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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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eine durchgeweichte, fleckige Matratze. Dann kam er zurück, postierte sich vor dem Wagen und gab aus vielleicht neun Metern sechs Schuss ab. Er traf vier Dosen. »Das Mistding zieht ein wenig nach links«, sagte er, »aber das ist schon okay. Versuch nicht so sehr zu zielen, sondern eher wie mit dem Finger auf das Ziel zu zeigen. Hol Luft und drück ab, wenn du ausatmest.«
    Sandy hielt die Pistole mit beiden Händen und spähte am Lauf entlang. Sie schloss die Augen und drückte ab. »Nicht die Augen zu«, sagte Carl. Die nächsten fünf Schuss gab sie so schnell ab, wie sie konnte. Sie machte mehrere Löcher in die Matratze. »Na, schon näher«, meinte Carl. Er reichte ihr die Schachtel. »Diesmal lädst du.« Er zog eine Zigarre aus der Tasche und zündete sie an. Als sie die erste Dose traf, quiekte sie auf wie ein kleines Mädchen, das das schönste Osterei gefunden hatte. Sie verfehlte die nächste, dann traf sie erneut. »Nicht schlecht«, sagte Carl. »Gib mal her.«
    Er hatte gerade erneut nachgeladen, als sie einen Pick-up hörten, der recht schnell auf sie zukam. Der Pick-up hielt rutschend ein paar Meter entfernt an, und ein mittelalter Mann mit hagerem Gesicht stieg aus. Er trug eine blaue Anzughose, ein weißes Hemd und geputzte schwarze Schuhe. Hat wahrscheinlich den ganzen Morgen neben seiner fettärschigen Frau in der Kirchenbank gesessen, dachte Carl. Nun wollte er wohl nur noch ein Brathähnchen essen und ein Nickerchen machen, zumindest wenn die alte Schachtel mal für ein paar Minuten den Mund hielt. Und morgen früh wieder zurück an die Arbeit, aber zackig. Man musste so jemanden, der alles Lebensnotwendige beisammen hatte, schon fast dafür bewundern, dass er es aushielt. »Wer hat Ihnen die Erlaubnis gegeben, hier draußen herumzuschießen?« fragte der Mann. Der grobe Ton seiner Stimme deutete an, dass er nicht allzu glücklich darüber war.
    »Niemand.« Carl sah sich um und zuckte mit den Schultern. »Scheiße, Mann, das ist eine Müllkippe.«
    »Das ist mein Land«, entgegnete der Mann.
    »Wir üben nur ein bisschen Zielschießen, das ist alles«, sagte Carl. »Ich bringe meiner Frau bei, sich selbst zu verteidigen.«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Auf meinem Land erlaube ich keine Schießübungen. Ich hab da drüben Vieh stehen. Außerdem ist heute der Tag des Herrn, wissen Sie das nicht?«
    Carl seufzte schwer und sah zu den braunen Weiden hinüber, die die Müllkippe umgaben. Nirgendwo die Spur einer Kuh. Der Himmel war eine niedrige Decke aus endlosem, unbeweglichem Grau. Selbst hier draußen konnte er noch den beißenden Gestank der Papierfabrik wahrnehmen. »Okay, hab schon verstanden.« Er sah zu, wie der Farmer, seinen grauen Kopf schüttelnd, zum Laster zurückging. »He, Mister«, rief Carl plötzlich.
    Der Farmer blieb stehen und drehte sich um. »Was gibt’s?«
    »Ich hab mich nur gefragt«, sagte Carl und ging ein paar Schritte auf ihn zu, »ob es Sie stört, wenn ich ein paar Fotos von Ihnen mache?«
    »Carl«, sagte Sandy, doch Carl bedeutete ihr mit einer Handbewegung, still zu sein.
    »Warum zum Henker wollen Sie das tun?« fragte der Mann.
    »Na ja, ich bin Fotograf«, erläuterte Carl. »Ich dachte nur, Sie könnten ein schönes Motiv abgeben. Wer weiß, vielleicht kann ich es sogar an ein Magazin verkaufen. Ich suche ständig nach interessanten Personen wie Ihnen.«
    Der Mann sah an Carl vorbei zu Sandy hinüber, die neben dem Kombi stand. Sie zündete sich eine Zigarette an. Er mochte es nicht, wenn Frauen rauchten. Die meisten von denen taugten nichts, aber ein Mann, der sein Geld mit Fotografieren verdiente, hatte wohl auch nichts Rechtes gefunden. Schwer zu sagen, wo er die aufgegabelt hatte. Vor ein paar Jahren hatte er eine Frau namens Mildred McDonald in seinem Schweinestall entdeckt, halb nackt und mit einer Kippe im Mund. Sie hatte ihm ganz beiläufig erklärt, sie würde auf einen Mann warten, und dann versucht, ihn dazu zu bringen, sich zu ihr in den Mist zu legen. Er schaute auf die Waffe, die Carl in der Hand hielt, den Finger am Abzug. »Sie sollten besser von hier verschwinden«, sagte der Mann und ging schnell zu seinem Pick-up zurück.
    »Was wollen Sie unternehmen?« fragte Carl. »Die Polizei rufen?« Er sah Sandy an und zwinkerte.
    Der Mann öffnete die Wagentür und griff in die Kabine. »Glauben Sie, ich brauche einen korrupten Sheriff, um mich um Sie zu kümmern?«
    Als er das hörte, musste Carl lachen, doch dann drehte er sich um und sah,

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