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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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Lächeln und zeigte Sandy seine großen weißen Zähne. »Aber ich bin hier in der Gegend das Gesetz, Süße. Das ist der Riesenunterschied.« Er warf einen Fünf-Dollar-Schein auf die Theke und stieg in seinen Streifenwagen. Ein paar Minuten lang saß er da und starrte durch die Windschutzscheibe zu den heruntergekommenen Wohnwagen von Paradise Acres hinüber, der Wohnwagenanlage direkt neben der Bar. Dann lehnte er seinen Kopf ans Lenkrad. Eine Woche war vergangen, und noch hatte niemand den Wichser mit dem Klostampfer als vermisst gemeldet. Bodecker dachte darüber nach, Charlotte von einem Teil des Geldes ein neues Auto zu kaufen. Er wollte so gern die Augen ein paar Minuten schließen, doch in aller Öffentlichkeit einzuschlafen war momentan keine gute Idee. Langsam stieg die Scheiße immer höher. Bodecker fragte sich, wie lange es noch dauern würde, bis er Tater um die Ecke bringen musste oder bis irgendein Mistkerl beschloss, ihn, Bodecker, umzulegen.

29.
    An einem Sonntagmorgen bereitete Carl ein paar Pfannkuchen für Sandy zu, ihr Lieblingsessen. Sie war in der Nacht zuvor betrunken und trübselig nach Hause gekommen. Wann immer sie sich in diese nutzlosen Gefühle verstrickte, konnte er nicht viel sagen oder tun, um ihre Stimmung zu heben. Sie musste da einfach allein durch. Ein paar Nächte trinken und jammern, dann würde sie schon wieder zu sich kommen. Carl kannte Sandy besser als sie sich selbst. Morgen Nacht oder in der Nacht darauf würde sie nach Ladenschluss wieder einen der Gäste vögeln, irgendein Landei mit Bürstenschnitt, Ehefrau und drei oder vier Rotznasen daheim. Er würde Sandy sagen, wie sehr er sich wünschte, sie kennengelernt zu haben, bevor er seine Alte geheiratet hatte, und dass sie die Süßeste sei, die er je gehabt habe, und dann wäre alles wieder in Butter, zumindest bis sie das nächste Mal den Blues kriegte.
    Neben ihren Teller hatte er eine Pistole Kaliber .22 gelegt. Die hatte er vor ein paar Tagen von einem älteren Mann gekauft, den er im
White Cow
kennengelernt hatte. Der arme Hund hatte Angst gehabt, er würde sich umbringen, wenn er die Waffe behielt. Seine Frau war letzten Herbst gestorben. Zugegeben, er hatte sie nicht gut behandelt, auch nicht auf ihrem Sterbebett; doch nun war er so einsam, dass er es kaum aushielt. Das alles erzählte er Carl und der jungen Kellnerin, während draußen eisiger Schnee an die Schaufenster des Diner klopfte und der Wind am Metallschild an der Straße rüttelte. Der alte Mann trug einen langen Übermantel, der nach Holzrauch und Wick Vaporub roch, dazu eine blaue, verfilzte Wollmütze, die er sich tief ins Gesicht gezogen hatte. Während seiner Beichte ging Carl auf, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, wenn Sandy bei der Jagd ihre eigene Knarre hätte, nur für den Fall, dass irgendetwas schiefging. Er fragte sich, warum er noch nicht früher darauf gekommen war. Er war zwar immer vorsichtig, aber selbst die Besten machten manchmal Fehler. Beim Kauf der Pistole hatte er sich gut gefühlt, und vielleicht hieß das ja, dass er klüger wurde.
    Man musste schon direkt ins Auge schießen oder die Waffe ans Ohr halten, wenn man jemanden mit einer .22er erledigen wollte, aber immer noch besser als nichts. Carl hatte mal einem Collegeburschen eine Knarre ins Ohr gesteckt, irgend so einem lockigen Arsch aus Purdue, der kichern musste, als Sandy ihm erzählte, dass sie mal davon geträumt habe, aufs Beauty College zu gehen und Kosmetologie zu studieren, und dass sie dann am Ende aber doch Kellnerin in einer Bar geworden sei. Nachdem er den Kerl gefesselt hatte, fand Carl ein Buch in seiner Manteltasche,
Gesammelte Gedichte von John Keats
. Carl fragte den Arsch höflich, welcher denn sein Lieblingsvers sei, doch da hatte sich der aalglatte Mistkerl schon in die Hosen geschissen und konnte sich nicht mehr richtig konzentrieren. Carl schlug das Buch auf und las laut vor, während der Bursche um sein Leben flehte, Carls Stimme wurde immer lauter und lauter, um das Flehen zu übertönen, bis er zur letzten Zeile kam, die er inzwischen wieder vergessen hatte, irgendein Blödsinn über Liebe und Ruhm, bei dem er, das musste er zugeben, eine Gänsehaut bekommen hatte. Dann drückte er ab, und ein Brocken feuchter, grauer Hirnmasse flog dem College-Bürschchen aus der anderen Seite des Kopfes. Nachdem er umgefallen war, sammelte sich das Blut in seinen Augen, wie kleine Feuerseen, ein unglaubliches Foto, aber das war mit einer .38er gewesen,

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