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Das Habitat: Roman (German Edition)

Das Habitat: Roman (German Edition)

Titel: Das Habitat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Luzius
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mehrmals missmutig angesehen und immer wieder raunende Befehle gegeben. Ryan war bester Laune, wie meistens. Insgeheim beneidete ich ihn manchmal, um sein stets zuversichtliches Wesen. Eileen indes war in sich gekehrt, wie immer. Ihr langes blondes Haar schimmerte im Mondlicht. Sie hatte während  der vergangenen zwei Stunden kaum ein Wort gesprochen. Nur einmal, als Allen mich schalt, weil ich seiner Meinung nach zu dämlich war, mich leise zu bewegen (ich hatte an einem kleinen Abhang ein paar lose Steine ins Rollen gebracht, welche platschend in einen Bach geplumpst waren), hatte sie ihn am Arm gepackt, in fest angesehen und gesagt:
    „Lass es!“
    Nur das, mehr nicht. Doch seither hatte mich Allen in Ruhe gelassen, wenngleich auch seine Laune sich kein Stück weit gebessert hatte.
    Auch wenn mir Allens Abneigung gegen mich bereits allzu oft das Leben schwergemacht hatte, so musste ich mir innerlich doch eingestehen, dass zumindest sein Misstrauen ja durchaus begründet war. In der Tat hatte ich bereits den ganzen Weg darüber nachgegrübelt, wie ich diese nächtliche Expedition dazu nutzen konnte, zu verschwinden. Ich bedauerte, dass ich nichts von meinen wenigen Habseligkeiten hatte mir nehmen können. Allen hatte mich scharf angesehen und gemeint:
    „Räum’ deinen Beutel leer.“
    Als ich fragend aufgesehen hatte, hatte er nur spöttisch gesagt:
    „Na, worin willst du die Lebensmittel, die wir stehlen wollen, sonst tragen? Außerdem, was bräuchtest du wohl sonst noch, für diesen kleinen Nachtspaziergang!“
    Die Schärfe in seiner Stimme, bei diesen letzten Worten, war unüberhörbar gewesen.
    So war ich also mit leerem Beutel und ohne Kayleigh unterwegs, zu den ersten Ausläufern der Zivilisation, welche ich seit Wochen gesehen hatte. Dennoch war ich fest entschlossen, die erst beste Gelegenheit zur Flucht, zu ergreifen. Denn sobald Tobin und die anderen zurückgekehrt waren, würde Jamerson das Zeichen zum Aufbruch geben und wir würden uns wieder tief in den Burren zurückziehen.
    Nein, wenn ich überhaupt eine Chance haben würde, mich davonzumachen, dann in dieser Nacht!
     
     
     
    Wir hatten die Farm erreicht. Der Mond war mittlerweile hinter dem Horizont verschwunden und die Gebäude schälten sich nur als kaum wahrnehmbare Umrisse aus dem Hintergrund des Sternenhimmels. Es war offenbar nicht das erste Mal, dass Jamersons Kinder hier auf Diebestour gingen, denn Allen schien sehr genau zu wissen, wohin er sich zu wenden hatte. Er führte uns zwischen die Gebäude hindurch und beinahe wäre ich in der Dunkelheit direkt gegen eine Holzwand gelaufen, wenn Eileen mich nicht im letzten Moment gewarnt hätte. Wie sie und Allen sich in dieser fast völligen Finsternis zurecht fanden war mir ein Rätsel. Nur Ryan schien ähnliche Problem zu haben wie ich, wenngleich auch er sich weniger daraus machte. Er befolgte Allens geflüsterte Anweisungen exakt, während ich mich doch irgendwie in meinem Stolz gekränkt sah, und versuchte, mich selbst wenigstens halbwegs zurecht zu finden. Ich wollte zumindest mir selbst beweisen, dass ich ebenso gut zurecht kam wie er und Eileen. Das war natürlich albern. Doch die Abneigung Allens mir gegenüber und die immer irgendwie herablassende Art, mit der er mich behandelte, hatten meine Eitelkeit zutiefst verletzt. Ich wollte mir einfach nicht eingestehen, dass er, auf sich alleine gestellt, offenbar sehr viel besser zurecht kam als ich. So hielt ich mich, entgegen seinen Anweisungen, nicht direkt hinter ihm, sondern stolperte ein paar Schritte neben den anderen her durch die Nacht. Obwohl ich ihn in der Dunkelheit kaum auszumachen vermochte, glaubte ich, seine spöttischen Blicke förmlich zu spüren. Doch das stachelte mich nur noch mehr an.
    Schließlich machte Allen vor einem kleinen Gebäude halt. Ich wusste sofort worum es sich bei diesem Häuschen handelte. Es war eine Rauchkammer, wie es sie auch bei uns zuhause gab. So, oder zumindest in ähnlicher Form, waren sie wohl auf nahezu allen größeren Farmen zu finden.
    Ein großes Vorhängeschloss zierte den Eingang, wie ich beim Herantreten sehen konnte. Allen jedoch schien damit gerechnet zu haben.
    „Eilen, du hältst Wache“, flüsterte er leise seine Anweisungen. Sie nickte nur kurz und verschwand lautlos in der Nacht, während Allen aus seinem Beutel ein paar Werkzeuge kramte. Unmittelbar darauf machte er sich an dem Schloss zu schaffen. Ich hielt den Atem an und lauschte. Alles war ruhig. Irgendwie hatte

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