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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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sogar bei hellem Tageslicht achtlos an ihnen vorüberlaufen. Dennoch, nun war ich einmal hier, jetzt wollte ich nicht mehr umkehren.
    Ich atmete tief durch und ging weiter.
    Es war wohl bereits mindestens zwei Stunden nach Mitternacht, als ich das große Silo erreichte. Ich hatte das Maisfeld – allem was ich mir zunächst vorgenommen hatte zum Trotz – vollständig durchquert, jedoch war mir keinerlei Besonderheit an den Pflanzen aufgefallen. Das Silo war das erste der verstreuten Farmgebäude. Ich war bis in die Mitte des verbotenen Geländes vorgedrungen, ohne dass mich Gottes Zorn niedergestreckt hätte. Ich musste zugeben, dass ich so etwas wie Erleichterung verspürte. Die Anspannung war plötzlich von mir abgefallen – doch statt dessen machte sich langsam eine gewisse Enttäuschung in mir breit.
    Ich hatte mir die Nacht um die Ohren geschlagen, mich ausdrücklichen kirchlichen Anweisungen widersetzt, die Gefahr, erwischt zu werden, auf mich genommen – und das alles nur, um über eine verlassene Farm zu laufen. Ich kam mir auf einmal vor wie ein Narr. Wenn ich gleich nach hause lief, so konnte ich diese Nacht wohl noch genügend Schlaf finden, um am nächsten Tag nicht völlig übermüdet bei der Feldarbeit zu erscheinen.
    Ich wollte mich gerade auf den Weg machen, da sah ich von den Feldern her plötzlich ein Licht aufblitzen.
    Zuerst glaubte ich natürlich, mich getäuscht zu haben. Wer außer mir würde sich schon des nächtens hierher wagen. Keinem der Dorfbewohner würde das wohl einfallen. Nicht einmal die anderen Jungs, die ich kannte, würden den damit verbundenen Ärger auf sich nehmen – da war ich mir sicher.
    Da war es wieder. Meine Sinne hatten mir also keinen Streich gespielt. Ein helles weißes Licht, das einen ganz sonderbaren Schein hatte. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Es war so gar nicht wie das Licht einer Fackel oder einer Öllampe. Es war viel heller und sein Schein völlig gleichmäßig. Doch noch während ich mich starr vor Erschrecken zurückzog, in die Sicherheit des Silos, erschienen weitere Lichter, die sich zu dem ersten gesellten. Immer mehr kamen hinzu. Schließlich mussten es so um die zwanzig sein. Sie schienen sich über das gesamte Maisfeld auszubreiten. Manchmal fanden sie sich zu kleinen Gruppen zusammen, dann schwärmten sie offenbar wider über das gesamte Feld aus.
    Ich beobachtet das gespenstische Treiben eine ganze Weile, und wagte nicht, mich zu rühren.
    Doch irgendwann kamen mir einige der Lichter bedrohlich nahe. Ich hastete um das Silo herum und suchte panisch nach einer Möglichkeit, mich zu verstecken. Eine große Scheune stand gut dreißig Meter entfernt – doch bei der Geschwindigkeit mit der die Lichter näher kamen, konnten es genauso gut auch dreißig Kilometer sein. Dennoch, ich rannte los. Nach einer Ewigkeit, wie es mir erschien, hatte ich das große Tor erreicht. Ich hatte Glück. Es stand einen Spalt breit offen. Ich schlüpfte hinein. Gerade noch rechtzeitig. Die ersten Lichtkegel wanderten über den freien Platz zwischen den Gebäuden. Ich schlug hart mit dem Kopf an. Meine Hände ertasteten eine lange Holzlatte, dann ein paar raue Sprossen. Eine Leiter. Ich hastete hinauf. Oben angekommen krabbelte ich durch das Heu, auf das hereindringende Licht der offenen Luke zu, die sich am vorderen Ende befand.
    Vorsichtig spähte ich hinunter.
    Die Fremden waren unterschiedlichsten Wuchses. Doch mehr war von ihnen nicht zu sehen. Alle trugen sie Anzüge, die wie aus einem Stück genäht wirkten. Sie waren von dunkler Farbe und verhüllten die Männer – wie ich vermutete – vollends. Sie verbargen selbst ihre Köpfe und Hände. Nur dort wo die Fremden ihre Gesichter hatten, waren offenbar Glasscheiben in die Anzüge eingearbeitet. Mir stockte der Atem bei diesem Anblick. Das seltsamste an diesen Leuten aber, das waren die Lichter. Sie saßen auf den Köpfen der Männer und schienen ebenfalls direkt in ihre Anzüge eingearbeitet. Strahlend weiß erhellten sie nun ihre Umgebung. Ich konnte das einfach nicht verstehen. Für Öllampen waren die Lichter viel zu hell und ihr Schein viel zu gleichmäßig.
    Manche der Gestalten trugen kleine Koffer. Andere hatten Gerätschaften bei sich, die ich nicht einmal identifizieren konnte. Sie unterhielten sich. Doch ihre Worte wurden zum größten Teil von ihren Anzügen verschluckt, und waren nur noch als dumpfe Laute auszumachen, so dass ich mich unwillkürlich fragte, wie sie sich untereinander wohl

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