Das gruene Zelt
und mit Erfolg und schaffte sich einen Bräutigam an – einen braven Burschen. Er stammte aus einer Offiziersfamilie, ein handfester Kerl, kein Philologe, er studierte am Institut für Luftfahrt. Im letzten Jahr. Antonina Naumowna mochte Wowa sehr – er war breitschultrig, recht groß, das helle Haar fiel ihm wellig in die Stirn, er trug einen adretten selbstgestrickten Norwegerpullover und im Winter eine Fliegerjacke aus Leder, die Traumkleidung der dreißiger Jahre, womit er Antonina Naumowna besonders imponierte.
Hochzeit gefeiert wurde gleich nach Olgas erstem Studienjahr, Anfang Juni – denn »Im Mai gefreit, ein Leben lang gereut«, sagte die Haushaltshilfe Faina Iwanowna, eine unerschöpfliche Quelle von Volksweisheiten.
Wowa zog in die Generalswohnung, in Olgas Zimmer. Im Haus gab es von allem genug für eine weitere Person, nur ein neues, breiteres Bett musste besorgt werden. Das übernahm seltsamerweise der General. Olga weigerte sich strikt, etwas so Zweideutiges zu kaufen, und Antonina Naumowna hatte furchtbar viel zu tun, weil wieder einmal ein Kongress ins Haus stand – entweder der sowjetischen Lehrer oder der sowjetischen Ärzte. Afanassi Michailowitsch aber erinnerte sich, auf der Smolenskaja-Uferstraße ein Möbelgeschäft gesehen zu haben, und sagte zu seiner Frau, er werde das Bett kaufen. Nach der Arbeit fuhr er also zu besagtem Möbelladen. Er erwies sich als Antiquitätengeschäft. Der General lief lange zwischen den Möbeln aller Zeiten und Völker herum und erinnerte sich an seinen Großvater, der Kunsttischler gewesen war. Rund fünfzig Jahre hatte er nicht an ihn gedacht, und plötzlich, zwischen fragilen Bambusregalen, monumentalen Sekretären mit Geheimfächern und zierlichen weißgoldenen Empirestühlen und -sesseln hatte er ihn wieder vor Augen, den dürren kleinen Alten mit den riesigen braunschwarzen Händen und den wässrigen weichen Tränensäcken unter den scharfen Augen. Auch der Geruch von Großvaters Werkstatt stieg in ihm auf – nach Terpentin, Spiritus und Lack, ein satter Geruch, fast zum Reinbeißen – und die Erinnerung daran, wie der Großvater ihm, seinem kleinen Enkel, das Schleifen, Abziehen und Polieren beigebracht hatte.
Afanassi Michailowitsch streifte herum, vergaß ganz, weshalb er gekommen war, besann sich schließlich darauf und kaufte ein Doppelbett aus karelischer Birke, die phantasievolle Arbeit eines Leibeigenen. Dabei dachte er keine Sekunde an die beiden jungen Komsomolzen, die gern in Zelten und unter freiem Himmel übernachteten und nun zwischen gedrechselten Säulen und umringt von Engeln das Ihre für die Zukunft tun sollten.
Das Bett machte in der Tat großen Eindruck, weil es so vollkommen unpassend und pompös war, behinderte aber keineswegs den Vollzug der Ehe – der Enkel Konstantin kam pünktlich zehn Monde nach der Hochzeit zur Welt.
Der General ging nun häufig in das Antiquitätengeschäft und ersetzte zu Antonina Naumownas großer Verwunderung die soliden Stalinmöbel nach und nach durch uralte verschnörkelte Stücke, die er auch noch selbst restaurierte.
Afanassi Michailowitsch war zehn Jahre älter als seine Frau, sie spürte schon lange, dass er allmählich alt wurde, und betrachtete dieses sein neues Hobby als eine im Übrigen harmlose Altersgrille. Auf der Datscha richtete er sich eine Werkstatt ein und pusselte dort mit großer Freude herum, wobei er nach und nach seinen militärischen Schneid einbüßte und auch die politische Weitsicht, die seine Frau so sehr an ihm schätzte.
Antonina Naumowna war nicht eben erfreut darüber, dass so früh ein Kind kam – Olga war noch keine neunzehn, als sie das Bündel in der hellblauen Seidendecke nach Hause brachten. Das Bündel erwies sich als mustergültig, genau wie seine Eltern: Es aß, schlief und kackte nach der Uhr, lächelte alle an und ließ Olga Zeit für die philologische Wissenschaft, so dass sie nicht mit dem Studium aussetzen musste, bis das Kind laufen konnte.
Faina Iwanowna, die kurz nach dem Krieg als Haushaltshilfe bei ihnen angefangen und Olga von klein auf großgezogen hatte, wollte nach der Geburt von Olgas Kind eigentlich kündigen und in einen anderen Haushalt mit nur zwei Personen wechseln, wo es weniger zu tun gab und man sie seit langem umwarb, doch der kleine Kostja bezauberte ihr altes Herz so sehr, dass sie sich bis zu ihrem Tod um ihn kümmerte.
Gegen Ende von Olgas recht erfolgreich verlaufendem Studium geschah etwas, das den Familienfrieden
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