das gutenberg-komplott
Damit habe ich nichts zu tun!«
»Wie lange war Monika Dittmar Eure Geliebte?«
»Erst seit einigen Tagen.«
»Wo habt Ihr den gestrigen Nachmittag und Abend ve r bracht?«
»Wir waren verabredet …«
»Am Fluss?«
»Wie die Tage vorher.«
»Was geschah?«
»Sie kam nicht. Ich habe auf sie gewartet.«
»Und dann?«
»Bin ich dort geblieben.«
»Hat Euch jemand gesehen?«
»Nein.«
Als man die Sachen des Spielmanns durchsuchte, fand man einen Ring und Münzen, von denen er behauptete, dass Monika Dittmar sie ihm geschenkt habe. Monikas Eltern, die den Ring identifizierten, erzählten überall, der Spielmann habe ihre Toc h ter ausgeraubt und ermordet. Diese Version wurde vom Volk sofort übernommen.
Die Stadträte kamen zu Thomas. Sie behaupteten, die B e weislast sei erdrückend und die Wut der Bevölkerung nicht mehr unter Kontrolle zu halten. Er müsse sofort einen Gericht s termin ansetzen und den Mann zum Tod verurteilen. Thomas wollte die Verhandlung um zwei Tage, bis zur Rückkehr Brands, hinausschieben. Aber sie setzten ihn so lange unter Druck, bis er nachgab und den Termin auf den Nachmittag des nächsten Tags legte.
Thomas verbrachte eine schlimme Nacht. Er hielt die Schuld des Spielmanns für wahrscheinlich, aber nicht gesichert. Er lief Gefahr, einen Unschuldigen zum Tode zu verurteilen – denn er zweifelte, dass er stark genug war, den Druck von außen zu i g norieren. Er hatte sich zwar bei allem, was er tat, immer g e fragt, wie Brand handeln würde – aber hätte dieser sich nicht gewe i gert, den Termin für eine Verhandlung vorschnell und auf Druck von außen anzusetzen? War nicht »in dubio pro reo« immer Brands oberster Rechtsgrundsatz: Im Zweifel entscheide das G e richt für den Angeklagten? Thomas warf sich vor, nicht alle U m stände der Tat gründlich genug geprüft zu haben. Ihm war, als gerate er in einen Strudel hinein, der ihn nach unten zog, und er war nicht in der Lage, sich aus dem Wirbel zu b e freien.
Am nächsten Morgen fand er zu seiner Überraschung Brand im Amtszimmer. Er war früher von seiner Reise zurückgekehrt. Thomas atmete erleichtert auf und erzählte ihm, was geschehen war. Brand nahm sofort alles in die Hand.
Zuerst führte er ein zweistündiges Verhör mit dem Spie l mann. Danach sagte er: »Ich zweifele an seiner Schuld!«
Dann ließ er den Verlobten holen und verhörte ihn ebenfalls lange. Der Fassmacher verstrickte sich in Widersprüche. Es stellte sich heraus, dass er Monika Dittmar und den Spielmann heimlich beim Fluss beobachtet hatte. Eine Verantwortung für den Mord stritt er ab und berief sich auf sein Alibi.
Brand begann die Befragung des Zeugen, auf den sich das Alibi stützte. Der Mann war ebenfalls Fassmacher und wirkte sehr nervös. Wie sich im Verlauf eines langen Verhörs herau s stellte, war er beim Verlobten der Toten verschuldet, und das Alibi war erkauft.
Der Mordfall entpuppte sich als klassisches Eifersuchtsdr a ma. Den Spielmann traf keine Schuld, und der Verlobte der Ermo r deten gestand schließlich die Tat. Er hatte sich mit ihr gegen Abend in der Kapelle des Doms verabredet, nicht um sie zu e r morden, sondern um eine Aussprache zu führen. Erst als sie hartnäckig blieb und ihn verlassen wollte, geriet er in Wut. Dann, so berichtete er, sei alles sehr schnell gegangen. Er könne sich an den Tathergang nicht wirklich erinnern. Es gab wenige Tage später eine Verhandlung, und beide Fassmacher wurden hingerichtet.
Niemand machte Thomas einen direkten Vorwurf, und auch Brand verpackte seine Kritik so, dass sie mehr ein wohlmeine n der Rat für die Zukunft war. Thomas aber verfolgte das G e schehen bis in die Träume. Schließlich ging es um keine Lappalie, so n dern um ein Menschenleben. Manchmal träumte er, der Spie l mann sei durch sein Verschulden hingerichtet worden.
Es klopfte an der Tür. Ein kleinwüchsiger Mann betrat die Amtsstube, der etwa zwanzig Jahre älter als Thomas sein moc h te und mit krächzender Stimme sprach: sein neuer Adlatus . Sie hatten sich bereits am Vortag kennen gelernt. Er hieß Fuchs und arbeitete seit vielen Jahren am Gericht.
»Ich bringe schlechte Nachrichten!«, sagte Fuchs.
»Was ist passiert?«, fragte Thomas.
»Eine Frau ist ermordet worden.«
»Wie heißt sie?«
»Klara Roth. Sie wohnt in einem Haus im Wald. Jemand hat sie dort erstochen.«
»Und mein Vorgänger hat in solchen Fällen die Ermittlungen geleitet?« Die Rechtsbräuche waren unterschiedlich. In ma n chen
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