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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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erledigt.
    Ich ärgerte mich über ihn, obwohl ich nicht genau hätte sagen können weshalb eigentlich. Seine Haltung in dieser Frage deckte sich völlig mit den Gemeinschaftsansichten. Die Dinge waren eben so, wie sie nun einmal waren. Und besonders kirchliche Anordnungen hinterfragte man nicht.
    Wir saßen am Ufer des Dorfweihers und sahen zu, wie die Sonne allmählich hinter dem Horizont versank.
    Die Conners waren am Abend zuvor bei uns vorgefahren. Mein Vater hatte sie für die Zeit des Banns aufgenommen. Ich hatte Cecilia mein Zimmer überlassen müssen, doch das machte mir nicht wirklich etwas aus. Ich hatte in der ungenützten Kammer über der Scheune Quartier bezogen. Das eröffnete viele Möglichkeiten, so hatte ich mir sofort ausgerechnet. Niemand würde es mitbekommen, wenn ich mich nach dem Abendbrot noch einmal davonschleichen würde – wenngleich ich auch nicht die geringste Ahnung hatte, wie ich diese neue Freiheit nutzen wollte. Dennoch, ich war 15, voller jugendlichem Tatendrang und wildentschlossen, die Situation auszunutzen. Auch wenn es bedeuten würde – was wohl am wahrscheinlichsten war –, dass ich mir ziemlich sinnlos eine Nacht damit um die Ohren schlagen würde, ziellos und alleine durch das nächtliche Ballynakill zu streifen.
    Ich hatte sogar bereits kurz mit dem Gedanken gespielt, die Farm der Conners aufzusuchen – ihn jedoch sofort wieder verworfen. Alleine die Vorstellung war einfach zu ungeheuerlich. Sich den kirchlichen Anordnungen bewusst zu widersetzen, das war ein Vergehen, dass weit über meine bisherigen Missetaten hinausgehen würde.
    Nun aber, vielleicht gerade weil ich mich über Seamus’ mangelndes Interesse ärgerte, drängte sich mir der Gedanke erneut in den Sinn.
     
     
    Einige Stunden später war ich auf dem Weg. Mitternacht war wohl bereits vorüber gewesen, als vom Haus her keine Lichter mehr zu sehen gewesen waren. Auch in den Unterkünften der Knechte und Mägde war längst alles still, als ich mich leise davongeschlichen hatte.
    Ballynakill lag im Dunkel und im Schweigen. Irgendwo bellte kurz ein Hund auf, der mich wohl wahrgenommen hatte, dann war wieder alles ruhig. Um wie viel mehr Spaß hätte dieser nächtliche Ausflug gemacht – so dachte ich bedauernd – wäre Malcolm bei mir gewesen.
    Ich erreichte das Brachfeld. Sarina kam mir wieder in den Sinn. Der Gedanke an sie hatte mich nie wieder richtig losgelassen; es verging kein Tag, an dem ich nicht an sie gedacht hätte. Die mondbeschienene plane Fläche breitete sich vor mir aus. Es war viel zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen. Doch auch bei Tageslicht – so wusste ich – waren die Abdrücke, die der Zirkus im Gras hinterlassen hatte, längst nicht mehr auszumachen.
    Von hier bis zur Farm der Conners waren es noch knapp zwei Kilometer – vielleicht etwas weniger.
    Ich wurde immer aufgeregter, je näher ich meinem Ziel kam. Doch was würde mich erwarten? Ein leeres Haus, verwaiste Felder und ein paar Warntafeln – die wohl völlig überflüssig waren, da ohnehin jeder in der Umgegend bescheid wusste. Ballynakill war eine kleine Gemeinde. Neuigkeiten dieser Art verbreiteten sich binnen weniger Stunden. Niemand würde sich dem kirchlichen Bann widersetzten. Niemand würde die Schilder also zu Gesicht bekommen. Ausgenommen ich, so durchfuhr es mich. Erneut wurde ich mir bewusst darüber, welche Ungeheuerlichkeit ich mich da anschickte zu begehen.
    Nun, ich brauchte ja die Conner–Farm nicht direkt zu betreten. Ich würde bis zu den Schildern gehen und dann umkehren. Niemand würde mir dann irgendeine Verfehlung vorwerfen können – so sagte ich mir. Doch ich wusste nur zu gut, dass ich damit nicht durchkommen würde.
    Ich hätte das erste Warnschild in der Dunkelheit beinahe übersehen und um ein Haar wäre ich direkt dagegen gelaufen.
    Die Farm war weitläufig abgesteckt. Das Feld auf dem die Mutantenpflanzen gefunden worden waren, war noch ein gutes Stück entfernt, das wusste ich.
    Nun war ich schon so weit gekommen – wollte ich da wirklich umkehren?
    Bis zum Maisfeld – so sagte ich mir schließlich – und dann würde ich sofort wieder verschwinden. Vielleicht würde ich sogar einige der Mutanten zu Gesicht bekommen. Natürlich war es viel zu dunkel, um wirklich etwas erkennen zu können, und viele Mutationen waren nur sehr schwer von unverderbten Pflanzen zu unterscheiden. Die Suchtrupps der Pfadfinder wurden gut geschult darin, diese Pflanzen zu erkennen. Ich aber würde wahrscheinlich

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