Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Hagebutten-Mädchen

Das Hagebutten-Mädchen

Titel: Das Hagebutten-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
Vom Netzwerk:
Hals hinunterrinnen. Er fühlte, dass sich der Hustenreiz legte und auch die ausbrechende Wut gezähmt wurde. Er holte tief Luft.
    »Sie sind erstaunlich, Seike Hikken. Wirklich erstaunlich. Ich mache Ihnen hier und heute ein ziemlich großzügiges Angebot und Sie lachen mich aus. Können Sie sich das wirklich erlauben?«
    Wieder knabberte sie an einer Gurke. »Ich bitte Sie, Herr Bonnhofen, nun seien Sie mal nicht beleidigt. Selbstverständlich werde ich Ihr Anliegen dem Verein vortragen, vielleicht sehen die anderen Mitglieder es ja zu Ihren Gunsten, wer weiß? Ich kenne die Finanzlage nicht so genau, da meine Aufgaben im Heimatverein woanders liegen. Ich habe keine Ahnung, wer nun nach Kai Minnert die Verantwortung für das Inselhuus übernehmen will. Ich vermute mal: Keiner! Und dann sehen Ihre Chancen schon ganz anders aus, auch ohne Ihre übertriebenen Flunkereien.« Seike Hikken erhob sich und gab ihm somit unmissverständlich zu verstehen, dass seine Zeit gekommen war.
    »Zwei Tage, hören Sie, zwei Tage kann ich Ihnen und Ihrem Verein geben. Dann müssen Sie mir zu oder absagen. Ich bin ein erfolgreicher Geschäftsmann und habe kein Interesse an einem zeitraubenden Hin und Her.«
    Sie lächelte ihn immer noch an, anscheinend schien sie ihm seine Unehrlichkeit nicht nachzutragen. »So gefällt mir das Gespräch schon viel besser, Herr Bonnhofen. Sie geben mir zwei Tage Zeit, Sie sagen mir die Summe von 1,2 Millionen Euro und Sie machen keine Faxen mehr, indem Sie über Denkmalschutz reden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie nicht vorhaben, das Inselhuus weiterhin der Juister Dorfgemeinschaft zur Verfügung zu stellen, ist es nicht so?«
    Jetzt musste er ehrlich sein, sonst war alles verloren. Er nickte schulterzuckend.
    »Keine Ausstellungen von einheimischen Künstlern, kein Museumszimmer, kein Plattdeutschunterricht für die Juister Kinder. So wird es doch aussehen, nicht wahr?«
    »Liebe Frau Hikken, ich sage Ihnen nicht alles, nur: Zwei Tage, 1,2 Millionen. So sieht mein Angebot aus, der Rest wird sich zeigen, denke ich. Es gibt doch für alles Verträge. Hier haben Sie meine Karte, ich bin über mein Handy jederzeit erreichbar und hoffe, Sie laden mich zu Ihrer Unterredung mit den Vereinsmitgliedern ein.«
    Er griff nach dem Mantel, den er über die Stuhllehne gelegt hatte. Auf der Sitzfläche darunter lag ein kleines Päckchen. Es war allem Anschein nach hektisch geöffnet worden, ein weißer, bedruckter Zettel lag daneben.
    »Femtest – Sicher in nur fünf Minuten«. Ein Schwangerschaftstest. Bingo!
    »Und wie geht es Ihnen so finanziell? Sie sind allein stehend, haben ein Kind… oder vielleicht sogar bald zwei?« Er machte eine wirkungsvolle Pause. »Könnten Sie nicht ein paar Euro zusätzlich gebrauchen?«
    Sie starrte ihn entsetzt an. Hatte er es zu weit getrieben? Aber zurück konnte er nicht mehr. »Ich denke nur an die Unmengen von sauren Gurken, die Sie eben verputzt haben, also nehme ich an, der Test hier war positiv. Und da Sie allein leben, nehme ich an, dass der Kindsvater nicht unbedingt Ihr Ehemann ist.« Er zögerte nicht wirklich lange. »Also sagen wir… fünftausend Euro, in kleinen Scheinen direkt auf Ihre zarte Hand. Und auch dieses Angebot gilt nur zwei Tage, hören Sie?« Er trat zur Tür und drückte die Klinke herunter. Bonnhofen war sich nicht sicher, ob es besser war, mit einer dummen oder einer klugen Frau zu verhandeln. Er hatte sich diese kurze Stippvisite bei Seike Hikken anders vorgestellt. Einfacher.
    Er drehte sich um, lief auf die Straße, konnte gerade noch einem Pferdehaufen ausweichen und schritt hastig in Richtung Kurplatz. Ein Bier wollte er trinken. Und mit den anderen feiern und schunkeln. Es war wichtig, die anderen Juister für sich zu gewinnen, und zwar am besten noch heute. Unter Männern konnte er immer noch die besten Geschäfte abschließen.
    Doch ärgerlicherweise übernahm diese Frau den Posten der kommissarischen ersten Vorsitzenden mit einer geradezu gelassenen Selbstverständlichkeit, keine Spur von Unsicherheit oder Überforderung, womit Bonnhofen eigentlich fest gerechnet hatte. Damit und mit Trauer, mit Bestürzung, mit einer lähmenden Betroffenheit über den gewaltsamen Tod von Kai Minnert. Doch fast nichts dergleichen hatte sich bei Seike Hikken gezeigt, als er ihr gleich zu Anfang des Gesprächs von diesem merkwürdigen Todesfall erzählte. Sie hatte den Kopf geschüttelt und eine gute Freundin angerufen, um ihr die Neuigkeit zu

Weitere Kostenlose Bücher