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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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ich befürchtet, dass uns womöglich ein Hofhund bereits erwarten würde, wenn wir uns der Farm näherten. Meine Ängste hatten sich jedoch als unbegründet erwiesen. Nur einmal hatte ich kurz das Grunzen von ein paar Schweinen vernehmen können. Ansonsten aber lag die Farm in einer nahezu unnatürlichen Stille da.
    Ein leises Klicken verriet, dass Allen es geschafft hatte. Langsam zog er die Tür auf, die in den Angeln quietschte. Das Geräusch, so schien es mir, fraß sich laut durch die Nacht. Doch das war nur eine Einbildung meiner überreizten Nerven. In Wirklichkeit war es wahrscheinlich nur wenige Meter weiter kaum noch zu hören gewesen. Der starke Duft von geräucherten Wurstwaren und Schinken, der mir schon die ganze Zeit in der Nase gelegen hatte, hüllte uns nun regelrecht ein.
    Im Inneren des Rauchhauses herrschte nun absolute Finsternis. Nicht einmal Allen war mehr in der Lage, sich noch zurecht zu finden, ohne ein Licht anzuzünden. Auf eine kindische Weise befriedigte mich das. Er schloss die Tür. Dann holte er eine Kerze hervor und zündete sie an. Nach dieser völligen Schwärze blendete mich selbst das schwache Licht dieser kleinen Flamme. Ich blinzelte. Wenig später aber hatten meine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt. Ich blickte mich um und das Wasser lief mir förmlich im Munde zusammen. Mehrere Ringe Dauerwurst hingen da, direkt neben Schinkenkeulen, von denen eine Jede so groß war, dass ein einzelner von uns wahrscheinlich Mühe gehabt hätte, auch nur eine davon zu tragen. Auch Einmachgläser mit einer seltsamen Paste darin, standen in langen Reihen auf einem der Regale. Ich nahm eines und öffnete es. Ein würziger Duft stieg mir in die Nase. Ich verschloss das Glas wieder und steckte es ein. Wahllos wollte ich mich alsdann daran machen, alles in meinen Beutel zu stopfen, dass sich gerade in meiner Reichweite befand. Allen fiel mir jedoch in den Arm.
    „Wir nehmen nur von allem ein bisschen etwas. So dass es, wenn irgend möglich, nicht weiter auffällt. Könnte sein, dass wir wieder einmal in der Gegend sind. So leicht zugängliche Lebensmittellager sind nicht so häufig.“
    Ich hatte also recht gehabt, als ich angenommen hatte, dass dies womöglich nicht das erste Mal war, dass Jamersons Kinder diese Farm aufgesucht hatten. Wahrscheinlich, so fuhr es mir durch den Kopf, gab es eine ganze Anzahl an Farmen, die sie regelmäßig besuchten. Ab dem Spätsommer würden sie sich wahrscheinlich auf den Feldern und an den Obstbäumen bedienen, doch die restliche Zeit des Jahres über, bestahlen sie die Speisekammern der Farmen, die ihre Wege kreuzten – oder doch zumindest in erreichbarer Nähe lagen.
    Es machte also Sinn, wenn sie jeweils nur soviel nahmen, womit sie möglichst keinen Verdacht erregen würden. Sollte dem Farmer schließlich doch etwas auffallen – was ich stark vermutete – würde wahrscheinlich einer der Knechte in Verdacht geraten.
    Nun, eigentlich konnte es mir ja egal sein, ob unser nächtlicher Besuch hier am folgenden Tag Aufsehen erregen würde, so dachte ich mir. Ich jedenfalls würde ganz sicher nie mehr hierher zurückkommen. Sobald wir uns auf den Rückweg machten, würde ich etwas hinter den anderen zurückbleiben und hinter einem der Gebäude verschwinden. So jedenfalls hatte ich es mir vorgenommen. Bereits auf dem Herweg hätte sich die eine oder andere Gelegenheit ergeben, unauffällig in der Dunkelheit davonzuhuschen. Ich hatte jedoch schnell von der aufkommenden Versuchung Abstand genommen. Die Aussicht orientierungslos – und noch dazu ohne jegliche Nahrung – durch die Nacht zu irren, schien mir wenig verlockend. Ich wollte abwarten, bis wir unser Ziel erreicht hatten. Nun jedoch, mit gefülltem Beutel, an der Grenze zu besiedelten Gegenden, konnte mich nichts mehr zurückhalten.
    Ich sah mich um, was noch einfach zu transportieren wäre. Den Gedanken daran, doch noch einen der Schinken von seinem Haken zu holen, wischte ich entgültig beiseite.
    Ryan war gerade dabei sich mit leuchtenden Augen an einer der Würste gütlich zu tun. Er kaute genüsslich und lächelte mir zu, wobei ihm etwas Fett aus den Mundwinkeln triefte.
    Unerwartet versetzte es mir einen Stich. Plötzlich kam ich mir vor wie ein Verräter. Nicht zum ersten Mal drängte es sich mir ins Bewusstsein, wie sehr ich diese Schar doch ins Herz geschlossen hatte – nun ja, ausgenommen Allen natürlich.
    Schnell aber verdrängte ich die aufkeimenden Schuldgefühle. Es war ganz sicher

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