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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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ihren Leib- und Magengerichten, ich hab sie mal drei Portionen hintereinander davon verdrücken sehen. Jedenfalls hat sie mich eines Nachts in die Hotelküche gescheucht. Die war aber schon zu. Für zwanzig Mark Trinkgeld hat mir ein Kellner schließlich ein Schälchen aus dem Kühlschrank geklaut.«
    Ich amüsierte mich königlich. »Warum schreiben Sie nicht selbst mal ein Buch, statt immer nur die Werke von anderen zu vermarkten? Wenn Sie diesen Job schon so lange machen, dürfte sich doch eine ganze Menge Stoff angesammelt haben?«
    »Geht leider nicht. In meiner Branche muß man diskret sein, und Diskretion ist, wenn man es nur einem weitererzählt.« Sie griff erneut nach einem Brötchen, legte es aber mit einem Seufzer zurück in den Korb. »Zwei sind genug, und Sie sind ja auch schon fertig. Besonders unangenehm beim Abnehmen ist nämlich, daß man nicht nur die eigenen Diätvorschriften beachten, sondern auch noch seinen Mitmenschen beim Essen zusehen muß.«
    Hm. Zwei Brötchen mit Wurst und Käse, dazu ein Ei, das klang eigentlich nicht nach Diät. Den Kaffee hatte sie allerdings schwarz getrunken.
    »Warum wollen Sie überhaupt abnehmen? Ich finde, zu Ihnen paßt das Rundliche.« Das war sogar ehrlich gemeint. Als schlanke Twiggy hätte ich mir Frau Schöninger überhaupt nicht vorstellen können, zumal sie trotz ihrer problematischen Figur sehr elegant angezogen war. »Wo kriegen Sie eigentlich die schicken Klamotten her? Meine Nachbarin zu Hause, die auch entschieden mehr drauf hat, als sie braucht, läuft immer in unmöglichen Kittelkleidern herum.«
    »Bei ›Mutter und Kind‹«, kam es prompt zurück, »es gibt nämlich sehr kleidsame Umstandsmode.«
    Ein Page legte einen Stapel Zeitungen auf den Tisch. »Na, dann wollen wir mal sehen, ob die Herren der schreibenden Zunft mit Ihnen zufrieden gewesen sind.« Sie griff nach dem obersten Blatt, ich angelte mir das nächste.
    »Seien Sie froh, daß Berliner Zeitungen bei Ihnen im Schwäbischen nicht gelesen werden, sonst wäre es aus mit Ihrer Anonymität. Herr Kokiarski hat dummerweise Ihren Wohnort genannt.« Schnell überflog sie den Artikel, dann reichte sie mir die Zeitung herüber. »Ist in Ordnung, klingt alles sehr positiv. Aber wann lernen die Brüder endlich, daß sie auch den Verlag erwähnen sollen? Wozu kriegen sie denn Rezensionsexemplare?
    Erstens ist das Werbung für uns, und zweitens sollte der potentielle Käufer wissen, bei wem das Buch erscheint.«
    Das leuchtete ein, war mir im Augenblick aber ziemlich egal. Ich sonnte mich in meinem Ruhm und rechnete aus, wie hoch der Umsatz wäre, wenn nur fünf Prozent der Zeitungsleser ein Buch von mir kaufen würden. Wie sich später herausstellte, kauften nur nullkommaundetwas Berliner eins.
    Herr Reichelt von der Morgenpost hatte gewissenhaft alles wiedergegeben, was ich ihm zwischen Bismarckhering und Autogrammen erzählt hatte, das Foto war aus Platzmangel weggefallen, worüber ich nicht traurig war, so legte ich die Zeitung zur Seite und schlug BILD auf.
    »Jugenderinnerungen: Hausfrau schrieb ein Buch darüber« prangte als Schlagzeile über den paar Absätzen, die weniger Raum einnahmen als die Überschrift. Aus der Riemeisterstraße hatte Herr Lüders einen Riemeisterweg gemacht, was immerhin noch verzeihlich war, aber der letzte Satz war nun wirklich ein Hammer! Da stand doch tatsächlich…
    »Das ist eine riesige Unverschämtheit! Und ein Schlag ins Gesicht jeder Hausfrau! So etwas habe ich niemals gesagt!!!«
    Empört hielt ich Frau Schöninger die Zeitung vor die Nase und wies mit dem Finger auf die betreffende Stelle. »Hier, lesen Sie mal! ›Wie die Mutter von fünf Kindern zur Schriftstellerei kam? Ich habe mich als Nur-Hausfrau so gelangweilt, sagt sie selber.‹«
    »Na und? Stimmt das denn nicht?«
    »Nicht in dieser Form. Wörtlich habe ich gesagt, daß ich Hausarbeit langweilig finde, unproduktiv, jeden Tag fängt man von vorne damit an, und daß ich mir deshalb einen Ausgleich gesucht habe, weil ich zum Handarbeiten zu dämlich bin und zum Malen zu untalentiert. Von Langeweile ist nie die Rede gewesen. Jetzt hört sich das so an, als ob sich bei uns zu Hause ein halbes Dutzend Dienstmädchen gegenseitig auf die Füße treten und ich lediglich die Rosen für den Mittagstisch zu schneiden habe. Das ist doch alles gar nicht wahr!«
    Frau Schöninger drückte mich auf den Stuhl zurück. »Nun regen Sie sich doch wegen dieser Lappalie nicht so auf. Darüber liest man hinweg,

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