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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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sollte.«
    »Meinen Sie das wirklich, was Sie gesagt haben?« fragte Lenora verlegen.
    Teagardin versuchte verzweifelt, sich daran zu erinnern, was er ihr für einen Bockmist vorgesülzt hatte. »Aber natürlich.« Er hatte eine trockene Kehle. Vielleicht würde er nach Lewisburg fahren und sich zur Belohnung dafür, wieder mal ein junges Mädchen entjungfert zu haben, ein kühles Bier gönnen. »Wenn wir fertig sind«, erklärte er, »werden die Jungs in deiner Schule die Augen nicht mehr von dir abwenden können. Manche Mädchen müssen erst angelernt werden, das ist alles. Ich kann dir nur sagen, du bist eine von denen, die mit dem Alter immer hübscher werden. Du solltest dem Herrn dafür danken. Ja, Sie haben noch ein paar schöne Jahre vor sich, Miss Lenora Laferty.«

35.
    Gegen Ende Mai machte Arvin zusammen mit neun weiteren den Abschluss an der Coal Creek Highschool. Am darauffolgenden Montag fing er bei einem Straßenbautrupp an, der auf der Route 60 durch Greenbrier County eine neue Asphaltdecke aufgoss. Ein Nachbar von der Anhöhe gegenüber hatte ihm den Job verschafft. Arvins Vater und er hatten vor dem Krieg zusammen einiges angestellt, und er fand, der Junge hätte eine Abwechslung dringend nötig. Die Arbeit war gut bezahlt, fast Gewerkschaftslohn; Arvin war nur als einfacher Arbeiter genommen worden, angeblich der schlimmste Job bei dem Trupp, doch Earskell hatte ihn auf dem Gartenland hinter dem Haus schon schwerer schuften lassen. Als er seinen ersten Lohn bekam, besorgte er für den alten Mann eine Flasche guten Whiskey bei
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, bestellte Emma einen Wäschewringer aus dem
Sears
-Katalog und versprach Lenora ein neues Sonntagskleid von
Mayfair’s
, dem teuersten Laden in den drei Countys.
    Während Lenora noch das Passende suchte, sagte Emma: »Meine Güte, ist mir bisher gar nicht aufgefallen, aber du hast ja wirklich zugelegt.« Lenora drehte sich zum Spiegel um und lächelte. Sie war immer spindeldürr gewesen, keine Hüften, keine Brust. Im letzten Winter hatte jemand ein Foto aus dem
Life
-Magazin von einem Haufen KZ-Leichen an ihr Schließfach geklebt und mit Tinte »Lenora Laferty« daraufgeschrieben, daneben ein Pfeil zur dritten Leiche von links. Wenn nicht Arvin gewesen wäre, hätte sie sich nicht mal die Mühe gemacht, es abzunehmen. Nun endlich sah sie langsam wirklich wie eine Frau aus, genau wie Teagardin versprochen hatte. Sie traf sich mit ihm drei, vier, manchmal fünf Mal die Woche. Jedes Mal, wenn sie es taten, hatte sie große Gewissensbisse, aber sie konnte nicht Nein sagen. Das war das erste Mal, dass ihr aufging, wie mächtig die Sünde sein konnte. Kein Wunder, dass es für die Menschen so schwer war, in den Himmel zu kommen. Immer wenn sie sich trafen, wollte Preston etwas Neues ausprobieren. Gestern hatte er einen Lippenstift seiner Frau mitgebracht. »Ich weiß, es klingt lächerlich bei dem, was wir tun«, hatte sie schüchtern gesagt, »aber ich finde nicht, dass sich eine Frau das Gesicht anmalen sollte. Du bist mir doch nicht böse, oder?«
    »Nein, nein, ach was, Schätzchen, ist schon in Ordnung«, antwortete er. »Ich bewundere deine Glaubensfestigkeit. Wenn meine eigene Frau Jesus doch nur so lieben würde wie du.« Dann grinste er, schob ihr das Kleid hoch, hakte seinen Daumen hinter den Gummi ihres Schlüpfers und zog ihn herunter. »Außerdem hatte ich vor, etwas ganz anderes anzumalen.«
    Eines Abends beim Abwasch blickte Emma zum Fenster hinaus und sah Lenora, die auf der anderen Straßenseite aus dem Wald kam. Sie hatten ein paar Minuten auf Lenora gewartet und dann ohne sie zu Abend gegessen. »Das Mädchen verbringt in letzter Zeit ganz schön viel Zeit im Wald«, sagte die alte Frau. Arvin lehnte sich zurück, trank den Kaffee aus und schaute zu, wie Earskell versuchte, sich eine Zigarette zu drehen. Der Alte beugte sich über den Tisch, sein faltiges Gesicht war hoch konzentriert. Arvin sah, wie ihm die Finger zitterten, und fragte sich, ob es mit seinem Großonkel nicht langsam bergab ging.
    »Wie ich sie kenne«, sagte Arvin, »spricht sie da draußen wahrscheinlich mit den Schmetterlingen.«
    Emma beobachtete, wie das Mädchen den Hang zur Veranda heraufkam. Sie schien gelaufen zu sein, so rot war ihr Gesicht. In den letzten paar Wochen hatte Emma eine ziemliche Veränderung an Lenora bemerkt. Viele Mädchen wurden ein wenig wunderlich, wenn sie ihre Regel bekamen, doch bei Lenora war es schon vor zwei Jahren so weit gewesen. Emma

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