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Das Gurren der Tauben (German Edition)

Das Gurren der Tauben (German Edition)

Titel: Das Gurren der Tauben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Schneider
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seiner
ersten Tat hatte er sich wochenlang nicht aus seiner Neubrandenburger Kaserne,
wo er als Unteroffizier diente, gewagt. Er hatte das Gef ü hl, von allen
angeschaut und beobachtet zu werden und rechnete damit jeden Moment abgeholt zu
werden. Als nichts passierte, wurde er sicherer denn je. Er begann eiskalt die
n ä chsten Morde zu
planen. Das ging so weit, dass er Fotos von seinen potentiellen Opfern machte.
Er gab unumwunden zu, dass er noch flei ß ig weiter morden w ü rde, w ä re er nicht verhaftet worden. Da standen noch so viele Jungen auf seiner
Liste ...
    W ä hrend er sprach,
schwelgte er in der Vergangenheit. Nichts war ü brig von dem zur ü ckhaltenden jungen Mann, den ich bisher kannte. Seine
leuchtenden Augen verrieten, wie viel Lust er schon dabei empfand, wenn er nur
dar ü ber sprach.
    Dass er schlie ß lich gefasst
wurde, war auf seine genaue Buchf ü hrung zur ü ckzuf ü hren, denn er
dokumentierte alle Morde en Detail in einem Tagebuch. Als er am Rande von
Berlin einen Jungen ins Geb ü sch ziehen wollte, konnte der sich losrei ß en und seine Eltern informieren. Die
zusammengetrommelte Nachbarschaft brauchte nicht lange, um Mario, der in dem
Ort fremd war, aufzusp ü ren und der Polizei zu ü bergeben.
    Bei seiner
Durchsuchung wurde au ß er einem Fahrtenmesser zun ä chst nichts Verd ä chtiges gefunden. Da gegen ihn nichts vorlag, waren sie drauf und dran ihn
laufen zu lassen. Doch ein Polizist nahm sich das Tagebuch noch einmal vor und
warf einen genaueren Blick in das Kapitel “ Geheime Privatsache ” und mit einem Schlag waren f ü nf bisher ungekl ä rte Morde in den
Bezirken Neubrandenburg und Potsdam aufgekl ä rt.
    Ich war bestimmt
schon zwei Stunden bei Mario in der Zelle, als Andreas hereinkam. “ Ihr habt wohl
Geheimnisse? ” , sagte er und
blickte sich neugierig in der Zelle um. Er hatte vorher schon mehrmals durch
den Spion geschaut. Da kam der Stasi-Mann wieder durch.
    Was mich betraf,
so hatte ich genug geh ö rt. “ O. K. Mario, danke
f ü r den Kaffee! ” , sagte ich,
stand auf und zw ä ngte mich an dem verdutzt dreinschauenden Andreas vorbei.
    Was Mario mir
erz ä hlt hatte, lie ß mir das Mark in
den Knochen gefrieren. Als ich abends im Bett lag, war mir schlecht. Ich dachte
an die armen Kinder, sah ihre angsterf ü llten, schmerzverzerrten Gesichter vor mir. Und die
Eltern! Was hatten die durchmachen m ü ssen!
    Ich begann daran
zu zweifeln, dass ich das Mario gegebene Versprechen, w ü rde einhalten k ö nnen. Als ich
ihm zusicherte, dass sich mein Verhalten ihm gegen ü ber nicht ä ndert, wusste
ich nicht, was mir f ü r eine Bestie gegen ü bersitzt. Nein, ich w ü rde mich niemals mehr normal mit ihm unterhalten k ö nnen.
    Ich war so
aufgew ü hlt, dass ich
kein Auge zutat. Als ich gegen Morgen endlich einschlief, fuhr ich mehrmals von
Alptr ä umen geplagt
hoch. Ich sah, wie Mario mit den beiden Br ü dern Cowboy und Indianer spielt, sie fesselt und …
    Am n ä chsten Tag wurde
Andreas wieder kurz nach dem Mittagessen m ü de. Er zog sich in seine Zelle zur ü ck. Mario und
ich waren allein. Da ich nicht das Bed ü rfnis versp ü rte, mich mit ihm zu unterhalten, sa ß ich schweigend
da und montierte meine Relais. Pl ö tzlich begann er von sich aus zu reden und versuchte mich
in ein Gespr ä ch zu
verwickeln. Er wollte da weitermachen, wo wir am Vortag, bedingt durch Andreas ’ St ö rung, aufgeh ö rt hatten.
    Ich war erstaunt ü ber seine pl ö tzliche
Redseligkeit und hatte das Gef ü hl, dass er mich als eine Art Vertrauten betrachtete, denn er erz ä hlte offen und
ungehemmt weitere Einzelheiten von den Morden. Dabei war er guter Stimmung und
bem ü ht, mein Verst ä ndnis zu finden.
    Ich f ü hlte mich
miserabel. Irgendwann fiel ich ihm ins Wort und schrie, dass er endlich seine
verdammte Klappe halten soll. Ich machte ihm klar, dass es zwischen uns nichts
mehr zu besprechen gab. Und wenn doch, dann nur das Allernotwendigste.
    Mario wurde rot
und blickte mich verst ä ndnislos an. Er sah Mitleid erregend aus, wie er so dasa ß , in sich
zusammengesunken. Doch das, was ich von ihm wusste, erstickte jedes Mitgef ü hl in mir.

 
    In den folgenden
Monaten passierte nicht viel. Ich arbeitete, las, lernte Englisch und Franz ö sisch und machte
Sport. Mario, ignorierte ich vollkommen. Mit Andreas gab ’ s keine
Probleme. Er war leicht zu durchschauen und ich wusste, wie ich ihn zu nehmen
hatte. Die Erinnerung an die schreckliche Einzelhaft

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