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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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In einer Kaffeedose unter dem Bett hob er 315 Dollar auf. Nach dem Sonntagsessen fuhr er zur
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, kaufte eine Flasche Whiskey, verbrachte den Abend mit Earskell auf der Terrasse und trank. »Du bist so gut zu mir, Junge«, sagte der alte Mann. Arvin schluckte mehrmals schwer, um nicht weinen zu müssen. Er dachte an den kommenden Tag. Dies war das letzte Mal, dass sie sich eine Flasche teilen würden.
    Es war ein schöner Abend, kühler als die letzten Monate. Arvin ging hinein und holte Emma; sie setzte sich eine Weile mit ihrer Bibel und einem Glas Eistee zu ihnen. Seit dem Abend, als Lenora starb, war sie nicht mehr in die Kirche gegangen. »Der Herbst kommt früh dieses Jahr, finde ich«, sagte sie, legte einen ihrer knochigen Finger auf die Bibel, um die Stelle nicht zu verlieren, und sah über die Straße, wo die Blätter sich bereits zu Rosttönen verfärbten. »Wir sollten langsam daran denken, Holz zu holen, oder, Arvin?«
    Er sah sie an. Sie schaute noch immer zu den Bäumen am Hügel hinüber. »Ja«, sagte er. »Es wird bald kalt werden.« Er hasste sich dafür, so tun zu müssen, als sei alles in Ordnung. Er hätte sich gern richtig verabschiedet, aber es war besser, sie wussten nichts, wenn die Polizei ihn suchte. Als sie zu Bett gegangen waren, packte er ein paar Kleidungsstücke in eine Sporttasche und legte sie in den Kofferraum seines Wagens. Er lehnte sich an die Verandabrüstung und lauschte dem fernen Rattern eines nach Norden fahrenden Kohlenzuges jenseits der nächsten Hügelreihen. Zurück im Haus steckte er hundert Dollar in die Blechdose, in der Emma ihre Nähnadeln und den Einfädler aufbewahrte. Er schlief in der Nacht nicht ein, und am Morgen trank er nur Kaffee, essen konnte er nichts.
    Er hockte zwei Stunden in seinem Versteck, bis das Reaster-Mädchen etwa eine Viertelstunde zu früh über die Weide geeilt kam. Sie wirkte besorgt, sah immer wieder auf die Uhr. Als Tea-gardin eintraf und langsam über die zerfurchte Zufahrt rollte, sprang sie nicht in den Wagen, wie sie es sonst getan hatte. Stattdessen blieb sie ein paar Meter entfernt stehen und wartete, bis er den Motor abgestellt hatte. »Na, steig schon ein, Schätzchen«, hörte Arvin den Prediger sagen. »Ich hab einen prallvollen Sack für dich.«
    »Ich bleibe nicht«, entgegnete sie. »Wir haben Schwierigkeiten.«
    »Was meinst du damit?«
    »Du solltest deine Finger von meiner Schwester lassen«, sagte das Mädchen.
    »Ach Scheiße, Pamela, das hat doch nichts zu bedeuten.« »Du verstehst es nicht«, sagte sie. »Sie hat Mutter alles erzählt.«
    »Wann?«
    »Vor einer Stunde. Ich konnte gerade noch weg.«
    »Dieses kleine Miststück«, fluchte Teagardin. »Ich hab sie kaum angerührt.«
    »Da erzählt sie aber was anderes«, sagte Pamela. Sie sah nervös zur Straße hinüber.
    »Und was genau hat sie erzählt?«
    »Glaub mir, Preston, alles. Sie hat es mit der Angst bekommen, weil die Blutungen nicht aufhören.« Das Mädchen zeigte mit dem Finger auf ihn. »Du solltest besser darauf hoffen, dass du ihr nichts angetan hast, was sie unfruchtbar gemacht hat.«
    »Verdammt«, rief Teagardin. Er stieg aus und ging ein paar Minuten mit hinter dem Rücken gefalteten Händen auf und ab wie ein General, der in seinem Zelt einen Gegenangriff plant. Dann zog er ein Seidentaschentuch aus der Hosentasche und tupfte sich den Mund ab. »Und was, glaubst du, wird deine alte Dame machen?« fragte er schließlich.
    »Nun, wenn sie Beth Ann ins Krankenhaus gebracht hat, wird sie als Nächstes den verdammten Sheriff anrufen. Und nur, dass du’s weißt, er ist der Cousin meiner Ma.«
    Teagardin legte seine Hände auf die Schultern des Mädchens und sah ihm in die Augen. »Aber du hast ihr doch nichts von uns beiden verraten, oder?«
    »Hältst du mich für bescheuert? Eher würde ich sterben.«
    Teagardin ließ sie los und lehnte sich an den Wagen. Er sah über die Weiden und fragte sich, warum niemand mehr das Land bestellte. Er hatte plötzlich ein altes, verfallenes, zweistöckiges Haus vor Augen, ein paar verrostete alte Landmaschinen, die im Unkraut standen, einen selbst gegrabenen Brunnen mit kühlem, klarem Wasser, der von verrotteten Bohlen zugedeckt war. Nur einen Augenblick lang malte er sich aus, wie er die Farm wieder auf Vordermann brachte, sich einem einfachen Leben widmete, an Sonntagen predigte und unter der Woche das Land mit schwieligen Händen bearbeitete; wie er am Abend nach einem guten Essen auf der Veranda

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