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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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weh. Sie hätte keinen Wodka ins Bier mischen sollen.
    »Nichts Besonderes, Schwesterherz«, antwortete er. »Nur Neugier.«
    Sie starrte ihn eine Weile an. Sie versuchte sich vorzustellen, was für ein Gesicht er statt seiner selbstgefälligen Visage machen würde, wenn sie ihm die Wahrheit erzählen würde. »Zwei Wochen vielleicht«, sagte sie.
    Sie standen da und schauten zu, wie Carl den Deckel auf dem Kanister fest zuschraubte. Als er in die Tankstelle ging, um zu bezahlen, nahm Bodecker den Zahnstocher aus dem Mund und grunzte: »Urlaub also.«
    »Hör endlich auf, Lee. Was wir tun, geht nur uns was an.«

42.
    Jamie Johansen war ihr erster Mitfahrer seiner Art, Haare bis auf die Schultern, ein paar dünne Goldreifen im Ohr. Das sagte ihm jedenfalls die Frau, kaum dass er in den verdreckten Wagen gestiegen war, so als sei es das Aufregendste, das ihr jemals zugestoßen war. Jamie war im Jahr zuvor von seinem Zuhause in Massachusetts weggelaufen, und das war auch das letzte Mal gewesen, dass er einen Friseur aufgesucht hatte. Er selbst hielt sich nicht für einen Hippie – die paar, denen er unterwegs begegnet war, waren ziemlich durchgeknallt gewesen –, aber das war ja egal. Sollte sie doch denken, was sie wollte. In den letzten sechs Monaten hatte er bei einer Transvestiten-Familie in einem heruntergekommenen, katzenverseuchten Haus in Philadelphia gewohnt. Er war schließlich abgehauen, als die beiden älteren Schwestern gefordert hatten, Jamie solle mehr von seinem Geld abgeben, das er auf der Toilette im Busbahnhof auf der Clark Street verdiente. Diese Schrullen konnten ihn mal. Für Jamie waren sie Verlierer mit schlechtem Make-up und billigen Perücken. Er würde nach Miami gehen und sich eine reiche alte Schwuchtel suchen, die sich dafür begeistern würde, einfach nur mit seinem schönen, langen Haar zu spielen und mit ihm am Strand anzugeben. Er sah aus dem Autofenster und entdeckte ein Schild, auf dem irgendetwas von Lexington stand. Er konnte sich nicht einmal erinnern, wie er überhaupt nach Kentucky gekommen war. Wer zum Henker wollte schon nach Kentucky?
    Und die beiden, die ihn mitgenommen hatten, waren auch so ein Verliererpärchen. Die Frau schien sich für sexy zu halten, so wie sie ihn die ganze Zeit im Spiegel angrinste und sich die Lippen leckte, aber allein schon bei ihrem Anblick grauste es ihn. Irgendwas im Wagen roch nach Fisch, und Jamie schätzte, dass sie es war. Er konnte sehen, dass der fette Kerl alles darum gegeben hätte, seinen Schwanz zu lutschen, so wie er sich andauernd umdrehte und ihm dämliche Fragen stellte, damit er ihm in den Schritt starren konnte. Sie waren noch keine fünf, sechs Meilen weit gekommen, als Jamie beschloss, bei erstbester Gelegenheit den Wagen zu klauen. Selbst dieser Schrotthaufen war besser, als per Anhalter zu fahren. Der Mann, der ihn letzte Nacht mitgenommen hatte – schwarzer steifer Hut, lange weiße Finger –, hatte ihm eine Heidenangst eingejagt, als er Jamie von Banden tollwütiger Rednecks und ganzen Stämmen halb verhungerter Landstreicher berichtet hatte und von den fürchterlichen Dingen, die sie jungen Trampern antaten, wenn sie sie erwischten. Nachdem der Mann ihm ein paar Geschichten erzählt hatte – von lebendig begrabenen Typen, kopfüber in Löcher gestopft wie Zaunpfosten, oder zu klebrigem Stew mit Zwiebeln und Falläpfeln verarbeitet –, hatte er ihm gutes Geld und eine Nacht im Motel angeboten für eine ganz besondere Party, bei der es irgendwie um einen Beutel Wattebäusche und einen Trichter ging. Doch zum ersten Mal, seit er weggelaufen war, lehnte Jamie gutes Geld ab; er konnte sich schon vorstellen, wie das Zimmermädchen ihn am nächsten Morgen ausgehöhlt wie ein Kürbis zu Halloween in der Badewanne vorfinden würde. Im Vergleich zu diesem Irren waren die beiden hier die reinsten Betschwestern.
    Dennoch war Jamie überrascht, als die Frau den Highway verließ und der Mann ihn rundheraus fragte, ob er daran interessiert sei, mit seiner Frau zu vögeln, während er ein paar Fotos mache. Das hatte er nicht kommen sehen, aber er blieb cool. Jamie stand eigentlich nicht auf Frauen, vor allem nicht auf hässliche; aber wenn er den fetten Kerl dazu überreden konnte, sich ebenfalls auszuziehen, sollte der Diebstahl des Wagens ein Leichtes sein. Er hatte noch nie ein eigenes Auto gehabt. Sicher, sagte er zu dem Mann, interessiert sei er schon, aber nur, wenn sie dafür auch zahlen würden. Jamie sah an dem Mann vorbei

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