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Das Halsband des Leoparden

Das Halsband des Leoparden

Titel: Das Halsband des Leoparden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Kuhscheiße sterben.«
    »Dann stirb eben nicht.«
    Das muss, von oben betrachtet, ein sonderbares Bild sein, dachte Fandorin. Ein Mann in einem anständigen, wenn auch etwas staubigen Anzug schiebt einen Karren übers Feld, in dem ein japanischer Cowboy sitzt. Von hinten folgen ihnen, schnell näher kommend, Reiter. Das erinnert an ein absurdes, doch spannendes Knabenspiel.
    Er stolperte über einen Stein und stürzte. Der Karren schlug um, Masa plumpste in den Staub.
    Schwer atmend sprang Fandorin zu ihm hin.
    Der Japaner lag bewusstlos da. Von dem verdammten Karren war das Rad abgegangen.
    Jetzt waren sie tatsächlich am Ende.

    Die Verfolger waren einstweilen nicht zu sehen, doch in der Nähe murmelte der Bach. Immerhin etwas. Er konnte trinken und sich in Ordnung bringen. Und Masa ein wenig säubern, der war ja so penibel.
    Fandorin löschte seinen Durst, wusch sich gründlich, machte sein Taschentuch nass und kehrte zurück zu Masa, um ihn in den Schatten zu ziehen, da hörte er plötzlich Hufgetrappel.
    Merkwürdig, dem Geräusch nach war das nur ein Pferd, und es bewegte sich gemächlich im Schritt.
    Fandorin griff nach dem Herstal, drehte sich um und sah die graue Stute Peggy, die Mähne schüttelnd, aus den Büschen kommen. Hinter ihr erschien, die Hände in den Taschen, pfiffelnd Washington Reid.
    »Ich wollte mal nachsehen, wie das da bei Ihnen ausgegangen ist«, verkündete er vergnügt. »Ich habe am Eingang des Flaschenhalses gesessen und mir Sorgen gemacht. Plötzlich kommendie Russen angelaufen. Retten Sie sich, schreien sie, die Banditen bringen alle um. Ich frag: Und der Kopflose? Darauf sie: Es gibt keinen Kopflosen, uns verfolgen die Schwarzen Tücher. Und sind weitergelaufen. Ich schreie ihnen nach: ›Wo sind denn Melvin Scott und Mr. Fendorin? Und der Chinese?‹ – ›Tot, alle tot!‹ Dann nur noch eine Staubwolke. Da wollte ich mit Peggy mal nachsehen, zumal es den Kopflosen gar nicht gibt. Ist doch interessant.«
    Reid schwatzte und schwatzte, erfasste aber die Situation ohne lange Erklärungen.
    Er half, den ohnmächtigen Masa in den Sattel zu heben, und band ihn mit einem Lasso am Hals des Pferdes fest.
    »Und Scott? Haben sie den wirklich abgeknallt?«, fragte er erst jetzt.
    »Ja. Sie werden jeden M-Moment hier sein.«
    Der Neger flüsterte dem Pferd etwas ins Ohr und gab ihm einen sachten Klaps auf die Kruppe, und Peggy trabte los, unschön die Beine werfend, doch dabei so gleichmäßig, dass Masa kaum im Sattel schwankte.
    »Sie bleibt erst stehen, wenn sie den Saloon erreicht hat«, sagte Reid. »Irgendwer wird den Doc rufen. Alle wissen, dass es Ihr Chinese ist.«
    »Japaner ist er.«
    Darauf machte Reid eine philosophische Bemerkung.
    »Meinen Urgroßvater haben weiße Männer aus Senegambia hergebracht. Hat mich jemals einer ›Senegambier‹ genannt? Wir sind ja für euch immer nur ›Neger‹ – bestenfalls. Andererseits, wenn Sie nach Afrika kommen, wird Sie auch kaum jemand als ›Russen‹ bezeichnen. Ich habe gehört, dass die Afrikaner alle Weißen ›Fersengesichter‹ nennen oder, höflicher, ›Handgesichter‹.«
    Fandorin blickte zu den Bergen hinüber.
    »Mr. Reid, können wir nicht schneller gehen?«
    Reid ruckte mit den Schultern, um den Riemen seines Karabiners zu richten.
    »Wozu? Da ist ja schon der Engpass. Ein Katzensprung.«
    »Dort finden wir keinerlei D-Deckung.«
    Aber der Schwarze dachte nicht daran, den Schritt zu beschleunigen, und das Gefühl der eigenen Würde verbot Fandorin, darauf zu bestehen. Keiner wollte das Gesicht verlieren.
    Sie waren im Flaschenhals noch keine fünfhundert Schritte gegangen, da hörten sie hinter sich das Trappeln vieler Hufe, Geschrei und Gejohle.
    Fandorin drehte sich um und erblickte eine Staubwolke, in der dunkle Reitersilhouetten zu sehen waren.
    Flucht wäre sinnlos gewesen. Er holte den Herstal hervor und duckte sich hinter einen großen Stein, nicht um sich zu verstecken, sondern um die Verfolger auf die Distanz eines Revolverschusses herankommen zu lassen.
    Neben ihm hockte Reid sich hin, der auch in dieser Situation seinen Gleichmut nicht verlor. Er nahm den Karabiner von der Schulter, sah nach dem Korn, zog den Kammerstengel zurück.
    »Schießen Sie erst, wenn die ganz nahe sind«, sagte Fandorin warnend. »Sonst bin ich für Sie keine H-Hilfe.«
    »Wozu brauch ich Hilfe?«
    Reid zielte und schoss.
    Der vorderste Reiter stürzte mitsamt seinem Gaul, raffte sich aber gleich wieder auf und verkroch sich hinter

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