Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels
sich in die Brieftasche. Sandy wusste nichts davon, aber Carl hatte immer einen Abzug dabei, wenn sie unterwegs waren. Es war das Bild von ihr, auf dem sie den Kopf eines Models auf ihrem Schoß hielt, bei der ersten Jagd war das gewesen, in dem Sommer, nachdem sie den Sexfanatiker in Colorado umgelegt hatten. Es war nicht eines seiner besten Bilder, aber ziemlich gut für jemanden, der noch lernte. Carl erinnerte es an eines dieser Gemälde von Maria mit dem Jesuskind, so süß und unschuldig sah Sandy auf das Model herab, ein Blick, den er die ersten ein, zwei Jahre mehrmals hatte einfangen können, doch dann war er für immer verloren gewesen. Und der Junge? Wenn er sich richtig erinnerte, waren sie fünf Tage unterwegs gewesen, ohne auf einen einzigen Tramper zu stoßen. Sie waren pleite gewesen und hatten gestritten, Sandy wollte heim, er wollte weitermachen. Dann bogen sie auf einer mit Schlaglöchern übersäten zweispurigen Straße südlich von Chicago um eine Ecke, und da stand der Kerl mit ausgestrecktem Daumen, wie ein Gottesgeschenk. Ein Riesenaufschneider, der ständig dumme Witze riss, und wenn Carl nur genau genug hinsah, konnte er noch immer diese störrische Haltung in seinem Gesicht entdecken. Jedes Mal, wenn Carl sich das Bild ansah, erinnerte es ihn daran, dass er nie wieder eine andere finden würde, mit der er so gut arbeiten konnte wie mit Sandy.
41.
Der erste August war ein heißer Sonntag, und Carls Hemd war schon morgens schweißnass. Er saß in der Küche, starrte das dreckige Gebälk und die Schicht ranzigen Fetts an der Wand hinter dem Herd an. Er sah auf die Uhr, es war bald Mittag. Sie hätten schon seit vier Stunden unterwegs sein sollen, doch Sandy war in der Nacht mit einem grässlichen Ausdruck auf dem geröteten Gesicht durch die Tür hereingestolpert gekommen, hatte nach Schnaps gestunken und immer wieder gesagt, dass dies die letzte Fahrt für sie sei. Sandy brauchte den ganzen Vormittag, um wieder nüchtern zu werden. Als sie nach draußen zum Wagen gingen, blieb sie stehen und suchte in ihrer Handtasche nach ihrer Sonnenbrille. »Scheiße«, sagte sie, »mir ist immer noch schlecht.«
»Wir müssen noch anhalten und den Benzinkanister füllen, bevor wir die Stadt verlassen«, sagte Carl, ohne auf sie einzugehen. Während er darauf gewartet hatte, dass sie fertig wurde, hatte er beschlossen, sich von ihr nicht die Fahrt vermiesen zu lassen. Notfalls würde er eben etwas gröber mit ihr werden müssen, wenn sie erst einmal Ross County und ihren beschissenen neugierigen Bruder hinter sich gelassen hatten.
»Verdammt, du hattest doch die ganze Woche Zeit dazu«, jammerte sie.
»Ich sag’s dir, pass auf!«
An der Texaco-Tankstelle auf der Main Street stieg Carl aus und füllte den Kanister auf. Als der scharfe Lärm der Sirene durch die Luft schnitt, sprang er fast vor einen Mustang, der gerade von der Tankstelle rollte. Carl drehte sich um und sah Bodecker, der in seinem Streifenwagen saß. Der Sheriff machte die Sirene aus und stieg lachend aus dem Wagen. »Verdammt, Carl«, sagte er. »Ich hoffe, du hast dir nicht vor Schreck in die Hose gemacht.« Er linste in den Wagen und sah das ganze Zeug auf dem Rücksitz. »Na, macht ihr eine Reise?«
Sandy öffnete die Tür und stieg aus. »Urlaub«, sagte sie.
»Wohin denn?« fragte Bodecker.
»Virginia Beach«, antwortete Carl. Er spürte etwas Nasses, blickte hinunter und sah, dass er sich einen Schuh mit Benzin durchtränkt hatte.
»Ich dachte, da seid ihr letztes Jahr schon gewesen«, sagte Bodecker. Er fragte sich, ob seine Schwester die Hurerei wieder aufgenommen hatte. Wenn, dann war sie offensichtlich erheblich vorsichtiger geworden. Seit dem Telefonanruf von der Frau letzten Sommer hatte er keine Beschwerden mehr bekommen.
Carl sah Sandy an und sagte: »Ja, uns gefällt es da.«
»Ich finde, ich sollte auch mal ausspannen«, sagte Bodecker. »Da ist es also schön, hm?«
»Ja, es ist nett«, sagte Sandy.
»Was gefällt euch denn da?«
Sandy sah Carl hilfesuchend an, doch der beugte sich gerade über den Kanister und schraubte ihn zu. Seine Hose hing tief, und Sandy hoffte, Lee würde nicht die Ritze seines weißen Hinterns bemerken, die hervorlugte. »Da ist es einfach nur nett, das ist alles.«
Bodecker zog einen Zahnstocher aus der Hemdtasche. »Wie lange bleibt ihr fort?« wollte er wissen.
Sandy verschränkte die Arme und sah ihn böse an. »Was soll diese beschissene Fragerei?« Ihr tat der Kopf wieder
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