Das Habitat: Roman (German Edition)
wandte mich nach ihm um. Im schwachen Licht konnte ich erkennen, wie er mir ernst entgegenblickte. Er legte mahnend einen Finger auf den Mund. Dann zerrte er mich aus dem Haus, über den Hof, hin zu den Farmgebäuden – stets darauf bedacht, nicht ins volle Mondlicht hinauszutreten.
Ich wollte etwas sagen, doch erneut gebot er mir zu schweigen. Er führte mich an den Stallungen vorbei, in Richtung Scheune.
Wir hatten das Tor erreicht und mein Vater zog es gerade leise auf, da traf uns plötzlich ein Lichtkegel. Er war grell und ohne jegliches Flackern. Genau wie die Lichter, die ich in jener Nacht auf der Farm der Conners gesehen hatte.
„Schnell!“, sagte mein Vater und schob mich durch den Spalt. Er selbst drängte hinterher. Von draußen konnte ich hören, wie eilige Schritte durch die Nacht zu uns herüberdrangen, die schnell näher kamen. Mein Vater sah sich gehetzt um. Er ergriff einen Dreschflegel und presste sich an die Wand neben dem Tor. Keine Sekunde zu früh. Schon waren die Schritte heran. Das Tor wurde noch ein Stück weiter aufgezogen. Der grelle Schein drang herein und blendete mich. Außer dem hellen Licht sah ich gar nichts mehr. Doch plötzlich hörte ich ein lautes Krachen und ein eigenartiges splitterndes Geräusch. Ähnlich wie das Splittern von Glas, nur irgendwie dumpfer – fast eine Art Knacken. Dann fiel das Licht vorne über. Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich wieder klar sehen konnte. Lichtpunkte tanzten vor meinen Augen.
Wenige Meter vor mir lag einer dieser Fremden, gehüllt in einen jener Ganzkörperanzüge, wie ich sie ebenso bereits gesehen hatte. Der Lichtschein strahlte zur Seite und erhellte den Boden der Scheune. Mein Vater stand über ihm, den Dreschflegel hoch erhoben – bereit zum nächsten Schlag. Doch die Gestalt am Boden rührte sich nicht mehr.
Es dauerte einen Augenblick, bis ich meinen Schrecken überwunden hatte und wieder in der Lage war, mich zu bewegen. Ich eilte auf meinen Vater zu.
Den Dreschflegel hatte er mittlerweile beiseite geworfen.
„Raus hier!“, raunte er mir zu. „Ich dachte, ich könnte dich hier verstecken. Doch hier ist es nicht mehr sicher. Er hat bestimmt schon Verstärkung herbei gerufen.“
„Wie soll das möglich sein?“, fragte ich unsicher. „War er denn nicht alleine?“
„Sie haben ihre Möglichkeiten, glaub mir!“
Er packte mich am Arm und zog mich hinaus ins Freie. Als ich an dem Fremden vorüberkam, konnte ich, für einen kurzen Moment nur, einen Blick auf das Gesicht hinter der zerbrochenen Scheibe werfen. Es war das Gesicht eines Mannes. Doch nichts daran schien zu richtig zu sein. Die Züge waren verzerrt, Nase und Augen standen in einem merkwürdigen Winkel zueinander, und irgendwie schien nichts wirklich an seinem Platz zu sein. Der Gedanke drängte sich mir kurz auf, ob das von dem Schlag gekommen sein mochte, den er von meinem Vater erhalten hatte. Doch das konnte ich eigentlich nicht glauben; zu verzerrt waren diese Gesichtszüge. Doch dann war der Augenblick auch schon vorüber. Wir hatten die Scheune verlassen.
Kaum waren wir ins Freie getreten, da hörte ich ein merkwürdiges Geräusch. Ein Fauchen – wie starker Wind. Doch dieser Wind, so kam es mir vor, blies an nur einer einzigen Stelle über uns. Irgendetwas huschte über den Nachthimmel und verdeckte dabei stellenweise die Sterne, als ich hochsah.
Da plötzlich erstrahlte aus der Richtung, aus der dieser Windsturm kam, ein helles Licht. Ein Licht das genauso weiß strahlte wie das des Fremden, nur unvergleichlich viel heller. Der grelle Lichtkegel erhellte den Hof und huschte suchend hin und her.
Wir pressten uns an die Wand des Gebäudes und rannten um die Ecke. Mein Vater hatte mich erneut am Arm gepackt und zog mich mit sich.
„Es sind sehr viel mehr als ich dachte!“, sagte er. „Du musst weg hier. Lauf über die Felder und verstecke dich! Pass auf, dass sie dich nicht sehen!“
„Wer sind die?“, fragte ich, noch immer völlig verwirrt.
„Die Anderen“, sagte mein Vater nur knapp.
„Die Anderen?“
Er jedoch ging nicht weiter darauf ein.
„Du musst sofort...“
Da ertönte vom Haus her ein Schrei.
„Mom!“, entfuhr es mir. Ich wollte mich losreisen, doch der feste Griff meines Vaters hielt mich zurück.
„Du tust was ich dir gesagt habe!“
Er blickte mir fest in die Augen. Als ich nicht gleich reagierte packte er mich an beiden Schultern und schüttelte mich kräftig.
„Hast du das verstanden, Liam!“
Ich nickte
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