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das gutenberg-komplott

das gutenberg-komplott

Titel: das gutenberg-komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: born
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langweilig, ehe sie das Haus verließ. Das ärgerte Katharina. Schließlich blieben sie und ihre Mutter allein zurück. Der Vater war im Kaufhaus.
    Katharina ging auf ihr Zimmer und hielt das Fenster g e schlossen. Sie hatte das Gefühl, ihr falle die Decke auf den Kopf. Der Aufruhr in den Straßen, das rhythmische Lärmen der Trommeln, die Spannung, die in der Luft lag, übertrugen sich auf sie. Sie ging ruhelos auf und ab. Am liebsten wäre sie ein paar Schritte gelaufen, in den Faschingstrubel eingetaucht, um Atmosphäre zu schnuppern. War das wirklich gefährlich? Wenn sie noch lange im Haus blieb, würde sie verrückt werden! Sie kam sich wie eingesperrt vor. Trotzdem blieb sie bei ihrem Vo r satz.
    Das Schlimme war, dass sie mit keinem darüber reden kon n te. Am wenigsten mit ihrem Vater. Er durfte nicht erfahren, dass sie sich mit Thomas getroffen hatte.
    Plötzlich kam ihre Mutter die Stufen hinaufgepoltert.
    »Katharina!«, rief sie außer Atem.
    Katharina öffnete die Tür und schaute aus dem Zimmer.
    »Besuch für deinen Vater! Behringer ist da!« Das war ein Kaufmann aus Lübeck, der beste Freund ihres Vaters. Alle paar Monate tauchte er aus heiterem Himmel auf. »Lauf doch schnell ins Kaufhaus und sag ihm Bescheid!«
    Katharina zögerte. Mit welcher Begründung sollte sie das a b lehnen? Die kurze Entfernung zum Kaufhaus – da konnte nicht viel passieren …
    Außerdem waren unzählige Menschen unterwegs. Sie würde in der Nähe von Leuten bleiben, die sie kannte. Katharina zog ihren Mantel und ihre Schuhe an und verließ das Haus.
    Eine Gruppe von Musikern zog quer über den Marktplatz, gefolgt von Tänzern. Dunkelgraues Licht lag über der Stadt, Schneewolken. Katharina beschloss, in der Nähe des Doms zu bleiben und ein wenig durch die benachbarten Gassen zu la u fen. Es waren so viele Menschen auf den Beinen, dass es ihr ung e fährlich vorkam. Ihre anfängliche Angst wich. Die Straßen zum Markt waren voller Masken. Katharina war als Einzige nicht ve r kleidet; dadurch fiel sie auf, und das war ihr unang e nehm.
    »Hallo, Katharina!« Es dauerte, bis sie einen Gleichaltrigen erkannte. Er löste sich aus einer Gruppe von Tänzern, fasste sie bei den Armen und drehte sich mit ihr zum Rhythmus der M u sik, die vom Markt kam. Er hatte ihr vor einiger Zeit den Hof gemacht. Sein Atem roch nach Wein, und mit einer geschickten Bewegung entzog sie sich und verschwand in einer Mensche n traube. Sie fühlte sich besser, als sie ihn los war, und auch das Alleinsein fiel ihr unter Menschen leichter als im Zimmer.
    Die Stadt war außer Rand und Band, es gab keine Standesu n terschiede mehr. Es kam ihr vor, als habe man von einem stark erhitzten Topf den Deckel genommen, damit er nicht mit la u tem Knall durch die Luft flog. Was sich im Lauf von Wochen und Monaten angestaut hatte, entlud sich in Tanz, Gesang und grotesken Szenen. Eine Frau hatte ihre Röcke in die Luft g e worfen und zeigte, begleitet von rhythmischen Bewegungen, was sich darunter verbarg. Ein Teufel riss sich daraufhin die Maske vom Gesicht und küsste ihren Hintern.
    Alles strömte zum Marktplatz. Die Nacht kam schnell um diese Jahreszeit. Die Schneewolken verdichteten sich. Kathar i na blieb hier und da stehen und schaute sich um. Eine unterird i sche Welt hatte ihre Bewohner freigelassen, und sie war die Einzige, die nicht dazugehörte. Sie wusste nicht mehr, was stimmte. Welche Welt war die wirkliche? Zeigten die Me n schen heute ihr wahres Gesicht, das sie sonst hinter einer Maske verstec k ten?
    Der Marktplatz war voller Menschen, so viele versammelten sich nicht einmal zu Prozessionen. Die Trommeln wurden la u ter, die Rhythmen überlagerten und verwirrten sich, setzten aber nie aus, so dass sich Katharina schließlich in eine Art Trance versetzt fühlte.
    Niemand stand still, man tanzte, man sprang, man war ausg e lassen. Der Lärm schwoll an, bis er ohrenbetäubend wurde. J e mand kam von hinten und zog Katharina eine Maske übers G e sicht. Sie erschrak und drehte sich um. Ein Mann umklammerte ihre Hüften. Sie ließ sich herumwirbeln. Der Tänzer trug Hö r ner und eine schwarze Maske. An den Häuserwänden, die den Markt umgaben, hatte man Fackeln in Eisenringen befestigt, Schatten huschten vorüber, verlängerte und verzerrte Abbilder der Körper, die in der Nähe der Flammen tanzten. Die Anspa n nung der letzten Tage hatte Katharina zugesetzt. Während sie ein paar Schritte tanzte, löste sich die Anspannung. Ging es den andern

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