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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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denn, mein Junge?«
    »Ach, nichts«, winkte Arvin ab. »Wir konnten ihn nur nicht dazu bringen, ein paar Worte bei der Beerdigung zu sagen, das ist alles.«
    »Tja, manche Menschen haben strenge Ansichten bei so was.«
    »Ja, sieht so aus.«
    »Und du hast keine Ahnung, mit wem sie zusammen gewesen sein könnte?«
    »Lenora war meist allein«, antwortete der Junge. »Davon mal abgesehen, nützt das jetzt ohnehin nichts mehr, oder?«
    Tick zuckte mit den Schultern. »Nicht sehr viel, nehme ich an. Vielleicht hätte ich besser nichts gesagt.«
    »Tut mir leid, ich wollte nicht respektlos sein«, sagte Arvin. »Ich bin froh, dass Sie es mir gesagt haben. Jetzt weiß ich wenigstens, warum sie es getan hat.« Er schob sich das Tuch in die Tasche zurück und schüttelte Tick die Hand. »Und danke, dass Sie auf meine Grandma Rücksicht genommen haben.«
    Er sah dem Sheriff nach, als er losfuhr, dann stieg er in den Wagen und fuhr die fünfzehn Meilen nach Coal Creek zurück. Er ließ das Radio so laut laufen, wie es nur ging, hielt an der Hütte des Schwarzbrenners in Hungry Holler und kaufte zwei kleine Flaschen Whiskey. Als er nach Hause kam, ging er hinein und sah nach Emma. Soweit er wusste, war sie die ganze Woche nicht aus dem Bett gekommen. Sie roch langsam streng. Er brachte ihr ein Glas Wasser und sorgte dafür, dass sie etwas trank. »Hör mal, Grandma«, sagte er, »ich erwarte, dass du morgen früh aufstehst und Earskell und mir das Frühstück machst, okay?«
    »Lass mich einfach hier liegen«, entgegnete sie. Sie drehte sich auf die Seite und schloss die Augen.
    »Einen Tag noch, dann ist Schluss«, sagte Arvin. »Und das meine ich ernst.« Er ging in die Küche, machte Bratkartoffeln und belegte ein paar Sandwiches mit Mortadella für Earskell und sich. Nachdem sie gegessen hatten, wusch Arvin Pfanne und Teller ab und sah noch einmal nach Emma. Dann nahm er die beiden Flaschen mit auf die Veranda und gab dem alten Mann eine davon. Er nahm Platz und erlaubte sich endlich, über das nachzudenken, was der Sheriff gesagt hatte. Drei Monate. Es war ganz sicher keiner der Burschen aus der Gegend gewesen, der Lenora geschwängert hatte. Arvin kannte sie alle, und er wusste, was sie von ihr hielten. Die Kirche war der einzige Ort, an den sie gern ging. Arvin dachte an die Ankunft des Predigers zurück. Das war im April gewesen, vor etwas mehr als vier Monaten. Ihm fiel wieder ein, wie aufgeregt ihm Teagardin an dem Abend des Willkommensessens vorgekommen war, als die Reaster-Mädchen hereingekommen waren. Abgesehen von Arvin und der Frau des Predigers hatte das anscheinend niemand bemerkt. Nicht lange nach Teagardins Eintreffen hatte Lenora sogar ihre Haube abgelegt. Arvin hatte gedacht, sie sei es leid, in der Schule deswegen gehänselt zu werden, aber vielleicht gab es einen anderen Grund dafür.
    Arvin schüttelte zwei Zigaretten aus der Schachtel, zündete sie an und gab Earskell eine. Am Tag vor der Beerdigung hatte Teagardin zu ein paar Gemeindemitgliedern gesagt, er würde sich unwohl dabei fühlen, bei der Beisetzung eines Selbstmörders zu predigen. Stattdessen hatte er seinen armen kranken Onkel darum gebeten, an seiner Stelle ein paar Worte zu sprechen. Zwei Männer hatten Albert auf einem hölzernen Küchenstuhl getragen. Es war der wärmste Tag des Jahres gewesen, die Kirche war heiß wie ein Glutofen, doch der alte Mann hatte sich der Situation gewachsen gezeigt. Ein paar Stunden später war Arvin ziellos die Nebenstraßen entlanggefahren, das tat er in letzter Zeit immer, wenn irgendetwas überhaupt keinen Sinn ergab. Er war bei Teagardins Haus vorbeigekommen und hatte gesehen, wie er in ein paar Hauslatschen und mit einem weichen rosafarbenen Frauenhut auf dem Kopf aufs Plumpsklo ging. Seine Frau lag auf einer Decke auf dem verkrauteten, überwucherten Hof und sonnte sich im Bikini.
    »Verdammt, ist das heiß«, sagte Earskell.
    »Ja«, sagte Arvin nach einer Weile. »Vielleicht sollten wir heute Nacht hier draußen schlafen.«
    »Ich verstehe nicht, wie Emma es in dem Schlafzimmer aushält. Da drin ist es wie im Backofen.«
    »Sie wird morgen früh aufstehen und uns Frühstück machen.«
    »Wirklich?«
    »Ja«, sagte Arvin, »wirklich.«
    Und das tat sie auch, es gab Hefebrötchen, Eier und Soße; sie war schon eine Stunde lang auf, bevor die Männer auf der Veranda sich rührten. Arvin bemerkte, dass sie sich das Gesicht gewaschen, ein frisches Kleid angezogen und sich ein sauberes Tuch um die

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