Das Habitat: Roman (German Edition)
Ich blickte hinüber zu Sarina. Ich sah ihren Vater. Die Gesichter beider waren ausdruckslos. Ich sah wie sie versuchten, das eben gehörte zu verdauen. Wut stieg in mir hoch. Unsagbare Wut. Wie konnte jemand sich anmaßen, bestimmen zu wollen, dass manche Menschen einfach auszusterben hatten, weil sie nicht in sein persönliches Weltbild passten!
Ich musste unbedingt nach Douglas. Und nun glaubte ich auch zu wissen, wie ich meinen Vater würde finden können – oder er mich. Die aufgegebene Station der Bewahrer. Ja, das wäre ein perfekter Unterschlupf. Ich sah Eileen an.
„Diese aufgegebene Station – kannst du mir beschreiben wo sie sich befindet?“
Sie schien nicht zu verstehen, warum ich das wissen wollte.
„Verstehst du den nicht!“, sagte ich aufgeregt. Denn nun war es mir wie Schuppen von den Augen gefallen: „Der Funkname deiner Mutter – Douglas. Auch wenn du es anders ausgesprochen hast. Die Kirche – die Bewahrer – alle suchen sie seit Jahren nach diesem mysteriösen Anführer der Gemeinschaft der Suchenden. Was aber, wenn es diesen Douglas gar nicht gibt?“
Sie schien immer noch nicht zu begreifen.
„Ich glaube, dass deine Mutter dieser Douglas war. Sie hat Kontakt mit der Gemeinschaft der Suchenden aufgenommen – vielleicht sogar hat sie diese einst selbst ins Leben gerufen. Zuvor jedenfalls waren sie nur eine handvoll Verschwörer, die sich gegen die Macht der Kirche aufzulehnen versuchten. Das zumindest hat Marten mir gesagt. Ja, ich bin mir sicher: Die Kirche jagt einem Phantom hinterher, einem Mythos. Und Donahugh ebenso. Aber diesen Kampf können sie nicht gewinnen! Und die Wahrheit dürfen sie niemals erfahren! Also, wie komme ich dahin?“
Dann fiel mir etwas ein, das meinen Tatendrang sofort dämpfte.
„Nein.“, sagte ich. „Nein, ich kann nicht.“
„Was ist los, Liam?“, fragte Sarina unverständlich. „Wir müssen unbedingt zu deinem Vater. Die Gemeinschaft muss von den Verbrechen Donahughs erfahren!“
„Verstehst du denn nicht?“, entgegnete ich verzweifelt. „Ich kann nicht. Sie wissen immer wo ich mich aufhalte! Sie können jeden meiner Schritte verfolgen!“
Als ich Eileens fragenden Blick sah, erläuterte ich es ihr.
„Ein Sender.“, sagte sie überlegend. „Das ist schlimm.“
Da ich keine Ahnung hatte wovon sie sprach, erklärte sie es mir.
Ich sah sie ungläubig an.
„Ein kleines Gerät das unsichtbare Signale aussendet?“, fragte ich verwirrt.
Sie nickte.
„Der Sender kann überall sein. Sogar unter deiner Haut.“
„Unter meiner Haut“
„Ja, wenn sie ihn dir zum Beispiel mit einer Spritze verabreicht haben.“
Ich konnte mich nicht entsinnen eine Spritze erhalten zu haben – zu mindest nicht seit ich Ennis verlassen hatte. Und vorher konnte es nicht gewesen sein, da ich seinerzeit, als ich bei Jamersons Schar gewesen war, unentdeckt geblieben war. Obwohl die Kirche zweifellos nach mir gesucht hatte. Ich teilte Eileen meine Überlegungen mit.
Ihr Gesicht hellte sich kaum merklich auf.
„Das macht es leichter. Was hast du in den Taschen?“
„Eigentlich nichts weiter“, sagte ich. „Nur...“ Mit zittrigen Händen zog ich das Taschenmesser hervor, dass Pater Finn mir geschenkt hatte. Ich erkannte sofort, wie geschickt dieser Zug des Paters gewesen war. Ein Junge – zumal wenn er sich in meiner Situation befand – würde sich womöglich im Verlauf seiner Reise von so ziemlich allem trennen, wenn es die Situation erforderte. Doch niemals von seinem Messer. Schon mehrmals hatte es mir nützliche Dienste geleistet und ich war froh gewesen, dass ich es gehabt hatte, dachte ich bitter. Ich wollte es gerade wütend von mir werfen, doch Eileen hielt mich zurück.
„Nicht! Sie wüssten, dass du ihnen auf die Schliche gekommen bist. Dann wären sie vorgewarnt.“ Sie schürzte überlegend die Lippen. „Und vielleicht sogar kannst du es zu deinem Vorteil nutzen“
Noch einmal sah sie in die Runde, dann sagte sie:
„Ich werde euch helfen. Ich kann euch hier rausbringen. Und ich werde euch zeigen, wie ihr den alten Stützpunkt findet.“ Ihr Blick senkte sich. „Mehr kann ich leider nicht für euch tun.“
„Danke, Eileen.“, sagte ich leise. Dann fügte ich noch hinzu: „Du weißt, du musst das nicht tun. Wenn du dich womöglich selbst in Gefahr begibst...“
Sie blickte mir tief in die Augen. Schließlich sagte sie:
„Ich habe erfahren, was du für Allen und Ryan getan hast. Das hättest du nicht tun müssen. Du
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