Das gruene Zelt
als Vorschuss, das Geld nach der Eheschließung. Also, was willst du von mir?«
Plötzlich weinte Debby fast.
»Ich will gar nichts von dir! Erklär mir einfach: Was ist schlecht an mir? Eigentlich hätte doch eher ich allen Grund, an Sanja herumzumäkeln: Er ist klein, und sein Penis ist bestimmt lächerlich! Überhaupt ist er zu nichts nütze – und dann dieser komische Beruf!«
»Debby, was kümmert dich sein Penis? Sein Beruf? Wir hatten eine Abmachung …«
»Ich scheiß auf die Abmachung!«, explodierte Debby. »Was habe ich an mir, Pierre, dass mich keiner heiraten will? Nicht mal dein kleiner Sanetschka? Ich bin eine selbstbewusste, selbständige Frau! Ich scheiße auf die Kerle! Aber warum will mich keiner heiraten? Vielleicht will ich ja auch gar nicht! Trotzdem – warum? Es interessiert mich einfach! Warum?«
Pierre begriff, dass das Unternehmen ins Wanken geriet. Er hob den Pelzmantel vom Boden auf und warf ihn aufs Sofa. Schenkte erneut Whisky ein. Setzte sich neben die dicke Debby und drückte ihr das Glas in die Hand.
»Debby, ich kann nicht für alle Männer antworten. Du bist eine umwerfende Frau, das weißt du selbst. Aber jeder hat seine Gründe. Ich kann nur zu Sanja etwas sagen. Sanja steckt in einer Depression. Ich habe dir ja gesagt – er ist unheimlich begabt, ein ganz besonderer Mensch. Hast du schon einmal einen nahestehenden Menschen verloren? Ihm ist in einem Monat die Großmutter gestorben, die ihn großgezogen hat, und sein bester Freund hat sich umgebracht. Er steht selbst auf der Kippe … Ihm ist einfach nicht nach Heiraten. Das hat nichts mit dir zu tun. Er muss sein eigenes Leben retten.«
»Aber er könnte mich heiraten, und ich würde ihm das Leben retten. Warum will er nicht – ganz normal? Nicht fiktiv? Ganz normal!«
Jetzt sah Pierre nur noch eine Chance.
»Debby! Ist dir nie in den Sinn gekommen … Ilja hatte immer viele Frauen, der verstorbene Micha war verliebt in seine Frau und hatte nie eine andere. Aber Sanetschka habe ich noch nie mit einer Frau gesehen.«
In Debbys Augen loderte Mitleid auf.
»Du meinst, er ist schwul?«
»Ich weiß es nicht. Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass ich ihn nie mit einem Mädchen gesehen habe.«
Debby traf augenblicklich eine neue Entscheidung.
»Das ändert die Sache. Dann ist es nicht so kränkend für mich. Wenn er schwul ist, dann ist es etwas anderes: Er hat einfach Angst vor Frauen. Vielleicht ist er ja noch Jungfrau?«
»Nicht auszuschließen. Aber das hat nichts mit unserer Abmachung zu tun.«
Debby wurde sanfter. Debby dachte an die Zukunft. Debby sah eine interessante Aufgabe vor sich.
»Aber nun erzähl doch endlich, wie war die Reise? Wie geht es Eugene?«
Debby holte einen Packen Fotos aus der Tasche.
»Hier! Die Fotos, die Eugene gemacht hat. Zum Lachen. Aber die Stadt ist einfach umwerfend, Pierre! Ein unglaubliches Volk! Ich war nur vier Tage da, aber ich bin so voller Eindrücke, als wären es drei Monate gewesen. Ach ja, habe ich schon gesagt, dass die Hochzeit in vier Monaten ist? Das ist noch so furchtbar lange hin! Die haben da Wartelisten, sag ich dir! Und dann muss ich noch Sanjas Papiere auf der Botschaft einreichen. Für das Visum! Das kann dauern, haben sie mir dort erklärt.«
Debby war ein wenig betrunken.
»Hör mal, Pierre, ich will Russisch lernen. Gibst du mir Stunden?«
»Wozu das? Außerdem würdest du eine Menge Benzin verfahren, um zum Unterricht zu kommen. Anderthalb Stunden Fahrt! Ich finde in San Francisco einen Lehrer für dich.«
»Ich will einen guten!«, nörgelte Debby und presste sich gegen Pierre.
»Ich besorge dir einen guten.«
Pierre wusste, dass seine männliche Ehre gerettet war, wenn Debby sich ordentlich betrank, und sie war auf dem besten Weg dazu.
Er schenkte noch einmal ein.
»Ich will Sanja. Wenn ich ihn richtig heirate, dann nehme ich kein Geld von dir.«
»Aber wir haben uns von Anfang an auf eine fiktive Ehe geeinigt!« Pierre versuchte Sanjas Freiheit zu verteidigen.
»Was soll ich mit Geld? Ich habe Geld! Ich will den kleinen Sanja zum Mann!«, schrie Debby hysterisch und fing an zu weinen.
Es gibt keinen anderen Ausweg, begriff Pierre und legte den Arm um sie. Sie ermattete sogleich und hängte sich an ihn.
Pierre missbilligte Ehebruch. Er hatte sich vor der Ehe hinreichend ausgetobt und respektierte die Familie. Aber seine Frau und seine Tochter waren die dritte Woche in Mailand bei ihren Eltern, und er rechtfertigte seinen
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