Das Halsband des Leoparden
getroffen!«, klagte Masa im Aufstehen.
Auf seinem Hosenbein aus derbem blauem Gewebe breitete sich rasch ein dunkler Fleck aus.
»Straff abbinden!«, gebot Fandorin missmutig.
Alles war schiefgelaufen! Und die größten Unannehmlichkeiten lagen noch vor ihnen.
Die Schwarzen Tücher, die das Schießen gehört hatten, kamen zu den Zwei Fingern gerannt. Fandorin griff sich eines der Gewehre und schoss. Sie warfen sich hin, schossen aber zurück. Kugeln knallten gegen die Steine, ein Querschläger zwitscherte an Fandorins Ohr vorbei.
Alle Banditen waren nicht im Auge zu behalten, der eine oder andere würde gewiss durchschlüpfen, und dann kamen er und Masa nicht mehr von dem Teufelsfelsen herunter. Und Masa würde verbluten.
»Und da soll man noch Vertrauen haben zu den Spezialisten«, schimpfte Fandorin auf den gefallenen Pink. »›Es gibt keinen zweiten Ausgang, es gibt keinen zweiten Ausgang.‹ Wir müssen schleunigst weg von hier. Steig als Erster runter, Hinkebein!«
Er schoss noch ein paarmal zwischen den Steinen hindurch, konnte aber nicht mehr richtig zielen. Die Schwarzen Tücher waren schon ganz nahe, feuerten ununterbrochen und, das musste man ihnen lassen, ziemlich treffsicher.
Während Masa ächzend die Stufen hinabkletterte, beugte sich Fandorin über den Blauäugigen. Der lag bewusstlos da, den Kopf zurückgeworfen.
An seinem Hals zuckte schutzlos der Adamsapfel.
Mochte er leben, zum Teufel mit ihm.
Fandorin hob seinen Herstal auf und schoss ein paarmal hinunter, um die Banditen noch etwas aufzuhalten. Dann rannte er seinem Diener hinterher.
Es gab nur einen Weg – in den Felsspalt hinab, zu dem Stollen.
Sie erreichten die Holzbaracke, in der wohl früher die Goldsucher gewohnt hatten.
»Nastja? Wo stecken Sie?«, rief Fandorin und stieß die Tür auf.
Ein langer schmutziger Raum. Auf dem Fußboden Decken, Sättel, leere Flaschen. Hier hauste wohl die Bande. Aber sie waren alle ausgeflogen.
Das Mädchen war nicht da.
»Herr, kommen Sie!«, schrie Masa von draußen.
Er stand bei dem Korral.
»Erkennen Sie’s?«
Der Japaner zeigte auf ein großes Pferd, von Natur wohl ein Schimmel, doch man hatte große Flecke darauf gemalt. Mit Kohlenasche, wie aus der Nähe zu erkennen war.
»Der Schecke des Kopflosen Reiters.« Fandorin nickte. »Aber woher kennst du es? Du warst doch nicht im Snake Canyon?«
Masa wunderte sich.
»Über den Kopflosen Reiter kann ich nichts sagen, aber dieses Pferd hat der Anführer der Räuber geritten, die unsern Zug angriffen.«
Richtig! Das Pferd hatte die gleiche Statur, die gleiche Kopfhaltung.
»Und da ist das Leichenhemd unseres G-Gespenstes.«
Fandorin hob vom Boden einen langen Poncho auf, in dessen Schulterpartie ein Holzgestänge mit einem Reifen eingebaut war. Das Gewebe hatte vorn eine Öffnung zum Sehen. Wenn der Reifen auf die Stirn gesetzt wurde, entstand eine gewaltige Silhouette ohne Kopf. Aus der Ferne betrachtet, noch dazu bei Nacht oder Morgengrauen, konnte sie schon Grauen erregen.
Aber es war keine Zeit für lange Überlegungen.
Sie mussten das Mädchen suchen und dann noch zusehen, wie sie aus dieser Sackgasse herauskamen. Die Banditen waren ja auch durch den Berg ins Freie gelangt!
»Wohin jetzt, Herr?«, fragte Masa. »Hören Sie? Die schießen nicht mehr. Wir sollten uns beeilen.«
»Dorthin.« Fandorin zeigte auf den dunklen Eingang des einstigen Bergwerks.
Einen anderen Weg gab es nicht.
Unter der Erde
Seinen Gehilfen ließ Fandorin am Eingang zurück. Wenn die Verfolger aus dem Felsspalt auftauchten, würden ein paar Gewehrschüsse ihren Eifer für eine Weile dämpfen.
So verwahrlost und dreckig die Baracke war, so sauber und gepflegt sah die Höhle aus, die in den Berg geschlagen war.
Fandorin betrachtete verwundert die hölzerne Wandtäfelung, den mit frischen Sägespänen bestreuten Fußboden, die Öllampen an Haken. In den Ecken des Raums gab es ein paar abgetrennte Gelasse mit glatt gehobelten Wänden und richtigen Türen.
Hier wohnt höchstwahrscheinlich der Anführer, separat von seinen Halsabschneidern, dachte Fandorin, da bemerkte er plötzlich im hintersten Teil der Höhle eine von außen verriegelte Tür.
»Nastja, sind Sie da drin?«, rief er und schob den Riegel zurück.
»Ja, ja! Wer ist da?«, tönte hinter der Tür eine zarte Mädchenstimme.
Fandorin riss die Tür auf und holte gleichzeitig die elektrische Taschenlampe hervor, um den dunklen Raum zu beleuchten.
Aber der Raum war keineswegs
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