Das Halsband des Leoparden
dunkel.
In dem recht geräumigen Zimmer brannte eine Petroleumlampe mit Stoffschirm. Auf dem Fußboden lagen ein paar Bisonfelle. Es gab einen Schrank mit Spiegel, einen ordentlichen Tisch und ein paar Sessel. Die Gefangene saß nicht auf einem Haufen fauligenStrohs, sondern auf einem großen Eisenbett zwischen weichen Kissen.
Die geraubte Nastja sah nicht eben verhärmt aus.
Dennoch freute sie sich über ihren Retter. Sie sprang vom Bett, kreischte jubelnd auf, fiel Fandorin um den Hals und küsste ihn schallend ab.
»Sind Sie w-wohlauf?«, fragte er für alle Fälle, obwohl er sah, dass sie bei bester Gesundheit war. »Dann kommen Sie schnell. Wir müssen weg. Die Banditen können jeden Moment hier sein.«
Wie zur Bestätigung dieser Worte tönte vom Eingang her ein Schuss, noch einer. Masa fluchte auf japanisch, er hatte wohl daneben geschossen.
Als Antwort krachten mehrere Schüsse, gedämpft durch die dicken Wände.
»Wohin denn?«
Die Schöne rührte sich nicht vom Fleck, blickte aber den besorgten Fandorin zärtlich an.
»Hier muss irgendwo noch ein Ausgang sein. Wissen Sie was davon?«
Nastja zuckte die Achseln.
»Im Hintergrund der Höhle habe ich einen Stollen gesehen. Aber dahin geh ich nicht. Da ist es bestimmt dreckig. Da sind Fledermäuse und anderes Ungeziefer.«
Er sah sie verblüfft an.
»Aber wir können sie nicht lange abwehren! Mein Gehilfe hat nur noch wenig M-Munition!«
»Dann wehren Sie sie nicht ab. Fliehen Sie. Aber mich lassen Sie hier.«
»Warum denn das?«
Nastja verzog das hübsche Gesichtchen.
»Wieder zu meinen Siedlern?« fragte sie langgedehnt. »Die können mich! Hier ist es lustiger. Und die Kavaliere sind interessanter.«
Sie rekelte sich wohlig und ähnelte nun einer verwöhnten Katze. Das sind sie, die Früchte der sozialistischen Erziehung, dachte Fandorin schaudernd. Erst jetzt entdeckte er auf dem Tisch eine Flasche Wein, eine Schale mit Obst und eine Schachtel Schokoladenkonfekt.
»Die Jungs sind natürlich ein bisschen grobschlächtig«, fuhr das Mädchen nachdenklich fort. »Aber das macht nichts. Man kann sie dressieren. Eine kluge Frau, allein unter Männern, kann sich stets gut einrichten. Wenn sie nicht die Geistesgegenwart verliert. Schauen Sie, was ich geschenkt bekommen habe!« Sie zog unterm Kleid ein Nugget am Kettchen hervor. »Das ist besser als die Spitzenwäsche von Kusma Lukow.«
Wieder krachte ein Schuss.
»Herr, ich habe nur noch drei Patronen!«, rief Masa. »Tragen Sie das Mädchen, wenn sie nicht gehen kann! Wir müssen weg!«
»Einen Moment noch!«, antwortete Fandorin laut. »Aber Nastja, wie soll das mit Ihnen w-weitergehen? Haben Sie mal daran gedacht?«
»Aber ja.« Sie lächelte zauberhaft. »Ich sammle noch mehr Geschenke wie dieses. Hier sind zwei oder drei sehr nette junge Männer. Davon suche ich mir den aus, der am sympathischsten ist. Mit dem geh ich weg. Das Leben hat so viel Interessantes zu bieten!«
Fandorin sah die berechnende Schöne mit Abscheu an. Von wegen Traum der Vera Pawlowna 3 ! Der Apfel war doch sehr weit vom Baum mit der schönen Seele gefallen. Um dieses kleine Raubtier zu retten, hatten sie solche Anstrengungen unternommen, mehrere Menschen hatten das Leben verloren, darunter der arme Melvin Scott, der nun doch nicht ins Gelobte Land gelangt war, in dem die Menschen unbewaffnet durch die Straßen gehen.
Ein Samurai im Mittelalter würde das Flittchen in zwei Hälftenzersäbelt und dies als edle Tat angesehen haben. Fandorin beschränkte sich darauf, einen Schritt rückwärts zu treten.
Nastja missverstand seine Bewegung.
»Aber ich ändere meinen Plan, wenn Sie mir versprechen, mich mit sich zu nehmen«, gurrte sie. »Mit einem Mann wie Ihnen gehe ich bis ans Ende der Welt. Da krieche ich sogar in einen Keller mit Fledermäusen.«
»Nein, nein, bleiben Sie nur.« Er stockte. »Ich wünsche Ihnen ein interessantes Leben, Gnädigste.«
Masa schnaufte ungeduldig vor der Tür.
»Wo ist das Fräulein?«, fragte er. »Wir werden sie tragen müssen.«
»Das w-werden wir nicht. Wir gehen ohne sie.«
Fandorin schritt rasch in die Tiefe der Höhle, wo es nach Nastjas Worten einen Stollen geben sollte. Aber von hinten erreichten ihn Worte, die ihn zwangen, stehenzubleiben.
»Das ist gut, Herr. Denn zwei zu tragen wäre selbst für einen so ausdauernden Mann wie Sie zu schwer.«
Der Japaner stand an die Wand gelehnt und hielt sein verwundetes Bein hoch. Er war sehr blass und taumelte leicht.
»Tut mit
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