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Das Gurren der Tauben (German Edition)

Das Gurren der Tauben (German Edition)

Titel: Das Gurren der Tauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Schneider
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anziehen.
    “ Wenn Sie hier
drin irgendwelche M ä tzchen machen, lasse ich Sie in der Versenkung verschwinden, dass Sie nie
wieder auftauchen. Und jetzt machen Sie, dass Sie rauskommen! ” , sagte der
Oberleutnant.
    Der Gro ß e brachte mich
zur ü ck zu meiner
Zelle und belehrte mich: “ In Zukunft stellen Sie sich unters Fenster und machen Meldung sobald die T ü r aufgeht. Jetzt
w ü rden Sie zum
Beispiel sagen: Verwahrraum zwei-zweiunddrei ß ig belegt mit Strafgefangenem Baganz, keine besonderen
Vorkommnisse, guten Tag Herr Leutnant. ”
    Er war kaum
gegangen, als ich Klopfzeichen an der Wand h ö rte. Ich klopfte zur ü ck, z ä hlte mit und entzifferte “ Waschbecken ” und “ Rohr ” .
    Ich sah mir das
Waschbecken an und stellte fest, dass sich das Abflussrohr aus dem Stutzen in
der Wand ziehen lie ß . Mir kam ein ü bler Gestank entgegen. Ich sagte leise “ Hallo! ” in den Stutzen.
    “ Gr üß dich! ” , kam als
Antwort. “ Ich bin dein
Nachbar. Bist du ein Neuer? Wie lange hast du? ”
    “ Lebensl ä nglich ” , sagte ich. “ Und du? ”
    “ Dreizehn Jahre
wegen Spionage. Ich hei ß e Harald ... ”
    Ich schrak ein
paarmal auf, weil ich Schl ü sselklappern h ö rte. Doch Harald beruhigte mich. Er war bereits vier Jahre in Bautzen und
konnte jedes Ger ä usch definieren.
    Ich erfuhr, dass
der schm ä chtige
Oberleutnant der “ Leiter Vollzugsdienst ” war. Die Gefangenen nannten ihn Trixi. Der Spitzname des gro ß en Leutnants war
Bobby. Er sollte schon einige Gefangene krankenhausreif geschlagen haben.
Harald warnte mich auch vor einem Obermeister namens Rotb ä ckchen.
    Ich h ö rte ein Ger ä usch. Diesmal
kam wirklich jemand. Ich steckte das Abflussrohr schnell wieder in den Stutzen
und stellte mich unters Fenster. Es war Bobby. Er schloss das Gitter auf und
unterbrach meine Meldung: “ Auffangen! ”
    Er warf mir den
Inhalt eines Korbes St ü ck f ü r St ü ck zu – Utensilien wie
Zahnb ü rste, Zahnpasta,
Seife, Essbesteck, Handt ü cher, Bettw ä sche. Bevor er ging, wies er mich darauf hin, dass er gro ß en Wert auf
exakten Bettenbau legt.
    Ich machte
schnell das Bett, r ä umte die Sachen in den Schrank und nahm meine Unterhaltung mit Harald
wieder auf. Ich erfuhr, dass ich mich in einem Stasi-Gef ä ngnis befand.
Das bedeutete, bei den meisten Gefangenen hatte die Stasi die Ermittlungen
geleitet. Einige Insassen waren zu ihrer eigenen Sicherheit hierher verlegt
worden, weil sie in anderen Gef ä ngnissen f ü r die Stasi
gespitzelt hatten. Des Weiteren sa ß en in Bautzen II ehemalige Stasiangeh ö rige, die selbst
straff ä llig geworden
waren.
    Im Haus gab es
ca. 150 Gefangene, der gr öß te Teil davon m ä nnlich. Etwa 30 waren Westdeutsche oder Ausl ä nder, verurteilt wegen Fluchthilfe, Spionage oder
Verletzung des Transitabkommens.
    Harald erz ä hlte mir auch
seinen eigenen Fall. Sein Plan war, ü ber die westdeutsche Botschaft in Polen in die
Bundesrepublik zu gelangen. Er fuhr nach Warschau, wurde von der polnischen
Polizei allerdings am Betreten der Botschaft gehindert. Bei seiner R ü ckkehr in die
DDR wurde er verhaftet und wegen Spionage und illegaler Kontaktaufnahme
verurteilt.
    In Bautzen II gab
es mehrere Isolationsbereiche. Die W ä rter achteten peinlich darauf, dass die Gefangenen, die
dort untergebracht waren, nicht mit den "normalen" Insassen von den
Kommandos in Kontakt kamen.
    Nichtsdestotrotz,
konnten die W ä rter ihre Ohren
und Augen nicht ü berall haben. Es gab verschiedene Wege Kontakte mit anderen Gefangenen
herzustellen. Eine Methode war das Klopfen gegen die Wand, eine andere das “ Telefon ” , wie das
Sprechen ü ber die
Abflussrohre genannt wurde.
    An den folgenden
Tagen passierte nicht viel. Ich gew ö hnte mich ein und lernte den Tagesablauf. Nachtruhe war
von 20 bis 5 Uhr. Essen gab es um 11 Uhr. Freistunde wurde zwischen 14 und 16
Uhr durchgef ü hrt. Z ä hlung war um 6
und 19 Uhr.
    Ich sprach so
oft wie m ö glich mit Harald
und erfuhr Vieles, was mir in Zukunft n ü tzlich sein sollte. Ich kannte die Spitznamen und
Eigenheiten von allen W ä rtern, noch bevor ich die meisten gesehen hatte. Die Spitznamen
charakterisierten diese Leute so gut, dass ich sofort wusste, welcher Name zu
welcher Person geh ö rte, wenn ich sie sah.
    Eines Tages, ich
war eine reichliche Woche in Bautzen, wollte ich nach der Freistunden den
gewohnten Weg hoch zu meiner Zelle gehen. Doch der W ä rter zeigte mir
eine andere Richtung an und schob mich

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