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Das halbe Haus: Roman (German Edition)

Das halbe Haus: Roman (German Edition)

Titel: Das halbe Haus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Cynybulk
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mit Schnauzbart und fremdem Zungenschlag.
    »Die Dame und ich, wir spielen eine Runde.«
    Der dunkle Mann beugt sich aus dem Fenster und sieht Polina an. »Ist recht«, sagt er und legt zwei Eisenstäbe, zwei Kladden mit festgebundenen Stiften und einen Ball mit Dellen auf die Ablage. »Aber net wieder bescheißen an Loch neun, gell, Hermann.«
    »Von wegen, Arafat«, sagt Hermann.
    »Die Dame muss aufpassen, dass der Hermann net dauernd bescheißt«, sagt der dunkle Mann zu ihr.
    »Arafat, mach den Schlund dicht«, sagt Hermann gutmütig.
    »Nix für ungut. Wir frotzeln doch immer, gell.«
    Hermann nimmt das Zubehör und fragt: »Haben Sie schon einmal Minigolf gespielt, Paulina?«
    »Nein.«
    Ob geknickt oder gebogen, die Bahnen enden immer in einem Rondell mit Loch. Auf Bahn neun muss der Ball über eine schmale Rampe in ein Netz bugsiert werden. Zur Schadenfreude ihrer Freundinnen fegt eine ondulierte Dame den Ball wieder und wieder ins Gras. Hermann legt ihren Ball auf Bahn eins, stellt sich daneben, trippelt, schwenkt den Kopf vom Ball zum Loch und schlägt ein paar Mal ins Leere. Dann schiebt er die Füße vor, klappt den Kopf nach links und zurück und schlägt. In seiner Kladde notiert er, dass er zwei Schläge benötigt hat. »Jetzt Sie, Paulina.«
    Sie braucht vierzehn Schläge. An Bahn drei, einem Looping, sagt sie nach siebenundzwanzig Versuchen, dass ihr Minigolf zu albern sei. »Ich finde nicht, dass erwachsene Menschen ihre Zeit damit vertun sollten, kleine Bälle in kleine Löcher kullern zu lassen.«
    »Ich finde es ungeheuer entspannend«, sagt Hermann enttäuscht. »Man vergisst die Alltagssorgen.«
    »Die Leute hier wirken nicht, als hätten sie Sorgen.«
    »Jeder hat Sorgen, Paulina.«
    »Können wir gehen, Hermann?«
    Am Kiosk kauft Hermann zwei Eis, die so fest gefroren sind, dass sie nicht hineinbeißen kann.
    »Auf bald, Hermann«, sagt der dunkle Mann.
    »Alaikum salam, Arafat«, sagt Hermann.
    »Vielleicht sieht man sich ja einmal wieder«, sagt der dunkle Mann und reicht Polina die Hand. Als sie ihm ihre Rechte hinhält, beugt er sich aus dem Fenster und gibt ihr einen Handkuss. Sie muss an Mo denken.
    Auf dem Parkplatz begegnen sie Bernhard und Kuhns Liesl. »Ach«, sagt Liesl, »der Jaguar.«
    »Wir waren Minigolf spielen«, sagt Hermann und deutet zum Park.
    »Wir waren Tretboot fahren«, antwortet Bernhard, »will sagen, ich habe getreten, und Madame hat so getan.«
    »Jedem Tierchen sein Pläsierchen«, sagt Liesl. Sie sieht klein und zerzaust aus, Bernhard ist schlecht rasiert.
    »Wir gehen gerade«, sagt Polina, die Liesl um einen Kopf überragt. »Ich muss heute noch zum Roten Kreuz, wegen Franks Sache.«
    »Bist du zur Vernunft gekommen«, sagt Liesl. »Und vergiss nicht unsere Sache, du schuldest mir. Zu sieben Prozent.«
    »Sei gewiss«, sagt Polina, »auf Heller und Pfennig, mit Zins und Zinseszins will ich dir alles vergelten.«
    »Auf Wiedersehen«, sagt Hermann und tippt sich an die Mütze.
    »Do swidanja«, sagt Bernhard und salutiert.
    Bevor sie in den Jaguar steigt, hört sie leise, aber deutlich das Wort »Undank«.
    »Seien Sie mir nicht böse, Hermann, aber ich mache mir nichts aus diesem Minigolf«, sagt sie, als sie langsam den Auenweg entlangfahren. Auf der breiten Wiese zu ihrer Linken werden Segelflugzeuge von einer Winde in den blauen Himmel gezogen, auf der anderen Seite des Wegs rollt eine Walze über den roten Sand eines Tennisplatzes.
    »Ich kann Ihnen gar nicht böse sein«, sagt Hermann. »Es ist schon mittags durch, wie wäre es, wenn ich Sie zum Essen einlade?«
    Dreimal haben Liesl und Bernhard sie zum Essen ausgeführt. Zum Jugoslawen, zum Italiener und zum Griechen. Sie lernte Schichtnudeln und Öl von Oliven kennen, erfuhr, dass Wein Kork oder Körper haben kann und dass Spaghetti alla carbonara oder al dente sein können. Das eine betrifft die Soße, das andere den Zustand. Genau hat sie es nicht verstanden. Nur an Liesls Lachen hat sie gemerkt, dass sie etwas nicht wusste. Dieses Liesl-Lachen sollte gutmütig klingen, klang aber doch nur herablassend. Aus diesem Lachen konnte sie ihren Fehler, ihre grundsätzliche Dummheit und die Jahre in der falschen Welt heraushören.
    »Meine Schwester wird sich freuen«, sagt er und beschleunigt den Wagen. »Gleich da vorn an der Löwenbrücke ist der Schweizerhof. Vier-Sterne-Hotel und Feinschmeckerrestaurant. Seit zwanzig Jahren in ihrer Pacht.«
    Sofort bereut sie ihre Zusage. Natürlich, sie weiß, wie man

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