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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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kein Verrat von mir, wenn ich diese Schar verließ. Ich gehörte einfach nicht zu ihnen und ich würde nie wirklich dazu gehören. Ich hatte meinen eigenen Weg zu verfolgen – wo auch immer dieser mich hinführen würde. Das sagte ich mir fest.
    Mit diesen Gedanken beschäftigt nahm ich zuerst kaum wahr, dass Allen plötzlich in seinen Bewegungen inne gehalten hatte. Intensiv schien er zu lauschen.
    „Was ist?“, fragte Ryan kauend, wobei ihm einige kleine Brocken Wurst aus dem Mund fielen.
    Allen gebot ihm mit einer harschen Bewegung zu schweigen.
    Er löschte die Kerze. Unsere gespannten Atemzügen drangen durch die Stille. Ich hörte Ryan angestrengt schlucken. Zunächst konnte ich nichts verdächtiges erkennen, doch dann hörte ich es. Es klang als würden draußen mehre Pferdefuhrwerke vorfahren.
    Ich konnte hören wie sich Leute unterhielten. Pferde schnaubten und das Ächzen einer Deichsel drang durch die Holzwände. Schnell wurden die Stimmen lauter. Nun konnte man deutlich erkennen, dass die meisten von ihnen wohl stark angetrunken waren.
    Dann rief plötzlich jemand etwas. Ich konnte die Worte zwar nicht verstehen, doch schien der Mann, der sie ausgestoßen hatte, sehr aufgebracht. Schritte und Rufe hallten durch die Nacht.
    Ein Mädchenstimme schrie plötzlich auf.
    Eileen! Ich war sicher, dass es ihre Stimme gewesen war, die wir da gehört hatten.
    Wenig später flog die Tür des Rauchhauses auf und das Licht einer Öllampe schien zu uns herein. Ein bärtiges Gesicht blickte uns wütend entgegen.
    „Wen haben wir denn da!“
    Neben dem Mann waren inzwischen zwei weitere Gestalten aufgetaucht. Hinter ihnen, nur weinige Schritte entfernt, konnte ich sehen wie ein anderer Mann, die sich unter seinem Griff windende Eileen, fest an den Handgelenken gepackt hielt.
    Wir begriffen sofort, dass jeglicher Widerstand sinnlos war.
    „Raus da!“, herrschte der Bärtige uns an.

Gefangen
     
    Der Wagen rumpelte über ein Schlagloch und riss mich aus meinen düsteren Gedanken. Der Himmel hatte sich zugezogen. Die schwarzen Wolken hingen jetzt bedrohlich tief und ein heftiger Wind war aufgekommen. Ich war fest eingemummelt in die schwere Wolldecke, welche die Hendersons mir gegeben hatten.
    Bald würden die ersten Häuser von Ennis in Sicht kommen, doch der Regen würde wohl noch vorher einsetzen und uns alle gründlich durchnässt haben, noch bevor wir die Stadt erreicht haben würden.
    Ryan hob kurz den Kopf und sah mich an, als er meinen Blick auf sich spürte. Ein tiefer Ausdruck von Verzweiflung lag in seinen Augen. Dann senkte er den Blick wieder.
    Allen und Eileen saßen rückwärtig am vorderen Ende der Ladefläche. Der Blick des Mädchens war so verschlossen wie immer. Es war mir noch nie möglich gewesen, zu erraten, was wohl in ihr vorging. Nur Allen sah sich mit wachsamen Augen um. Ich ahnte, dass sein Verstand angestrengt arbeitete, jederzeit bereit die nächste sich bietende Chance beim Schopfe zu packen und die Flucht zu ergreifen.
    Unsere Aufpasser jedoch ließen uns nicht aus den Augen. Henderson selbst saß auf dem Kutschbock und drehte sich nur ab und zu nach uns um. Dann brummte er etwas Unverständliches über das heraufziehende Wetter, fragte ob wir einen Schluck Wasser wollten, was wir verneinten, und wandte sich alsdann wieder seinen Zugpferden zu.
    Sein Sohn Mark saß bei uns auf der Ladefläche. Zwei seiner Knechte ritten auf Pferden neben dem Wagen her. Sie wirkten stets wachsam und ich glaubte nicht, dass wir eine Gelegenheit erhalten würden, ihnen zu entwischen. Wenngleich auch ich selbst, ebenso wie Allen, wild entschlossen war, auch die winzigste Chance sofort zu ergreifen. Denn hätten wir erst einmal Ennis erreicht, soviel war mir klar, dann würde man dort sehr schnell merken, dass ich nicht der war, für den ich mich ausgegeben hatte. Man würde herausbekommen, dass ich mich der Obhut der Kirche entzogen hatte und ich würde, ehe ich’s mir versah, wieder auf dem Weg zurück nach Ballynakill sein. Oder noch schlimmer, gleich nach Galway; wo sich die schweren Tore der Klosterschule unerbittlich hinter mir schließen würden. Dann würde ich nie herausfinden was mit meinem Vater geschehen war.
    Ich verwünschte die unglücklichen Umstände, die uns zum denkbar nur schlechtesten Zeitpunkt das Rauchhaus der Henderson–Farm hatten plündern lassen. Wir hatten schließlich nicht ahnen können, dass die nächtliche Farm nur deshalb so still und ruhig dagelegen hatte, weil die gesamte

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