Das Habitat: Roman (German Edition)
mein Selbstmitleid hinweg.
Und nun war er also fort. Die erste Zeit noch verbrachte ich so manchen Nachmittag alleine in unserer Residenz, doch ohne Malcolm war es einfach nicht mehr das Selbe. Schließlich ging ich nicht mehr hin.
Seamus, der Sohn des Dorfschmiedes, hatte Versuche unternommen, sich mit mir anzufreunden – und nach anfänglichem Zögern ließ ich mich darauf ein. Er erwies sich als verlässlicher Kamerad und hatte viel Sinn für Humor, doch nahm ich ihn nie mit ins Rosedalehaus.
Ich schlenderte die Dorfstraße entlang. Ich hatte den ganzen Vormittag auf dem Feld gestanden und Weizen gebündelt. Nach dem Mittagsbrot war ich von meiner Mutter ins Dorf, zur örtlichen Bäckerei, geschickt worden, um eine Bestellung abzuholen. Die Männer würden hungrig sein, wenn sie spät am Abend von der harten Arbeit heimkehrten. Meine Muskeln schmerzten und ich hatte es nicht übermäßig eilig, zurück auf das Feld zu kommen. Da vernahm ich den Aufruhr, der aus Richtung des Kirchplatzes kam. Ich lief hin, um zu sehen was es gab.
Eine kleine Menschenmenge hatte sich da versammelt, doch gesellten sich schnell immer mehr Neugierige hinzu. Ich versuchte aus den Rufen und den lautstarken Gesprächen schlau zu werden, und allmählich verstand ich schließlich worum es ging. Auf einem der Felder der Connors war Mutantenmais gefunden worden. Das war eine sehr schwerwiegende Sache. Harry Conner stand auf der Treppe neben Pater O’Malley und beteuerte immer wieder, er habe das nicht erkannt. Das Feld läge schließlich weit außerhalb, und die Mutanten wären kaum von den reinen Pflanzen zu unterscheiden.
Die wütende Menge jedoch wollte nichts davon hören. Man beschuldigte ihn des Verstoßes gegen die Einhaltung der Unverderbtheit. Rufe wurden laut, das entsprechende Feld sofort niederzubrennen; und alle angrenzenden zur Sicherheit gleich dazu. So war die übliche Vorgehensweise. Die Conners würde das fast um ihre gesamte Ernte bringen. Doch bei Mutantenfund gab es keine Alternative. Jede Kontaminierung musste verhindert werden. Es gab Geschichten von Familien, die beinahe Haus und Hof verloren hatten, weil mutierte Pflanzen auf ihren Feldern gefunden worden waren. Deshalb schwiegen viele aus Angst und versuchten, die Sache zu vertuschen.
Durch Auskreuzungen aber waren häufig auch die Felder der Nachbarn gefährdet, weshalb viele mit Farmern, auf deren Feldern diese Mutanten entdeckt worden waren, nicht gerade zimperlich umsprangen. Immer wieder hörte man von Gewalttätigkeiten, gegenüber diesen ohnehin schon schwer Geschlagenen. Dies war ein weiterer Grund, warum viele Betroffene lieber schwiegen und versuchten, die Sache, in einer Nacht und Nebel Aktion, aus der Welt zu schaffen.
Nun, die Felder der Conners lagen viel zu weit weg von unserer Farm, als dass ich mir darüber hätte Sorgen machen müssen. Dennoch war ich neugierig. Harry Conner war ein guter Freund meines Vaters. Seine Tochter Cecilia war mein Jahrgang und wir waren des öfteren Sonntags nach der Messe bei ihnen zu Gast. Es waren freundliche und warmherzige Leute.
Immer lauter wurden die Forderungen, die Felder sofort niederzubrennen. Warum warten! Pater O’Malley aber hob beide Hände und gemahnte die Versammelten zur Ruhe.
„Ihr kennt die Regeln! Die Felder werden abgesteckt. Miles und Jackson übernehmen das. Die Farm steht ab sofort unter kirchlichem Bann! Drei Tage lang darf sich niemand nähern. Am dritten Morgen aber versammelt euch und entfacht die reinigende Kraft der Flamme. Zum Wohlgefallen Gottes und der Unverderbtheit seiner Schöpfung! So lautet sein Gesetz!“
Zwar verstummte das Murren der Umstehenden auf diese Worte hin nicht, doch man würde sich an die Anweisungen des Paters halten. Das war immer so. Keiner würde sich wiedersetzen. Wenn es um Mutanten ging, würde niemand gegen die vorgeschriebenen Richtlinien handeln. Dazu war die Sache einfach zu ernst.
„Warum diese drei Tage Bann“, fragte ich. „Wozu diese Geheimnistuerei? Man hätte die Felder doch noch gestern einfach niederbrennen können.“
Seamus zuckte nur mit den Schultern. Ihn schien diese Frage nicht sonderlich zu interessieren. Wieder wurde mir bewusst, wie verschieden der Sohn des Dorfschmiedes doch von Malcolm war. Der hätte sich sicher diese Frage gestellt. Malcolm hinterfragte stets alles. Nicht so Seamus.
„So lautet das Gebot. Es wird schon seit jeher so gehandhabt.“, sagte er nur. Damit schien das Thema für ihn
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