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Das gruene Zelt

Das gruene Zelt

Titel: Das gruene Zelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ljudmila Ulitzkaja
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Kommilitonen und vergaß im ersten Moment, dass er es gewesen war, der damals für ihren Rausschmiss aus dem Komsomol und dann von der Uni gesorgt hatte. Ja, genau in dieser Reihenfolge.
    Er zerfloss vor Freude, und Olga begriff: Er denkt, ich habe es vergessen. Und das habe ich ja tatsächlich. Ach, was soll’s!
    Da geriet der erdbraune Vorhang in Bewegung, öffnete sich, wirbelte eine Staubwolke auf, alles erstarrte, und leichtfüßig betrat der nicht sehr große Wyssotzki als Hamlet in einer Art schwarzem Trainingsanzug die Bühne, und sprach, ohne in den Saal zu blicken, vor sich hin:
    »Der Lärm verebbt. Ich trete auf die Bühne …«
    Schauder liefen Olga über Arme und Rücken. Bis zum Schluss, denn das Stück lief in einem Atemzug durch, der Text klang wie eben erst entstanden, zum ersten Mal gehört.
    Danach hatte Olga Karik völlig vergessen, erst als sie im Gedränge vor der Garderobe mit ihm zusammenstieß, besann sie sich wieder auf ihn.
    »Olga, du hast dich kein bisschen verändert.« Der massige Mann mit der Halbglatze lächelte. Olga hatte ihm in ihrer gemeinsamen Studentenzeit sehr gefallen, er hatte sogar versucht, sie zu umwerben, aber damals hatte sie sich in einer vollkommen unerreichbaren Höhe befunden. Nun aber stand er selbst ziemlich weit oben. Und sie gefiel ihm noch besser als in ihrer Jugend. Ihr Gesicht war verweint, ihre Augen leuchteten. Sie war schlank wie ein junges Mädchen. Als er jung war, hatten Karik Damen mit üppigen Formen gereizt, auch geheiratet hatte er eine Frau, die kugelrund war wie ein Schneemann. Doch in letzter Zeit gefielen ihm so schlanke, attraktive Frauen wie Olga. Sie waren etwas Besonderes.
    Er nahm ihr die Garderobenmarke aus der Hand und holte ihre Jacke. Eine leichte Jacke mit Kapuze, zu dünn für die Saison.
    »Ich begleite dich.« Das war weniger ein Angebot als eine Feststellung, und sie nickte.
    »Danke.«
    Er nahm ihren Arm.
    »Zur Metro, oder gehen wir noch ein Stück? Wird dir auch nicht zu kalt? Du bist ziemlich leicht angezogen.«
    »Ich friere nicht. Mein Vater stammt aus Wologda, ich habe meine Wurzeln also im Norden.«
    »Tja, ich stamme aus Baku. Ich bin schon so viele Jahre in Moskau, doch an den Winter kann ich mich nicht gewöhnen.«
    »Ach, was für eine Inszenierung! Einfach genial! Ich mag das Theater an der Taganka überhaupt sehr, mehr als das ›Sowremennik‹. Mir fällt nicht einmal ein Vergleich ein, das ist einfach – mir fehlen die Worte!«
    Sie liefen lange, von der Taganka bis zur Kotelnitscheskaja-Uferstraße, überquerten an der Ustjinski-Brücke die Straßenbahnschienen, gingen die Soljanka hoch und redeten die ganze Zeit über Ljubimow, über Wyssotzki und über die moderne Kunst – das einzig Lebendige in diesem allgemeinen stickigen Stillstand …
    Karik stimmte ihr in allem zu, dann kam er zu praktischeren Themen: Was, wie, mit wem?
    »Ach, alles wie gehabt, bis auf den Ehemann.«
    »Und was ist mit der Arbeit?«
    »Na ja, was soll ich sagen? Um Arbeit muss ich mich natürlich ständig kümmern. Ich bin nirgendwo angestellt – ich halte Vorträge, gebe Unterricht, übersetze hin und wieder.«
    »Und welche Sprachen kannst du? Französisch, oder?«, erkundigte sich Karik.
    »Französisch ziemlich gut, Simultandolmetschen und schriftliche Übersetzungen, Spanisch etwas schlechter, aber auch ganz passabel. Und meine jüngste Liebe ist Italienisch. Die Sprache ist der reine Gesang, die bleibt von selber im Kopf haften. Ich hab sie praktisch in einem Jahr gelernt. Aber du kannst dir ja vorstellen, ohne ständige Aufträge, da gibt’s fette Zeiten und magere.«
    »Dein Spanisch – ist das spanisches Spanisch oder kubanisches?«, wollte er wissen.
    »Spanisches.« Olga seufzte. »Aber ein Diplom hab ich nicht, Karik. Du erinnerst dich vielleicht – ich bin ja im fünften Studienjahr geext worden.«
    Karik lachte.
    »Und ob ich mich erinnere, ich selbst hab dich ja rausgeworfen. Ich war doch Komsomolsekretär, hatte gerade die Aufnahme in die Partei beantragt. Du weißt schon, ich stand kurz vorm Diplom, ich kann keine fünf Sprachen wie du. Meine Muttersprache ist Armenisch, Aserbaidshanisch hab ich auf der Straße gelernt, Russisch in der Schule. Und auch auf der Straße. Aber wir Kaukasier werden nun mal unseren Akzent nicht los. Ich sag’s dir ehrlich, ich war sogar ein Jahr zum Sprachpraktikum in England, aber das hat nichts geholfen. Ein Spion ist aus mir also nicht geworden.«
    »Halb so schlimm! Ein KGB-Mann

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