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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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und Frank Yerby auf den Schreibtisch – »höchstens acht Zeilen!« – und verschwand.
    Weshalb also wunderte ich mich, daß die Besprechungen meiner eigenen Bücher auch nicht anders ausfielen als die, die ich oft genug selber verzapft hatte? Andererseits pflegen alle Klappentexte das jeweilige Buch in höchsten Tönen zu loben, seinen Inhalt als »atemberaubend« und »zu Herzen gehend« zu bezeichnen und den Autor als »Meister der Spannung« und »virtuosen Menschenkenner« zu preisen. Letztendlich sei jeder zu bedauern, der sich die Lektüre des hochgejubelten Werkes entgehen lasse.
    Bei mir stand auf dem Umschlag etwas von »tiefsinnigem Vergnügen« und »lebensechtem Lesespaß«, was ja durchaus positiv klang, aber nachdem ich in der dreiundzwanzigsten Besprechung und zum dreiundzwanzigsten Mal gelesen hatte, daß mein Erstling gleichermaßen verständnisvolles Schmunzeln und herzhaftes Lachen hervorrufe, konnte ich diesen Satz nicht mehr sehen! Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß sogar Verlegers selbst diese Eloge produziert hatten. Sie stand am Ende des Klappentextes und wurde von nahezu allen Rezensenten anstandslos übernommen.
    Bei den dann folgenden Büchern gab es nicht mehr nur Lobendes, und manchmal war ich sogar dankbar dafür. Da hatte doch ab und zu jemand wirklich das ganze Buch gelesen! Eine Kritikerin aus Köln bemängelte, daß ich die Kriegszeit so unangemessen heiter behandelt hätte (»Die Autorin hat wohl noch nie etwas vom Holocaust gehört?«), und wünschte allen Lesern, das Lachen möge ihnen im Halse steckenbleiben. Eine andere entdeckte zu viele Strickmuster der Trivialliteratur – an dieser Behauptung hatte ich schon ein bißchen länger zu kauen –, doch die vernichtendste Kritik kam von einem Buchhändler in Bad Kissingen. Trotzdem habe ich laut gelacht, weil sie so entwaffnend ehrlich war: »In dem Roman gibt es einen einzigen guten Satz: ›Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!‹ Ein paar Gramm davon könnte die Autorin wirklich brauchen!«
    Am meisten getroffen hat mich eigentlich ein Zeitungsmensch aus dem Ruhrgebiet, der seine an sich recht positive Besprechung mit dem Satz krönte: »Vielleicht hat sie ja wirklich Kinder!«
    Er selber hat garantiert keine! Sonst müßte er nämlich wissen, daß man Bücher über Kinder und Jugendliche gar nicht schreiben kann, wenn man nicht hautnah mit ihnen zusammenlebt, ihre Reaktionen abzuschätzen versucht, bis zum Gehtnichtmehr ihre oft saudummen Sprüche hören muß, sich immer wieder fragt, womit man denn bloß diesen Verein von unerzogenen Flegeln verdient hat, um dann irgendwann festzustellen, daß man sie eigentlich gar nicht anders haben will. Auch wenn man sie gelegentlich auf den Mond schießen oder in die Erziehungsanstalt stecken möchte. In ganz extremen Situationen kommt es sogar vor, daß man sie am liebsten ersäufen würde!
    Deshalb also allen Zweiflern das große Indianer-Ehrenwort: Ich habe tatsächlich fünf Kinder, die genauso normal (oder auch nicht!) sind wie die meisten anderen Kinder, und wenn ich manchmal den Eindruck erweckt haben sollte, wir seien eine typische Reader’s-Digest-Familie (auch so ein Kritiker-Ausspruch), in der es keinen Krach und erst recht keine Probleme gibt, so ist das gleichfalls ein Irrtum. Auch bei uns knallen gelegentlich die Türen und segelt eine Untertasse durch die Luft, aber diese Art von Aggressionsabbau halte ich für nicht besonders erwähnenswert. Und Probleme? Die hatten wir in genügender Menge. Zum Beispiel damals, als ich Sascha im Geiste schon als Prozentzahl hinterm Komma in der bundesdeutschen Kriminalstatistik gesehen hatte!
    In unserem Nachbarort steht ein Schloß, was an sich nicht weiter bemerkenswert ist, denn Schlösser gibt es hier überall. Immerhin war Götz von Berlichingen in dieser Gegend beheimatet, und noch heute lebt die hiesige Fremdenverkehrsindustrie vom Mann mit der eisernen Faust. Die meisten Schlösser sind verfallen, aber einige sind noch immer recht gut erhalten, und das sind vermutlich jene, in denen der Götz nie sein Unwesen getrieben hat.
    Dieses Schlößchen im Nachbarort ist unbewohnt. Meistens. Gelegentlich nächtigen dort jedoch Leute, die man normalerweise in Schlössern nicht vermutet. Sie kampieren in Schlafsäcken auf dem Parkettfußboden, kochen im Park ihr Süppchen und preisen die Großmut ihres Mäzens, der ihnen diesen Zufluchtsort zur Verfügung gestellt hat.
    Der Mäzen ist Ende Dreißig, einsneunzig groß, trägt einen

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