Das Gutachten
ihrem
Gesicht. Sandra konnte die einzelnen Härchen seines kurzen Bartes erkennen und
sein Aftershave riechen.
»Sie haben doch nur alten
Männern das gegeben, was sie zuhause nicht mehr vorgefunden haben, aber von
ihren heimlichen Besuchen im Pornokino oder von billigen DVDs kannten. Diese
Männer durften die rasierte Vagina einer 20jährigen anfassen und lecken,
während ihre eigene Ehefrau selber schon lange keine Lust und Leidenschaft mehr
hat. Sie haben mit den Männern gespielt und sie anschließend ausgenutzt.«
Er machte eine kurze Pause
und ging wieder ein paar Schritte. Sandras Hals war inzwischen trocken geworden
und sie spürte eine deutliche Anspannung in ihrem Körper. Das Gefühl war nicht
klar zu beschreiben, eine Mischung aus Angst, Scham, aber auch ein winzig
kleiner Anteil an Stolz, denn sie konnte auf ihren Körper stolz sein und
offensichtlich hatten dem Doktor ihre Filmchen gefallen.
Und natürlich Erregung. Ob
sie wollte oder nicht, sie merkte deutlich, dass dieser Mann sie sexuell
erregte. Wie er sprach, sich bewegte, aussah und sie mit seinen Blicken in den
Bann zog, blieb bei Sandra nicht ohne Wirkung.
Und das merkte er.
»Zum letzten Mal: Ich kann
ihnen helfen. Aber nur, wenn sie auch mitspielen. Vielleicht irre ich mich ja
auch in meiner ersten Einschätzung und sie sind wirklich nur ein geldgeiles
Luder mit einer hohen kriminellen Energie.
In diesem Fall landen sie
für mehrere Jahre im Knast. Der Richter wird ihre Taten als ‚organisierte
Kriminalität‘ definieren. Da werden sie nicht mit Milde rechnen können.
Vielleicht sind sie aber auch
das hilflose Opfer eines sie beherrschenden Mannes, das von ihm mit perfiden
Mitteln unter Ausnutzung seiner Machtposition gezwungen wurde, in seinem
gemeinen Plan mitzumachen.
Vielleicht sind sie sich
ihrer stark ausgeprägten devoten Neigungen, mit der Tendenzen zu einer
krankhaften Übersteigerung der sexuellen Bedürfnisse, nicht bewusst gewesen.
Und ihr Freund Christoph Wagner hat das dann ausgenutzt.
Ihre Opfer haben sie
selber beherrscht und manipuliert. In den Filmen haben sie eher die dominante
Rolle gespielt oder, wenn sie das Gefühl hatten, dass es den Männern gut
gefällt, hin und wieder mal das harmlose, naive Unschuldslamm dargestellt.
Das war aber keine echte
Leidenschaft, keine Erregung, keine Lust.
Das verspüren sie nur,
wenn der Mann sie beherrscht. Und in diesem Punkt waren sie Christoph Wagner
mit Haut und Haaren ausgeliefert.
Habe ich eventuell recht?«
Sandra sagte nichts, aber
ihr Kopf nickte langsam vor sich hin. Dr. Renn hatte das ausgesprochen, was sie
schon seit Langem insgeheim gespürt, die Gedanken daran aber verdrängt hatte.
Bei keinem der Männer
hatte sie auch nur ein Kribbeln gespürt, von einem Orgasmus ganz zu schweigen.
Alles Stöhnen, alle Lustschreie, alle Leidenschaft war natürlich nur gespielt,
damit die alten Säcke sich wie Casanovas Wiedergeburt fühlten. Sie und Chris
hatten sich vorher ein paar billige Pornos reingezogen, damit Sandra wusste,
worauf solche Männer stehen.
Und dann war sie in eine
Rolle geschlüpft, eine Rolle, die mit ihrer eigenen Lust nichts zu tun gehabt
hatte. In den Momenten, in denen sie von Chris genommen wurde, schien ihre
Erregung keine Grenzen zu kennen. Wenn sie es sich recht überlegte, hatte sie
mit Chris nie ‚geschlafen‘, es war immer wilder, von ihm dominierter Sex
gewesen. Totale Ekstase bis zur Explosion ihres gesamten Körpers. Der Gedanke
daran ließ ihren Unterleib leicht zucken und sie musste die Luft anhalten, um
sich zu konzentrieren.
»Wenn ich mit dieser
Theorie recht behalten sollte«, fuhr Dr. Renn fort, werden sie nicht
ungeschoren aus dem Prozess gehen. Aber der Richter oder besser noch die
Richterin könnte erkennen, dass ihnen und dem ‚Volk‘ wie es in den
Urteilsbegründungen immer so schön heißt, mit einer längeren Therapie besser
gedient ist als mit einem Gefängnisaufenthalt.«
Schon wieder huschte ein
Lächeln über sein Gesicht, aber seine Augen blieben konzentriert auf Sandra
fixiert. »Diese Therapie wird alles hervorbringen, was selbst sie nicht von
sich wissen oder bislang verdrängt haben.
Das wird ein langer,
intensiver Prozess sein. Ich werde...,« und er machte wieder eine Pause,
»...tiefer ... in sie eindringen als je ein Mensch zuvor und je ein Mensch nach
mir. Aber anschließend werden sie sich und ihre Sexualität in allen Facetten
kennen. Sich selber kennen ist immer der erste Schritt zu einem gesunden
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