Hat immer so unbeteiligt ausgesehen. Hat denn keiner gemerkt, wie’s angefangen hat?«
    »Niemand«, sagte Fushía. »Weder Pantacha noch Jum; nicht einmal die Huambisas. Ich verfluch die Stunde, da die beiden geboren worden sind.«
    »Schon wieder dieser Haß, Fushía«, sagte Aquilino.
    Und da sah Nieves ihn, zwischen dem Tonkrug und der Hüttenwand verkrochen: groß, haarig, tiefschwarz. Er richtete sich sehr langsam von der Pritsche auf, tastete umher, Kleider, Gummischlappen, ein Seil, Krüge, ein Korb aus Chambirarinde, nichts, was sich geeignet hätte. Er saß immer noch in der Ecke, geduckt, ohne Zweifel spähte er nach ihm unter seinen dünnen und braunschwarzen Beinen hervor, die sich wie eine Schlingpflanze im rötlichen Bauch des Kruges spiegelten. Er machte einen Schritt, nahm die Machete vom Haken, und er war immer noch nicht geflohen, lauerte immer noch, sicherlich verfolgte er mit seinen perversen Äuglein jede seiner Bewegungen, sein roter Wanst pochte vermutlich. Auf Zehenspitzen schlich er sich heran, er prallte in plötzlicher Todesangst zurück, Nieves schlug zu, und es klang wie das Rascheln dürren Laubes.

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