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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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war sogar mal dorthin gegangen, hatte sich einen Milchshake bestellt und sich das Mädchen angeschaut. Wenn Lee doch nur nichts von ihr gesagt hätte. Was Sandy am meisten Sorgen bereitete, war die Art, wie das Mädchen sie an sich selbst erinnerte, kurz bevor Carl in ihr Leben getreten war: nervös, schüchtern und allzu willig. Vor ein paar Nächten dann, als Sandy einem Mann einen Drink eingoss, mit dem die erst kürzlich kostenlos gevögelt hatte, fiel ihr auf, dass er sie jetzt nicht mal mehr anschaute. Und als sie ein paar Minuten später sah, wie der Mann und eine Braut mit großen Zähnen und Kunstpelzjacke gemeinsam abzogen, dämmerte ihr, dass Carl vielleicht nach einem Ersatz für sie suchte. Es schmerzte sie der Gedanke, dass er sie so hereinlegen könnte, aber warum sollte er auch besser sein als irgendein anderes der Arschlöcher, die sie kennengelernt hatte? Sie hoffte, sie irrte sich, aber eine eigene Waffe zu haben war vielleicht keine so schlechte Idee.
    Carl erwiderte nichts. Er hatte trübselig an die Decke gestarrt und sich gewünscht, die Vermieterin wäre tot. Es überraschte ihn, dass Sandy nach der ganzen Zeit nun die Knarre erwähnte, aber vielleicht war sie eben jetzt erst zur Vernunft gekommen. Wer zum Henker würde denn bei dem Scheiß, den sie anstellten, nicht eine Waffe bei sich tragen wollen? Er drehte sich um und warf sich seinen Teil der Bettdecke von den fetten Beinen. Es waren 16 Grad draußen, um drei Uhr in der Früh, und die alte Ziege hatte den Thermostat aufgedreht. Carl war überzeugt davon, dass sie das mit Absicht tat. Erst neulich hatten sie wieder wegen seines nächtlichen Singens gestritten. Er stand auf und öffnete das Fenster, stand da und ließ sich von dem leichten Windhauch kühlen. »Und wieso hast du deine Meinung geändert?« fragte er.
    »Ach, keine Ahnung«, antwortete Sandy. »Wie du gesagt hast, man kann nie wissen, was passiert, oder?«
    Carl starrte in die Dunkelheit hinaus und rieb sich die Bartstoppeln. Er graute sich davor, wieder ins Bett zu gehen. Seine Seite war schweißnass. Vielleicht würde er heute auf dem Boden am Fenster schlafen, dachte er. Er beugte sich zum zerschlissenen Fliegengitter vor und holte mehrmals tief Luft. Verdammt, er hatte das Gefühl zu ersticken. »Das macht die doch absichtlich!«
    »Was?«
    »Die verdammte Heizung anzulassen«, sagte er.
    Sandy stützte sich auf die Ellbogen und betrachtete die dunkle Gestalt, die da am Fenster kauerte wie ein brütendes mythisches Geschöpf, das gleich seine Flügel ausbreiten und davonfliegen wird. »Aber du zeigst mir doch, wie man damit umgeht, oder?«
    »Klar«, sagte Carl. »Ist kein großes Ding.« Er hörte, wie sie hinter ihm ein Streichholz anriss und an einer Zigarette zog. Er drehte sich zum Bett um. »Wir nehmen sie an deinem freien Tag irgendwo mit hin, dann kannst du ein paar Schüsse abfeuern.«
    Am Sonntag verließen sie gegen Mittag die Wohnung, fuhren den Reub Hill hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Carl bog nach links in eine Schotterstraße ab und hielt an, als sie an der Müllkippe ankamen. »Woher kennst du denn diese Stelle?« fragte Sandy. Bevor Carl aufgetaucht war, hatte sie mehr als nur ein paar Nächte hier draußen verbracht und sich von Jungs vögeln lassen, an die sie sich nicht mehr erinnern wollte. Stets hatte sie gehofft, wenn sie es mit diesem einen machte, dann würde er sie wie seine Freundin behandeln und vielleicht mal zu einem der Tanzabende im
Winter Garden
oder im
Armory
mitnehmen, aber das geschah nie. Kaum hatten sie, was sie wollten, waren sie mit ihr fertig. Einige von ihnen hatten ihr sogar ihr Trinkgeld abgenommen und sie nach Hause laufen lassen. Sandy sah aus dem Fenster und entdeckte im Graben ein gebrauchtes Kondom auf einer Flasche fruchtigen Weins. Die Jungs nannten die Stelle hier Vögelpark; es hatte ganz den Anschein, als machte er seinem Namen auch heute noch alle Ehre. Und wenn sie so darüber nachdachte, war sie eigentlich in ihrem ganzen Leben noch nicht tanzen gewesen.
    »Ach, hab ich entdeckt, als ich neulich so rumgefahren bin«, antwortete Carl. »Hat mich an den Platz in Iowa erinnert.«
    »Die Vogelscheuche, meinst du?«
    »Ja«, sagte Carl. »
California, here I come
, so ein Arschloch.« Er streckte die Hand aus, öffnete das Handschuhfach und schnappte sich die .22er samt einer Schachtel Munition. »Na komm, mal sehen, was du so draufhast.«
    Er lud die Waffe und stellte ein paar rostige Blechdosen auf

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