Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels
fett sein wie sein Schwager Carl, der aussah wie ein Schwein.
Das Telefon klingelte, und noch bevor er Hallo sagen konnte, fragte eine dünne alte Frauenstimme: »Sind Sie der Sheriff?«
»Bin ich«, antwortete Bodecker.
»Haben Sie eine Schwester, die in der
Tecumseh Lounge
arbeitet?«
»Kann sein«, sagte Bodecker. »Ich habe schon eine Weile nicht mehr mit ihr gesprochen.« Nach dem Klang der Frauenstimme zu urteilen, war dies kein freundlicher Anruf. Er legte den Rest des Riegels auf den Papierkram. Neuerdings machten ihn Gerüchte über seine Schwester nervös. Damals, 1958, als er aus der Armee gekommen war, hätte er sich halb totgelacht, wenn ihm jemand erzählt hätte, die schüchterne, dürre Sandy würde eine ganz Wilde werden, aber das war, bevor sie Carl kennenlernte. Heute erkannte Lee sie kaum noch. Vor ein paar Jahren hatte Carl sie dazu überredet, den Job im
Wooden Spoon
hinzuschmeißen und nach Kalifornien zu ziehen. Obwohl sie nur ein paar Wochen blieben, hatte sie sich nach ihrer Rückkehr vollkommen verändert. Sie nahm einen Job als Barkeeperin in der
Tecumseh Lounge
an, der übelsten Spelunke in der Stadt. Jetzt lief sie in kurzen Röcken umher, die kaum ihren Hintern bedeckten, und malte sich das Gesicht an wie eine der Huren, die Lee nach seiner Ernennung aus der Water Street vertrieben hatte. »Ich war zu sehr damit beschäftigt, die bösen Jungs zu jagen«, witzelte er, um das Gespräch ein wenig zu entspannen. Er sah nach unten und bemerkte Kratzspuren an den Spitzen seiner neuen braunen Stiefel. Er spuckte sich auf den Daumen und beugte sich vor, um sie wegzureiben.
»Da wette ich drauf«, sagte die Frau.
»Was gibt es denn für ein Problem?« fragte Bodecker.
»Oh, ein großes«, antwortete die Frau scharf. »Ihre Schwester verscherbelt seit über einem Jahr ihren Hintern gleich an der Hintertür dieses Ladens, und soweit ich das sehe, Sheriff, haben Sie bisher noch keinen Finger gerührt, um das zu verhindern. Schwer zu sagen, wie viele gute Ehen sie schon zerstört hat. Wie ich schon zu Mr. Matthews heute Morgen gesagt habe: Man kommt da fast ins Grübeln, wie Sie bei so einer Familie in dieses Amt gekommen sind.«
»Wer zum Teufel sind Sie?« fragte Bodecker und beugte sich vor.
»Ha!« machte die Frau. »Darauf falle ich nicht herein. Ich weiß doch, wie Recht und Gesetz in Ross County arbeiten.«
»Wir arbeiten gut«, entgegnete Bodecker.
»Das sieht Mr. Matthews aber anders.« Und damit legte die Frau auf.
Bodecker knallte den Hörer auf die Gabel, schob den Stuhl zurück und stand auf. Er sah auf die Uhr und schnappte sich seine Schlüssel vom Aktenschrank. Als er an der Tür war, machte er kehrt und ging an den Schreibtisch zurück. Er wühlte in der obersten Schublade herum und fand eine offene Tüte Karamellbonbons. Er steckte sich eine Handvoll in die Tasche.
Als Bodecker am Eingangspult vorbeikam, schaute der Diensthabende, ein junger Mann mit vorstehenden grünen Augen und Bürstenschnitt, von einem Tittenheftchen auf. »Alles in Ordnung, Lee?« fragte er.
Mit vor Zorn hochrotem Kopf ging der Sheriff wortlos weiter, dann blieb er an der Tür stehen und sah zurück. Der Diensthabende hielt das Heft nun gegen das Oberlicht und betrachtete eine nackte Frau, gefesselt mit Lederschnüren und Nylonseilen, einen Schlüpfer im Mund. »Willis«, sagte Bodecker, »wenn hier jemand reinspaziert, lass dich ja nicht mit dieser verdammten Wichsvorlage erwischen, hast du gehört? Ich hab so schon genug Fliegen am Hintern.«
»Alles klar, Lee«, sagte der Diensthabende. »Ich pass schon auf.« Er blätterte eine Seite um.
»Himmel Herrgott, kapierst du es nicht?« brüllte Bodecker. »Pack das verdammte Heft weg.«
Auf der Fahrt zur
Tecumseh Lounge
lutschte er ein Karamellbonbon und dachte darüber nach, was die Frau ihm am Telefon über Sandys Hurerei gesagt hatte. Er nahm zwar an, dass Matthews sie darauf angesetzt hatte, ihn anzurufen, nur um ihm eins auszuwischen, aber er musste zugeben, dass es ihn nicht allzu sehr überraschen würde, wenn die Geschichte der Wahrheit entsprach. Auf dem Parkplatz standen ein paar heruntergekommene Schrottkarren, daneben ein dreckverkrustetes indisches Motorrad. Er nahm Hut und Dienstmarke ab und schloss sie im Kofferraum ein. Als er das letzte Mal zu Beginn des Sommers hier gewesen war, hatte er Jack Daniels über den ganzen Pooltisch gekotzt. Sandy hatte alle anderen Gäste früh rausgeschmissen und abgesperrt. Er hatte auf dem
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