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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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hörte er in der Nähe Musik. Er sah über die Brüstung und entdeckte eine untersetzte Frau in einem geblümten Badeanzug, die auf einem gelben Handtuch im Garten nebenan lag. Das braune Haar hatte sie sich hochgesteckt, und sie hielt ein winziges Transistorradio in der Hand. Sie war mit Babyöl eingerieben und glänzte in der Sonne wie ein neuer Penny. Bodecker sah zu, wie sie am Knopf drehte und einen anderen Sender suchte, hörte dann den leisen Singsang eines Hillbilly-Songs, irgendwas über Liebeskummer. Dann legte die Frau das Radio auf den Rand des Handtuchs und schloss die Augen. Ihr glatter Bauch hob und senkte sich. Sie drehte sich um, hob den Kopf und sah umher. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand sie beobachtete, streifte sie das Oberteil ihres Badeanzugs herunter. Nach kurzem Zögern griff sie nach unten, zog am unteren Teil und enthüllte acht bis zehn Zentimeter weißer Arschbacken.
    Bodecker zündete sich eine Zigarette an und ging die Treppe hinunter. Er stellte sich vor, wie sein Schwager da draußen in der Sonne hockte, ganze Eimer voll schwitzte und gaffte. Fotos zu schießen schien das Einzige zu sein, woran Carl jemals dachte, und Bodecker fragte sich, ob er wohl schon seine Nachbarin fotografiert hatte, ohne dass sie es bemerkte. Lee war sich zwar nicht sicher, aber er nahm an, dass es gegen so einen Mist ein Gesetz gab. Und falls nicht, dann sollte es todsicher eins geben.

16.
    Sie verließen das
Sundowner Motel
gegen Mittag. Sandy war um elf aufgewacht und hatte dann eine Stunde im Bad gebraucht, um sich zurechtzumachen. Sie war erst fünfundzwanzig, aber in ihrem braunen Haar fanden sich bereits erste Anzeichen von Grau. Carl machte sich Sorgen um ihre Zähne, die immer ihr schönstes Merkmal gewesen waren. Von all den Zigaretten waren sie ganz hässlich gelb geworden. Es war ihm auch aufgefallen, dass sie ständig schlechten Atem hatte, ganz gleich, wie viel Pfefferminz sie lutschte. Irgendetwas gammelte da in ihrem Mund, da war er sich sicher. Wenn sie erst einmal wieder zu Hause waren, würde er sie zu einem Zahnarzt schicken müssen. Er dachte nur ungern an die Kosten, aber ein nettes Lächeln war wichtiger Bestandteil seiner Fotografien, es lieferte den notwendigen Kontrast zu all dem Schmerz und Leid. Carl hatte es zwar immer wieder mal versucht, aber es hatte bisher noch nicht geklappt, den Models auch noch ein falsches Grinsen abzutrotzen, wenn er erst die Waffe gezückt und mit ihnen angefangen hatte. »Mädchen, ich weiß, manchmal ist es schwer, aber du musst einfach glücklich aussehen, damit die Bilder was werden«, sagte er zu Sandy, wann immer er einem der Männer etwas zugefügt hatte, das sie aufregte. »Denk einfach nur an die Mona Lisa. Tu so, als würdest du da oben im Museum an der Wand hängen.«
    Sie waren erst ein paar Meilen gefahren, als Sandy plötzlich bremste und vor einem kleinen Diner namens
Tiptop
hielt. Das Gebäude sah ein wenig wie ein Wigwam aus und war in verschiedenen Rot- und Grüntönen gestrichen. Der Parkplatz war fast voll. »Was zum Teufel machst du da?« fragte Carl.
    Sandy schaltete den Motor aus, stieg aus und ging zur Beifahrerseite. »Ich fahre keine einzige Meile mehr, bis ich nicht was Anständiges gegessen habe«, erklärte sie. »Ich habe seit drei Tagen nichts außer Süßigkeiten gegessen. Mir wackeln schon die Zähne, verdammt.«
    »Himmel, wir sind doch gerade erst losgefahren«, entgegnete Carl, als sie sich umdrehte und auf die Eingangstür zuging. »Warte«, rief er. »Ich komm ja schon.«
    Er verriegelte den Wagen und folgte ihr; sie fanden eine Nische am Fenster. Die Kellnerin brachte zwei Tassen Kaffee und eine zerfledderte Speisekarte mit Ketchupflecken. Sandy bestellte sich French Toast, Carl orderte eine Portion gebratenen Speck. Sandy setzte die Sonnenbrille auf und beobachtete einen Mann in einer fleckigen Schürze, der sich bemühte, eine neue Papierrolle in die Kasse einzusetzen. Der Laden erinnerte sie an den
Wooden Spoon
. Carl sah sich im vollbesetzten Raum um, die meisten waren Farmer und ältere Leute, dazu eine Gruppe hagerer Vertreter, die eine Liste von möglichen Kunden durchgingen. Dann fiel ihm ein junger Mann von vielleicht zwanzig Jahren auf, der an der Theke saß und ein Stück Zitronencremekuchen aß. Kräftig gebaut, dichtes, welliges Haar. Ein Rucksack mit einer kleinen aufgenähten amerikanischen Flagge lehnte an dem Hocker neben ihm.
    »Und?« fragte Carl, nachdem die Kellnerin das Essen

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