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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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ich überrascht aus.

Dreifaltigkeit
     
    Donahugh hatte Wort gehalten. Malcolm stand etwas verlegen daneben, als Sarina einen kurzen Überraschungsschrei ausstieß, auf mich zueilte und mir ohne Vorwarnung um den Hals fiel. Um ehrlich zu sein, ich wusste nicht wer verlegner war – er oder ich.
    Sarina und ihr Vater waren in einem großen freundlichen Zimmer untergebracht. Da sie erst kurz vor mir angekommen waren, hatten sie noch keine Gelegenheit gehabt, sich wirklich umzusehen. Zunächst waren sie eingeschlossen worden. Nun aber sah es so aus, als würde ihnen die gleiche Bewegungsfreiheit zugestanden werden wie mir. Zumindest war der Priester, der uns den Raum aufgeschlossen hatte, nirgends mehr zu sehen. Ich hatte offenbar richtig gelegen, als ich angenommen hatte, Donahugh würde versuchen, mir – soweit es ihm vertretbar erschien jedenfalls – entgegenzukommen.
    Ich berichtete ihnen ausführlich was mir widerfahren war, seit wir getrennt worden waren. Immer wieder sah Sarina mich entsetzt an, als ich in meinem Bericht stockte. Ihr Vater saß nur mit gesenktem Haupt daneben. Die Schuldgefühle waren ihm deutlich anzumerken. Auch als ich von Ians Verrat erzählte, und ihm somit klarzumachen versuchte, dass Roger und die Bewahrer uns somit auf jeden Fall bereits erwartet hätten, änderte dies wenig an seinen Selbstvorwürfen.
    Als ich berichtete, was ich im Saal der Lichtfenster gesehen hatte, fehlten mir oftmals die Worte. Man nannte diese Fenster, die einem zeigten was weit entfernt war, im übrigen Monitore – so zumindest erklärte es mir Malcolm. Dieser stand etwas abseits und hörte ebenfalls aufmerksam zu.
    Schließlich kam ich mit meinem Bericht zum Ende. Trotz all des Unglaublichen aber, was ich eben berichtet hatte, schien Sarina eine bestimmte Tatsache mehr zu bewegen, als alles andere.
    „Ich hätte nie angenommen, dass Ian nicht zu vertrauen ist.“, sagte Sarina traurig. „Ich mochte ihn immer gerne leiden.“ Sie sah mit schwerem Blick zu Boden und schüttelte das Haupt. „Man verrät seine Freunde nicht!“
    Diese menschliche Enttäuschung wog in ihren Augen offenbar schwerer, als alle Gründe für ein solches Handeln es jemals könnten. Und gerade diese Gewichtung auf das rein Menschliche war so typisch für ihr gesamtes Wesen. Wieder einmal wurde mir bewusst, weshalb ich mich so sehr zu ihr hingezogen fühlte.
    Nun erst schien sie Malcolm so richtig wahrzunehmen.
    „Ich habe dich schon einmal gesehen.“
    Bevor dieser jedoch antworten konnte ergriff ich das Wort:
    „Das ist mein Freund Malcolm. Ich habe dir von ihm erzählt.“
    Sie nickte, schien aber aus seiner Anwesenheit hier genau so wenig schlau zu werden wie ich. Auf den Weg hierher hatte ich ihn mit Fragen eingedeckt. Er aber hatte nur gesagt:
    „Ich glaube das kann warten. Ich bringe dich erst einmal zu deinen Freunden.“ Er kannte mich wirklich. Er hatte gewusst, dass es sinnlos gewesen wäre, mit mir reden zu wollen, solange mein Kopf von anderen Dingen beherrscht wurde.
    Nun aber begann er zu erzählen. Meine Augen hingen gebannt an seine Lippen, als er berichtete, was ihn letzten Endes hierher geführt hatte. Einiges von dem wusste ich bereits. Dass er einige Zeit im Pfarrhaus gewohnt hatte – damals, nach der Sache mit den Büchern –, war mir genauso bekannt gewesen wie sein Entschluss, Priester zu werden. Dass aber Pater O’Malley seinerzeit den wachen Verstand des hochbegabten Jungen, richtig einzuschätzen gewusst hatte, und ihm nach und nach in Geheimnisse der Kirche einführte – nur bruchstückhaft und oft auch nur andeutungsweise –, das war mir natürlich neu gewesen. Er hatte Malcolm eine Perspektive aufgezeigt, seinen Wissensdurst zu stillen, und seine Gaben nutzbringend einzusetzen.
    Den vollen Umfang aber über die wirklichen Machtverhältnisse dieser Welt, sowie die wahre Bedeutung der Kirche der Unverderbten Wahrheit, hatte er erst später erfahren. Schnell hatte der Bischof von Ennis das wahre Potential dieses außergewöhnlichen Priesteranwärters erkannt. Nur sehr wenige Kirchendiener erfuhren die Wahrheit in vollem Umfang – die meisten überhaupt nichts. Ich hatte dies schon früher gemutmaßt. Den Allerwenigsten aber wurde das Angebot unterbreitet, hier in der Dreifaltigkeit – dem Herzen des Wissens und der Macht – selbst, studieren zu dürfen. Hier auch hatte er erstmals von den Bewahrern erfahren – und auch vom wahren Ausmaß der Verderbtheit und des Frevels, welche die Menschen der

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