das gutenberg-komplott
was ihr auffiel, war die angenehme Wärme eines Feuers, Holz knisterte und knackte. Die Kälte vorher war empfindlich gewesen, und sofort begann ihre G e sichtshaut zu prickeln.
»Setzen!«
Jemand drückte sie an den Schultern nach unten, und sie la n dete auf einem Stuhl. Sie stieß mit dem Schulterblatt schmer z haft gegen die Rückenlehne. Dann entfernten sich die Schritte ihrer Entführer, die Tür wurde wieder zugemacht und das Schloss verriegelt. War sie allein im Raum? Sie lauschte. Außer dem Feuer und ihrem Atem hörte sie nichts.
Mit ihren gefesselten Händen betastete sie den Stuhl, dessen Sitzfläche aus Weiden geflochten war. Sie ärgerte sich, dass man ihr die Füße wieder gefesselt hatte! Es blieb ihr nichts a n deres übrig, als sitzen zu bleiben und abzuwarten. Das war schon unter normalen Umständen für sie eine Qual.
Sie hätte zu Hause bleiben müssen. Mit Sicherheit hatten di e selben Leute sie entführt, die versucht hatten, Thomas zu töten. Aber was wollte man von ihr? Man hatte sie am Leben gela s sen, und wahrscheinlich würde sie bald erfahren, was man mit ihr vorhatte. Ging es um die Pläne? Der Gedanke erschrec k te sie.
Lange geschah nichts. Sie verlor das Gefühl für die Zeit, die verstrich, obwohl sie wach blieb. Dann fiel sie irgendwann in eine Art Halbschlaf. Sie schreckte auf, als wieder Schritte näher kamen, diesmal aus einer anderen Richtung. Eine Tür ging auf, jemand betrat den Raum. Sie versuchte sich anhand der Schritte ein Bild davon zu machen, wer zu ihr kam; langsam waren die Schritte und leise. Die Person blieb in unmittelbarer Nähe, wahrscheinlich direkt vor ihr, stehen.
»Lernen wir uns also endlich kennen«, sagte eine dunkle, nicht einmal unangenehme Männerstimme.
Katharina fragte ihn, wer er sei und was er von ihr wolle? Sie sprach ruhig und ihre Ängste schwanden. Sie wollte am Leben bleiben, und dazu würde ihr jedes Mittel recht sein!
»Ich interessiere mich seit einiger Zeit für alles, was Euch betrifft .«
»Wie schmeichelhaft.«
Es ist eine Frage des Willens, sagte sie sich; selbst wenn es im Moment unmöglich scheint, gibt es einen Punkt, an dem ich ansetzen kann. Es gibt immer diesen Punkt.
»Ich bedauere übrigens den Tod Eurer Schwester«, fuhr er mit seiner dunklen Stimme fort. Er sprach mit Akzent. Er war keiner der beiden Männer, die sie entführt hatten.
»Ihr habt mich nicht herbringen lassen«, sagte Katharina, »nur um meine Bekanntschaft zu machen.«
»Das ist richtig.«
Sie hörte, wie er einen Stuhl heranzog und sich setzte. »Ich möchte mit Euch über eine Sache sprechen, die mir am Herzen liegt. Vielleicht lässt sie sich gütlich regeln. Ich hoffe das.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Vielleicht ahnt Ihr, worum es geht?«
Sie gab keine Antwort und fragte stattdessen: »Was hattet Ihr mit Klara zu tun?«
»Sie hat für mich gearbeitet. Sie besaß Informationen, die verloren gegangen sind.« Der wohlwollende Tonfall, mit dem er sprach, beunruhigte sie zunehmend.
»Klara war das schwarze Schaf der Familie«, sagte Kathar i na. »Ich hatte keinen Kontakt mit ihr.«
»Ich weiß, dass Ihr durchaus Kontakt mit ihr hattet.«
»Wo sind wir hier?«
»In einem Raum, der zu einem unterirdischen Gangsystem gehört«, sagte er.
»Befinden wir uns tief unter der Erde?«
»Die Gänge sind verworren, und das lässt sich schlecht schätzen. So tief jedenfalls, dass keine Geräusche nach außen dringen. Die Gänge sind alt. Jene, die sie bauten, leben nicht mehr. Selbst der Zweck der Anlage ist mir nur teilweise klar.«
Er war ein Fremder. Sie glaubte mittlerweile, dass er aus dem Süden kam, vielleicht Italien. Sie hatte seine Stimme nie z u vor gehört. Sie war eine Einheimische und wusste nichts von den Gängen. Woher kannte er sie?
»Wer hat meine Schwester getötet?«, fragte Katharina.
»Ich gäbe viel darum, das zu wissen. Auch über das Warum kann ich nur Vermutungen anstellen. Wir tappen im Dunkeln.«
»Ihr sagtet, Klara besaß Informationen. Musste sie deshalb sterben?«
»Das halte ich für unwahrscheinlich«, sagte er. »Es ist mö g lich, dass wir es mit einem ganz anderen Motiv zu tun haben.«
»Diese Geschichte ist mir ein Rätsel. Ich habe damit nichts zu tun.«
Darauf gab er zunächst keine Antwort. »Ich habe den Richter beobachten lassen«, sagte er schließlich, »von dem Tag an, da er sich um den Mordfall kümmerte. Es gab mehrere Treffen zwischen Euch und dem Richter. Ihr wart zum Beispiel hei m lich
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