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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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ein Verräter bin. Im Mund der Könige folgt dieser Beschuldigung das Todesurteil, im Mund einer Frau entehrt sie. Töten Sie mich als Königin; aber als Frau schonen Sie mich.«
    Marie-Antoinette seufzte. Welches Kind steckte in diesem jungen Mann. Doch wollte sie sich nicht von Rührung bewegen lassen, und so appellierte sie an seinen männlichen Sinn.
    »Sprechen wir, ich als Königin, Sie als Mann. Ihre Wunde, sagte mir Doktor Louis, sei an sich ungefährlich, nur Ihr ausschweifen-der Geist hat Sie in diesen Zustand gebracht. Wann hören Sie auf, Monsieur, dem Doktor das peinliche Schauspiel einer Narrheit zu bieten, die ihn beunruhigt? Wann verlassen Sie das Schloß?«
    »Madame«, stammelte Charny, »Sie schicken mich fort. Ich gehe, ich gehe …«
    Er machte eine so hastige Bewegung, um davonzueilen, daß er das Gleichgewicht verlor und der Königin, die ihm in den Weg trat, in die Arme sank.
    Kaum hatte er diese Berührung gefühlt, als sein Verstand ihn gänzlich verließ und sein Mund sich zu einem verzehrenden Stöhnen öffnete. Die Königin, selber unter dieser Berührung brennend, wollte sich der ungewollten Umarmung entziehen, aber Charny war bereits niedergestürzt, sein Kopf schlug gegen die Stuhllehne, und Blut von seiner Stirn tropfte auf Marie-Antoinettes Hand.
    Da vergaß sie alles, nahm seinen leblosen Kopf in ihre Arme und legte ihre eiskalte Hand auf sein Herz.
    Die Liebe wirkt Wunder. Charny öffnete die Augen, und die Königin erschrak. Sie wurde sich bewußt, daß sie neuerdings Boden für den Wahn Charnys bereitet hatte. Sie eilte mit den Worten zur Tür: »Herr de Charny, wenn Sie nicht der schlech-teste aller Menschen sind, verlassen Sie noch heute abend dieses Schloß.«
    Die Tür war bereits geöffnet. Andrée sah den jungen Mann auf Knien, die Königin wankend. Olivier de Charnys Augen glänzten vor Stolz und Hoffnung, während die Königin den erloschenen Blick auf den Boden heftete. Ins Herz getroffen, von Haß und Abscheu erschüttert, beugte Andrée nicht den Kopf. Langsam und feierlich wie ein Schatten entfernte sie sich, nachdem die Königin eilig davongegangen war.
    Anderntags erbat sie ihren Abschied, um ins Kloster zu gehen.
    Ein Finanzminister
    Ein Billett Madame de La Mottes hatte die Königin, die nach Andrées Weggang tief betrübt war, wieder aufgeheitert. Es enthielt die Versicherung, daß der Kredit geregelt sei und daß die Ware vertraulich geliefert werde. Lächelnd verbrannte die Kö-
    nigin das Schreiben und sah mit einiger Spannung dem Besuch Herrn de Calonnes, des Finanzministers, entgegen. Von seiner Bereitwilligkeit hing es ab, ob der Schmuck wirklich ihr Eigen-tum würde.
    Mit Herrn de Calonne hat die Geschichte sich ausführlich beschäftigt, aber der Roman, der die großen Perspektiven weniger genau aufzeigt, kann die Phantasie vielleicht mehr durch Details befriedigen.
    Herr de Calonne war ein Mann von Witz, von sehr viel Witz sogar. Jener Generation der zweiten Jahrhunderthälfte zugehö-
    rig, die weniger den Tränen als der Vernunft anhing, hatte er das Unglück, das über Frankreich schwebte, klar erkannt und sein Interesse mit dem allgemeinen verbunden. Wie Ludwig XV. sagte er sich: Nach uns die Sintfl ut! und suchte überall Blumen, den unaufhaltsamen Weg in den Abgrund damit zu bestreuen.
    Calonne hatte von d’Alembert rechnen, von Diderot logisch schlußfolgern, von Voltaire spotten und von Rousseau träumen ge-lernt. Er war stark genug, dem volkstümlichen Necker, seinem ge-scheiterten Vorgänger im Amt, ins Gesicht zu lachen. Necker, dessen Rechenschaftsberichte über die katastrophale Finanzsituation des Landes ganz Frankreich aufgeklärt hatten, wußte Calonne in den Augen derer lächerlich zu machen, die ihn noch eben so sehr gefürchtet hatten. König und Königin, die vor Necker gezittert hatten, gewöhnten sich allmählich daran, ihn von einem elegan-ten Politiker verspottet zu sehen, der alle Berechnungen summa-risch mit dem Witzwort erledigte: »Wozu soll man sich bemü-
    hen zu beweisen, daß man nichts beweisen kann?«
    In der Tat hatte Necker zuletzt nur mehr bewiesen, daß er außerstande war, die Finanzen zu sanieren; Herr de Calonne übernahm diese Aufgabe, als ob sie für seine Schultern zu leicht wäre.
    Was hatte Necker gewollt? Reformen. Sein Reformismus hatte die Geister erschreckt, denn nur wenige konnten dabei gewinnen und diese wenigen auch nur wenig; viele aber verloren dabei um so mehr. Wenn Necker eine gerechtere

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