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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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weiter. »Haben Sie sich als Jugendlicher eingeengt gefühlt oder bevormundet?«
    Auch diesmal brauchte Sven nicht lange zu überlegen. »Nein, wir haben immer an einer ziemlich langen Leine gehangen, aber komischerweise haben wir das nie ausgenutzt.« Und nach einer Pause: »Warum eigentlich nicht?« Diese Frage schien ihn schwer zu beschäftigen. Plötzlich bemerkte er, wie Herrn Jügelts Bleistift über das Papier flog. »Schreiben Sie das etwa alles auf?«
    »Nur Stichworte, ich suche mir später das Beste heraus.«
    »Dann können Sie ruhig schreiben, daß unsere Eltern im großen und ganzen okay sind. Natürlich haben sie Macken, Määms Ordnungswahn ist so eine, aber damit muß man eben leben. Wir kriegen unsere Eltern ja immer erst dann, wenn sie schon zu alt sind, ihre Gewohnheiten zu ändern.«
    »Kannst du Sven nicht mal ablösen?« flüsterte ich seinem Bruder zu. »Der Knabe wird mir zu mitteilungsbedürftig.«
    Nun ließ sich Sascha aushorchen, aber er parierte recht geschickt und ließ sich nicht aufs Glatteis führen. Da waren die Mädchen ergiebiger. »Wie alt seid ihr jetzt eigentlich?« erkundigte sich Frau Hellmers hei den Zwillingen.
    Die sahen sich etwas ratlos an. »Wie meinen Sie das?« hakte Katja nach. »Wenn wir mit der Bahn fahren, wenn wir ins Kino gehen, oder in Wirklichkeit?«
    Auf eine klare Antwort verzichtete die Fragerin. Scheinbar uninteressiert schob ich mich an die Gruppe heran. Sie stand an der Brombeerhecke, und als Steffi sich nach einer reifen Frucht reckte, druckte Frau Hellmers sofort auf den Auslöser ihrer Kamera. »Sehr schön, und nun noch mal alle zusammen! Würden Sie sich bitte dazustellen, Frau Sanders? Das gibt ein wunderhübsches Bild.«
    Wir markierten gemeinsame Erntefreuden. Danach buddelten wir im Erdbeerbeet, rochen an den Astern, Rolf mußte mit einer Säge auf die Leiter, während wir um ihn herum die noch gar nicht abgefallenen Birkenblätter zusammenharkten, und dann entdeckte Frau Hellmers die Wäschespinne.
    »Wie viele Maschinen haben Sie pro Woche?«
    »Fragen Sie lieber, wie viele es pro Tag sind«, seufzte ich. »Meistens zwei, in der winterlichen Schlammsaison werden es mehr.«
    »Und wo ist die Wäsche von heute?«
    »Die habe ich gestern schon gewaschen.«
    »Schade.« Ein bedauernder Blick streifte die leere Leine. »In der Vorstellung unserer Leser gehört zu einer kinderreichen Familie ein nie endender Berg Wäsche. Daß da nun gar nichts draufhängt, paßt nicht so richtig ins Bild.«
    Wenn es nur darauf ankam, so war dem abzuhelfen. »Im Keller stehen zwei Körbe voll Bügelwäsche!«
    Zusammengefaltet gab sie nicht viel her. Wir mußten sie nach oben schleppen und Stück für Stück wieder auf die Spinne hängen, sehr zum Erstaunen unserer Nachbarn, die ohnehin schon ringsherum in den Fenstern hingen und das absonderliche Treiben in unserem Garten verfolgten. Schließlich mußten wir uns zwischen die trockenen Handtücher und T-Shirts zwängen, möglichst unauffällig die hinderlichen Strippen von unseren Gesichtern fernhalten, und dann sollten wir »erschöpft« in die Kamera schauen. Es gelang uns ganz gut, denn allmählich waren wir es wirklich.
    Besonders Rolf hatte von diesen albernen Spielchen genug. Er befahl gemeinsames Mittagessen. Aus alten Zeiten war ich mit hungrigen Journalistenmägen vertraut, wußte, daß man ihnen mit belegten Broten nicht imponieren kann, die kriegen sie bei offiziellen Empfängen viel besser, deshalb hatte ich schon gestern einen gehaltvollen Eintopf gekocht: Gelbe Erbsen mit Schweinepfötchen und Spargel drin. Ja, ich weiß, diese Mischung ist weitgehend unbekannt, sie schmeckt aber, was mir von unseren Gästen auch mehrmals bestätigt wurde.
    Die Mädchen deckten den Tisch. Dazu mußte er längs hingestellt und ausgezogen werden. Sascha holte die noch fehlenden Stühle aus dem Keller, Rolf verteilte Gläser, Frau Hellmers knipste. Wie vor Beginn einer Vorstandssitzung sehe es aus, fand sie.
    »Normalerweise ist unsere Tischrunde kleiner«, erinnerte ich. »Seitdem die Jungs aus dem Haus sind und sich nur noch an hohen Feiertagen um den mütterlichen Freßnapf scharen, kommen wir mit weniger Platz aus. Größere Umbauten vor dem Essen sind nicht mehr nötig.«
    Sven hatte diskret seinen Wachszahn entfernt und löffelte mit gesenktem Kopf seine Suppe. Die Zwillinge dekorierten ihre Tellerränder mit Fleischstückchen. »Is so wabbelig.«
    »Ach ja«, sagte Herr Jügelt, »das wollte ich noch fragen:

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