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Das Halsband des Leoparden

Das Halsband des Leoparden

Titel: Das Halsband des Leoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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fünf für die Lebensrettung und fünf für das Resultat. Dort hinter den Beiden Fingern ist einenges Tal, in dem Cork Callaghan früher seine Goldmine hatte. Ein fabelhaftes Zufluchtplätzchen. Bestimmt stehen da noch irgendwelche Hütten, also haben sie ein Dach überm Kopf. Wasser gibt es auch. Und die Hauptsache, niemand kann rein. Aus der Position lässt sich eine ganze Armee abwehren.«
    Er hatte recht. Von den beiden Steinsäulen aus konnte man den gesamten freien Raum überblicken und beschießen. Ein Wunder, dass der Posten sie nicht bemerkt hatte – dank dem vorsichtigen Scott.
    »Ist denn da gar nichts zu machen?«, fragte Fandorin besorgt. »Gibt es keinen anderen Zugang?«
    Scott grinste.
    »Nein, hier nicht, aber du hast ins Schwarze getroffen, Freund. Man kann sie dort belagern wie den Bären in seiner Höhle. Hinter diesen Steinblöcken da werden Schützen postiert, die den Spalt im Visier halten. Dazu braucht es so vierzig bis fünfzig Mann. Und dann kann man Verhandlungen führen. Die Trümpfe wären in unserer Hand. Dies eben war eine zusätzliche Konsultation. Macht insgesamt zwanzig Dollar.«
    »Achtzehn fünfzig. Für Konsultationen sind dreißig P-Prozent Rabatt vorgesehen«, antwortete Fandorin im gleichen Ton; er spürte, wie er allmählich ein richtiger Amerikaner wurde.

    Wieder im Dienst

    »Das Dream Valley ist nicht mein Gebiet«, wiederholte der Stadtmarshal Ned O’Peary bestimmt zum zwanzigsten Mal. »Wenden Sie sich an den Bundesmarshal in Crooktown.«
    »Dazu ist keine Zeit«, sagte Fandorin zum einundzwanzigsten Mal. »Wir müssen das Mädchen retten.«
    Melvin Scott saß auf dem Fensterbrett und trank ab und zu ausder Flasche. An dem Gespräch beteiligte er sich nicht, er hatte Fandorin zu dem Splitstoner Gesetzeshüter gebracht und sah damit offenbar seine Mission als erfüllt an.
    »Nur wird der Bundesmarshal nicht tätig werden.« O’Peary blickte mit schmalen Augen nachdenklich auf eine summende Fliege. »Es ist niemand getötet worden. Ein Weib wurde entführt, na wennschon. Vielleicht will jemand sie heiraten.«
    Der Pink griente, sagte aber nichts. Der Marshal blickte sichtlich neidisch auf dessen Flasche.
    »Und überhaupt, Gentlemen, es wird langsam Abend, meine Dienstzeit ist zu Ende. Ich gehe in den Saloon, etwas essen.« O’Peary stand würdevoll auf.
    »Du hast bloß Schiss, du alter Spitzbube«, sagte Scott und verkorkte die Flasche. »Aber wenn du deinen Hals nicht selber riskieren willst, dürfen vielleicht andere es tun?«
    Der Marshal war kein bisschen beleidigt, ganz im Gegenteil. Sein Gesicht hellte sich auf, und er setzte sich wieder.
    »Aber gern.« Er zog den Tischkasten auf und legte zwei Blechsterne hin. »Also, heben Sie beide die rechte Hand und sprechen Sie mir nach: ›Ich schwöre, die Bundesgesetze und die Gesetze des Staates Wyoming einzuhalten. Ich schwöre, die mir erteilten Vollmachten nicht zu überschreiten. Ich schwöre …‹«
    »Halt’s Maul«, unterbrach ihn der Pink und schob die beiden Sterne zu Fandorin hin. »Nun kannst du dich zum Teufel scheren.«
    O’Peary schnappte seinen Hut und sprang zur Tür hinaus.
    »Was b-bedeutet das?«
    Fandorin nahm einen der Sterne und betrachtete ihn. Darauf stand »Deputy Marshal«.
    »Ein Marshal hat das Recht, eine beliebige Anzahl von Deputy Marshals zu vereidigen, das sind Hilfsmarshals. Die wiederum können die Possies einberufen.«
    »Was können sie einberufen?«
    »Die Possies. Na, die freiwillige Bürgerwehr.«
    Das nette Wort kommt wohl vom lateinischen posse comitatus, mutmaßte Fandorin.
    Scott spuckte dem entwichenen Marshal hinterher.
    »Mehr hätten wir bei Ned sowieso nicht erreicht. Aber auch das nützt nicht viel.«
    »Warum nicht?«
    »Weil niemand mit dir gehen wird. Du bist hier fremd.«
    Sie gingen hinaus auf die Straße und ließen die Tür zum Kontor offen. Zu stehlen gab es hier ohnehin nichts.
    »Und mit dir?«
    »Mit mir würden sie schon gehen. Wenn ich guten Lohn verspreche und obendrein anständig was zu trinken. Aber ich kann nicht Hilfsmarshal sein. Erstens dürfen wir Pinks das nicht. Zweitens habe ich dir schon gesagt, ich setz mich nicht den Kugeln aus. Zu zweit gegen eine ganze Bande? Für kein Geld.«
    Wie viel Zeit schon verloren ist, dachte Fandorin. Die Rückkehr aus dem Tal, die Versuche, den Marshal zu überreden. Und in zwei Stunden wird es dunkel.
    »Nicht zu zweit. Erstens. Den Kugeln brauchst du dich nicht auszusetzen. Zweitens. Und du bekommst

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