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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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eines Hirschs. Bodecker fuchtelte mit seiner Waffe herum. »Verdammt, Junge, was zum Teufel ist das hier?« fragte er und richtete die Taschenlampe wieder auf Arvin, dem gerade eine weiße, sich windende Made auf die Schulter fiel. Arvin wischte sie so beiläufig fort wie ein Blatt oder ein Samenkorn. Bodecker wedelte mit dem Revolver umher und wich zurück.
    »Das ist ein Gebetsbaum«, flüsterte Arvin kaum hörbar.
    »Was? Ein Gebetsbaum?«
    Arvin nickte und starrte die Leiche seines Vaters an. »Aber es hat nicht funktioniert«, sagte er.

2. TEIL
AUF DER JAGD

10.
    Das Paar hatte im Sommer 1965 mehrere Wochen lang den Mittleren Westen durchstreift, stets auf der Jagd, zwei Unbekannte in einem schwarzen Ford Kombi, den sie für hundert Dollar bei einem Gebrauchtwagenhändler namens Brother Whitey in Meade, Ohio, gekauft hatten. Es handelte sich um den dritten Wagen, den sie in drei Jahren von dem Prediger erworben hatten. Der Mann auf der Beifahrerseite wurde langsam fett und glaubte an Zeichen, und er hatte die Angewohnheit, mit einem Taschenmesser zwischen seinen fauligen Zähnen herumzustochern. Die Frau fuhr, sie trug enge Shorts und leichte Blusen, die ihren blassen, knochigen Körper auf eine Weise darboten, die sie beide für verführerisch hielten. Sie rauchte Kette, jede Sorte Menthol-Zigaretten, die sie in die Finger bekam, er kaute auf billigen, schwarzen Zigarren herum, die er Hundepimmel nannte. Wann immer sie schneller als fünfzig Meilen die Stunde fuhren, verbrannte der Ford Öl, verlor Bremsflüssigkeit und drohte seine metallenen Eingeweide auf der ganzen Straße zu verteilen. Der Mann fand, der Wagen sehe wie ein Leichenwagen aus, die Frau zog es vor, ihn als Limousine zu betrachten. Sie hießen Carl und Sandy Henderson, doch manchmal trugen sie auch andere Namen.
    In den letzten vier Jahren war Carl zu der Überzeugung gelangt, dass es mit Trampern am besten ging, und in jenen Tagen gab es davon reichlich. Sandy nannte er einen
Köder
, sie taufte ihn
Schütze
, und beide nannten sie die Tramper
Models
. An jenem Nachmittag hatten sie gleich nördlich von Hannibal, Missouri, einen jungen Soldaten in einer bewaldeten, feuchten, mückenverseuchten Gegend hinters Licht geführt, gefoltert und ermordet. Kaum hatten sie ihn aufgegabelt, hatte der Bursche ihnen Frucht-Kaugummi angeboten und gemeint, er würde sich auch eine Weile ans Steuer setzen, falls die Lady mal eine Pause bräuchte. »Den Tag will ich erleben, verdammt«, sagte Carl, und Sandy rollte mit den Augen bei dem verächtlichen Ton, den ihr Mann manchmal anschlug, so als würde er sich für was Besseres halten als den Abschaum, den sie von den Straßen auflasen. Wann immer er damit anfing, wollte sie am liebsten anhalten und dem armen Kerl auf dem Rücksitz sagen, er solle aussteigen, solange er noch Gelegenheit dazu hätte. Eines Tages, versprach sie sich, würde sie genau das tun, auf die Bremse treten und Mister Großmaul mal ein Stück kleiner machen.
    Heute Abend allerdings nicht. Der Bursche auf dem Rücksitz war mit einem Gesicht gesegnet so glatt wie Butter, mit winzigen Sommersprossen und erdbeerroten Haaren, und Sandy konnte Männern nicht widerstehen, die wie Engel aussahen. »Wie heißt du denn, Schätzchen?« fragte sie ihn nach ein, zwei Meilen auf dem Highway. Sie ließ ihre Stimme nett und leicht klingen, und als der junge Soldat aufblickte und sich ihre Blicke im Rückspiegel trafen, zwinkerte sie und lächelte so, wie Carl es ihr gezeigt hatte, dieses Lächeln, das sie Nacht für Nacht am Küchentisch üben musste, bis ihr das Gesicht abfallen und auf dem Boden kleben bleiben wollte wie Pastetenkruste, ein Lächeln, das all die schmutzigen Sachen andeutete, die einem jungen Mann nur einfallen mochten.
    »Gefreiter Gary Matthew Bryson«, antwortete der junge Mann. Es hörte sich in ihren Ohren merkwürdig an, wie er seinen ganzen Namen nannte, so als sei er bei der Truppeninspektion oder irgend so einem Scheiß, doch sie ging nicht darauf ein und redete einfach weiter. Sie hoffte, dass er nicht so einer der ernsten Typen war. Die machten ihr den Job nur noch schwerer.
    »Was für ein hübscher Name«, sagte Sandy. Im Spiegel sah sie, wie ein schüchternes Lächeln über sein Gesicht zog und wie er sich einen neuen Kaugummi in den Mund schob. »Und wie nennt man dich?« fragte sie.
    »Gary«, antwortete er und warf das Silberpapier zum Fenster hinaus. »So hieß mein Dad.«
    »Und der andere Name, Matthew, der kommt aus

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