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Das halbe Haus: Roman (German Edition)

Das halbe Haus: Roman (German Edition)

Titel: Das halbe Haus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Cynybulk
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Leipziger Hauptbahnhof. Im Hauptbahnhof legten wir jeweils mehrere Schriften an die Telefonzellen, auf den Querbahnsteig, vor die Schalter in der Osthalle, insgesamt etwa 30   Stück.
    Vom Bahnhof begaben wir uns über die Goethestraße zum Café Hochhaus am Karl-Marx-Platz, wo wir ebenso wie in der Theaterpassage jeweils etwa 4   Schriften anklebten. Beim Ankleben der Schriften in der Theaterpassage wurden wir von VP-Angehörigen festgenommen. Die Festnahme erfolgte gegen 23.30   Uhr.
    Auf die geschilderte Weise verbreiteten PFEIFFER, Rüdiger und ich insgesamt 80 bis 100   Schriften. Die insgesamt 50   Schriften, die wir bei unserer Festnahme bei uns hatten, wollten wir noch in der Leipziger Innenstadt anbringen und auslegen. Der größte Teil der von uns hergestellten Schriften befindet sich noch in Zeitungspapier verpackt auf dem Rücksitz meines abgestellten PKW. Möglicherweise sind auch noch Schriften im Handschuhfach des PKW. Diese Schriften wollten wir in anderen Stadtgebieten Leipzigs auf die gleiche Art und Weise verteilen und anbringen.
    Ich möchte noch ergänzen, daß eine gebrauchte Tube
    „Kittifix“, nachdem deren Inhalt verbraucht war, von mir die Brücke südlich des S-Bahn-Haltepunktes Messegelände auf das Gelände der Deutschen Reichsbahn hinuntergeworfen wurde.
    Die Durchführung dieser Aktion ist mir nicht konkreter erinnerlich, und ich kann dazu keine konkreteren Angaben machen.
    Frage: Welche Maßnahmen zur Absicherung Ihrer Anonymität bei dieser Aktion realisierten Sie?
    Antwort: Wir hatten uns stets umgesehen, ob wir beobachtet werden oder andere Personen in der Nähe waren. Damit wir die Zettel besser greifen konnten und uns nicht mit Leim beschmutzten, hatten wir die Finger von Gummihandschuhen abgeschnitten, die wir über unsere Finger zogen, wenn wir die Schriften anfaßten. Meine Gummihandschuhe hatte ich am Morgen des 11.03.1983 in einer Drogerie am „Kreuz“ gekauft und zerschnitten.
    Frage: Warum wollten Sie nicht als Urheber dieser Schriftenaktion bekannt werden?
    Antwort: Aufgrund des Inhaltes des Textes war mir klar, daß eine Verbreitung dieser Schreiben nicht den Interessen der DDR entspricht, die Staatsorgane der DDR darauf reagieren und wir mit Sanktionen seitens der DDR im Falle unserer Entdeckung rechnen müßten. Zu einer derartigen Auffassung gelangte ich auch, da ich weiß, daß seitens der DDR-Organe auch gegen Losungen wie „Schwerter zu Pflugscharen“ oder
    „Frieden schaffen ohne Waffen“ vorgegangen wurde.
    Frage: Welche Vereinbarungen und Festlegungen hatten Sie für den Fall Ihrer Entdeckung getroffen?
    Antwort: Dazu habe ich mit niemandem Vereinbarungen oder Festlegungen getroffen, da ich nicht mit unserer Entdeckung gerechnet habe.
    Frage: Wer weiß von Ihrer Aktion zur Verbreitung diskriminierender Schriften?
    Antwort: Davon hat außer den Beteiligten, PFEIFFER, Rüdiger und mir, niemand Kenntnis.
    Frage: Warum führten Sie diese Aktion am Abend des 12.03.1983 durch?
    Antwort: Das ergab sich aus unserer Überlegung, daß wir die hergestellten Schriften aus Sicherheitsgründen schnell aus dem Haus haben wollten, und aus der Tatsache, daß am 13.03.1983 die Leipziger Frühjahrsmesse 1983 eröffnet wird und wir diesbezüglich hofften, möglichst viele Menschen mit unseren Schriften konfrontieren zu können.
    Frage: Was veranlaßte Sie zur Auswahl und Festlegung der Orte der Durchführung Ihrer Aktion?
    Antwort: Auch diesbezüglich war unsere Überlegung, daß möglichst viele Menschen die Schriften lesen sollten, ausschlaggebend. Da unseren Überlegungen zufolge in der Innenstadt und um das Messegelände zur Messe die meisten Menschen sind, legten wir diese Orte fest, um unsere Vorstellung zu realisieren.
    Frage: Wozu realisierten Sie die Herstellung und Verbreitung dieser diskriminierenden Schriften?
    Antwort: Wir wollten die DDR-Bürger anregen, überhaupt bzw. intensiver über die Möglichkeit der Friedenssicherung durch die Verbesserung der persönlichen Kontakte nach der Völkerverständigung sowie die KSZE-Schlußakte und deren Verwirklichung durch die DDR nachzudenken. Wir wollten verdeutlichen, daß auch seitens der DDR zwar viel vom Frieden geredet wird, bisher jedoch keine Fortschritte zur Friedenssicherung erzielt wurden. Diesbezügliche Fortschritte halten wir aber hauptsächlich realisierbar durch eine Einhaltung der KSZE-Schlußakte seitens der DDR in bezug auf die Festlegungen zur Verbesserung der Reisemöglichkeiten, im Bereich der

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