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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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Kies auseinander, nahm ein dreckiges Halstuch aus der Gesäßtasche und hob die heiße Gürtelschnalle und die qualmenden Überreste der Armeestiefel heraus. Er schleuderte sie in die Kiesgrube und hörte ein leises Knirschen. Carl stand am Rand der tiefen Grube und dachte daran, wie Sandy ihre Arme um den Soldaten geschlungen hatte, als sie sah, wie Carl die Kamera beiseitelegte und die Pistole zückte – so als wollte sie ihn beschützen. Diesen Scheiß machte sie bei den Hübschen jedes Mal; er konnte ihr zwar nicht verübeln, dass sie den Augenblick ein wenig hinauszögern wollte, aber hier ging es nicht um eine beschissen nette Vögelei. Seiner Ansicht nach war dies die einzig wahre Religion, die eine Sache, nach der er sein ganzes Leben lang gesucht hatte. Nur im Angesicht des Todes konnte er die Gegenwart von so etwas wie Gott spüren. Er blickte auf, sah dunkle Wolken, die sich am Himmel sammelten. Er wischte sich den Schweiß aus den Augen und kehrte zum Wagen zurück. Mit etwas Glück würde es vielleicht heute Nacht regnen, den Dreck aus der Luft spülen und alles ein wenig abkühlen.
    »Was zum Henker hast du da gemacht?« fragte Sandy.
    Carl zog eine frische Zigarre aus der Brusttasche und machte die Folie ab. »Nur keine Eile. Wer hastig ist, macht Fehler.«
    Sie streckte die Hand aus. »Gib mir einfach nur die verdammte Taschenlampe.«
    »Was hast du vor?«
    »Ich muss mal, Carl«, antwortete sie. »Himmel, ich platze gleich, und du stehst da hinten rum und stierst Löcher in die Luft.«
    Carl kaute auf der Zigarre und schaute zu, wie sie um den Schuppen herumging. Ein paar Wochen unterwegs, und sie war wieder nur noch Haut und Knochen, Beine wie Zahnstocher, der Hintern flach wie ein Waschbrett. Es würde drei, vier Monate dauern, bis sie wieder was auf den Rippen hatte. Er schob den Film, den er von ihr und dem Armeeburschen geschossen hatte, in eine kleine Metalldose und steckte ihn ins Handschuhfach zu den anderen. Als Sandy zurückkam, legte er gerade einen neuen Film ein. Sie gab ihm die Taschenlampe, er verstaute sie unter dem Sitz. »Können wir uns heute Nacht ein Motelzimmer nehmen?« fragte sie müde und startete den Motor.
    Carl nahm die Zigarre aus dem Mund und pulte sich ein Stück Tabak zwischen den Zähnen hervor. »Erst müssen wir ein Stück fahren«, antwortete er.
    Sie fuhren südwärts, überquerten den Mississippi auf der Route 50 Richtung Illinois, eine Straße, mit der sie sich in den letzten paar Jahren sehr vertraut gemacht hatten. Sandy versuchte immer noch, alles schnell hinter sich zu bringen, deshalb musste Carl sie öfters ermahnen, langsamer zu fahren. Einen Unfall zu haben und im Wagen eingeklemmt zu sein oder hinausgeschleudert zu werden, zählte zu seinen größten Ängsten. Manchmal hatte er sogar Albträume deswegen, sah sich an ein Krankenhausbett gefesselt und wie er versuchte, der Polizei die Filmdosen zu erklären. Schon der Gedanke daran nagte gewaltig an der Euphorie, in die er durch den jungen Soldaten geraten war. Er streckte die Hand aus und drehte am Radioknopf, bis er einen Country-Sender aus Covington hereinbekam. Die beiden sprachen kein Wort, doch ab und zu summte Sandy bei einem der langsameren Songs leise mit. Dann gähnte sie und zündete sich erneut eine Zigarette an. Carl zählte die Insekten, die auf der Scheibe zerschlugen, und hielt sich bereit, in den Lenker zu greifen, falls Sandy einnickte.
    Nachdem sie hundert Meilen durch kleine, stille Städtchen und riesige dunkle Getreidefelder gefahren waren, stießen sie auf ein heruntergekommenes Motel aus rosa Betonsteinen namens
Sundowner
. Es war fast ein Uhr früh. Auf dem mit Schlaglöchern übersäten Parkplatz standen drei Fahrzeuge. Carl läutete mehrmals, bis endlich ein Licht im Büro anging und eine ältere Frau mit Metalllockenwicklern in den Haaren die Tür einen Spalt weit öffnete und herauslinste. »Ist das da Ihre Frau im Wagen?« fragte sie und sah an Carl vorbei zu dem Kombi. Er drehte sich um, konnte aber kaum Sandys Zigarette im Schatten glühen sehen.
    »Sie haben gute Augen«, sagte er und mühte sich ein kurzes Lächeln ab. »Ja, ist sie.«
    »Und wo kommen Sie her?« fragte die Frau weiter.
    Carl wollte schon Maryland sagen, einer der wenigen Staaten, in denen er noch nicht gewesen war, doch dann fiel ihm das Nummernschild am Auto ein. Die neugierige alte Schachtel hatte es bestimmt schon gesehen. »Von oberhalb von Cleveland«, sagte er.
    Die Frau schüttelte den Kopf, zog

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