Das Habitat: Roman (German Edition)
Dunklen Zeit einst an der Welt begangen hatten. Im Gegensatz zu mir jedoch hatte er das was er gesehen und gehört hatte sehr viel schneller verarbeitet. Rasch wurden ihm die Zusammenhänge klar, sowie das Ziel der Bestrebungen der Bewahrer. Diese kümmerten sich im Hintergrund um die biologische sowie die technische Seite, der Erhaltung des Habitats. Während es der Kirche oblag, die soziale und menschliche Entwicklung voranzutreiben.
Schnell hatte er gelernt, mit den Maschinen zu arbeiten, die er Computer nannte. Er versuchte zumindest im groben zu erklären, was es damit auf sich hatte, doch ich war nicht in der Lage, ihm zu folgen. Sarina und ihrem Vater musste es wohl ähnlich ergangen sein – wenn ich den Ausdruck ihrer Gesichter richtig deutete. Als Malcolm sich dessen bewusst wurde, verzichtete er auf weitere Versuche, es uns verständlich machen zu wollen. Dass es sich bei den Maschinen der Bewahrer in seinen Augen aber nicht um unverständliche, geheimnisvolle Gerätschaften handelte, sondern einfach nur um ganz gewöhnliche Werkzeuge, denen nichts übernatürliches anhaftete, das begriff ich sehr wohl.
Trotz allem aber spürte er bald, dass ihm doch etwas fehlte. Wenngleich er es sich am Anfang auch nicht eingestehen wollte. Er war einsam. Und dieses Gefühl verstärkte sich von Tag zu Tag. Ich merkte, dass er über dieses Thema zunächst nicht sprechen wollte – doch ich bohrte nach. Und schließlich brachen die Dämme und er berichtete. Zögernd zuerst – dann immer flüssiger, immer befreiender. Er erzählte wie er sich zunächst stur auf seine Ausbildung konzentrierte. Das half ein wenig. Zum erstenmal in seinem Leben sollte sein stets hungriger Verstand ausreichend Nahrung erhalten. Doch im Hintergrund, das wusste er, lauerte diese Einsamkeit wie ein hinterlistiges Raubtier.
Ich wusste sehr gut was er meinte. Schon damals, in Ballynakill, war er stets ein Einzelgänger gewesen. Andere Jugendliche hatten sich oft unwohl gefühlt in seiner Gegenwart. Zumindest so lange sie ihn nicht näher kannten. Doch die wenigsten machten sich die Mühe, ihn überhaupt näher kennen lernen zu wollen. Zu sehr konnte er einem das Gefühl vermitteln, klein und unbeholfen zu sein – obwohl er sich dessen nie wirklich bewusst gewesen zu sein schien, oder gar diesen Eindruck je willentlich herbeiführt hätte.
Nun, und ich – ich war der andere große Außenseiter gewesen. Wenngleich auch aus anderen Gründen und von gänzlich anderer Persönlichkeit, so war es doch im Nachhinein betrachtet wohl unausweichlich gewesen, dass wir so gute Freunde geworden waren. Jeder vermochte dem anderen etwas zu vermitteln, was dieser selbst nicht besaß. Und hatte ich mich nicht damals, nach seinem Fortgang aus Ballynakill, ebenso einsam gefühlt? Wie oft hatte ich mich danach gesehnt, mit dem Freund zu sprechen, und meine Ängste und Hoffnungen mit ihm zu teilen. Vor allem als ich das erste Mal den Anderen – den Bewahrern – begegnet war. Und als die Nacht des Feuers mir meine Mutter genommen hatte – ja mein ganzes Leben, so wie ich es kannte. Wie sehr hatte ich mich da nach dem Freund gesehnt!
Sicher, ich hatte damals in Seamus einen neuen Freund gefunden. Doch irgendwie war das nicht das Gleiche gewesen.
Malcolm hatte schließlich auch einen Freund gefunden – einen etwa gleichaltrigen Seilerlehrling. Dieser besaß ein kleines Segelboot. Und manchmal fand Malcolm sogar Gelegenheit, ihn auf kurzen Ausflügen mit diesem Boot zu begleiten. Doch nicht oft. In der Dreifaltigkeit wurde es nicht gerne gesehen, wenn Angehörige der Kirche Kontakt zum Volke suchten. Zuviel hatte man zu verbergen. Aber gelegentlich schlich er sich eben doch davon.
Längst flutete das Sonnenlicht durch die Fenster herein, als Malcolm schließlich mit seiner Erzählung zum Ende gekommen war.
Noch lange nachdem er sich an diesem Morgen von uns verabschiedet hatte, saßen wir da und versuchten, aus all dem schlau zu werden, was wir in dieser Nacht erfahren hatten. Schließlich aber zwang uns die Müdigkeit, die längst in unsere Glieder gekrochen war, dazu, unsere Bemühungen einzustellen. Ich trollte mich schließlich in das angrenzende Zimmer, das man mir zugewiesen hatte. Ich registrierte, dass offenbar wirklich niemand vorhatte uns einzuschließen, wie ich zunächst noch insgeheim befürchtet hatte.
Das Wiedersehen mit Malcolm sollte nicht die einzige Überraschung bleiben, die mir hier zuteil werden sollte.
Ich schlenderte über den
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