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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Fisher
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Gegenseite, das lässt die Neigung zum Betrug sinken und mindert auch Ihr Risiko, hereingelegt zu werden.
     
    Unklare Vollmachten Manchmal lässt einen die Gegenseite im Glauben, sie habe – ebenso wie Sie – uneingeschränkte Verhandlungsvollmacht, obwohl das nicht zutrifft. Später, nachdem die anderen aus Ihnen alles herausgeholt haben und Sie im guten Glauben mitgemacht haben, dass das nun eine feste Abmachung sei, erklärt die Gegenseite, dass man da noch jemanden um Zustimmung fragen muss. Damit suchen die Partner sich sozusagen ein Hintertürchen offen zu halten.
    Es ist unangenehm, in eine derartige Lage zu geraten. Denn wenn auf Ihrer Seite nur Sie die Vollmacht zu Konzessionen haben, werden Sie ja am Ende auch für Zugeständnisse verantwortlich sein.
    Nehmen Sie deshalb sicherheitshalber an, dass Ihre Verhandlungspartner nicht unbedingt eine Entscheidungsbefugnis haben, nur weil sie bei der Verhandlung anwesend sind. Der Sachbearbeiter einer Versicherung, ein Rechtsanwalt, ein Verkäufer lässt Sie gerne im Glauben, dass Ihrer Flexibilität eine ebenso große der Gegenseite entspricht. Später bekommen Sie heraus, dass das, was Sie für ein Übereinkommen hielten, von der Gegenseite nur als Grundlage für weitere Verhandlungen betrachtet wird.
    Ehe Sie also das Geben und Nehmen anfangen, suchen Sie zuerst einmal die Kompetenz der anderen zu ergründen. Es ist völlig legitim |185| nachzufragen: »Welche Vollmachten haben Sie denn in diesen Verhandlungen?« Erhalten Sie keine eindeutige Antwort, dann äußern Sie den Wunsch nach einem Gespräch mit jemandem, der wirklich entscheidungsbefugt ist, oder machen Sie klar, dass sonst auch Sie die Freiheit beanspruchen, jeden vereinbarten Punkt erneut infrage zu stellen.
    Erklärt die Gegenseite unerwartet, dass sie das, was Sie für ein Übereinkommen gehalten haben, nur als Basis für weitere Verhandlungen ansieht, dann bestehen Sie auf Gegenseitigkeit. »Gut. Behandeln wir das Ganze als gemeinsamen Entwurf, an den keiner von uns gebunden ist. Sie besprechen das mit Ihrem Chef; ich überschlafe alles noch mal und sehe zu, ob ich noch etwas ändern will. Das würde ich dann morgen vorschlagen.« Oder: »Wenn Ihr Chef den Entwurf morgen billigt, gilt er auch für mich. Ansonsten kann jeder von uns Änderungen vorschlagen.«
     
    Zweifelhafte Absichten Geht es darum, ob die Gegenseite sich wirklich an das Abkommen halten will oder wird, kann man entsprechende Klauseln in die Übereinkunft einbauen.
    Ein Beispiel: Nehmen Sie an, Sie vertreten als Rechtsanwalt eine Frau in deren Scheidungsangelegenheit. Ihre Klientin glaubt nicht, dass ihr Mann für die Kinder aufkommen wird, auch wenn er eine solche Auflage akzeptiert. Sie hat Angst, die Alimente jeden Monat vor Gericht erstreiten zu müssen. Was können Sie da tun? Artikulieren Sie das Problem und nutzen den Protest der Gegenseite, Garantien zu erwirken.
    Sagen Sie etwa zum Anwalt des Mannes: »Sehen Sie, meine
    Klientin hat Angst, dass das mit der Unterstützung der Kinder nicht klappt. Wie wäre es, wenn man die monatlichen Zahlungen mithilfe einer Hypothek auf das Haus absichert?«
    Der Gegenanwalt darauf in etwa: »Mein Klient ist absolut vertrauenswürdig. Wir nehmen die regelmäßige Zahlung der Alimente in den Vertrag auf, und er wird die Unterstützung pünktlich bezahlen.«
    |186| Sie antworten nun: »Das ist nicht eine Frage des Vertrauens. Sind Sie sicher, dass Ihr Klient bezahlen wird?«
    »Natürlich.«
    »Hundertprozentig?«
    »Hundertprozentig sicher.«
    »Dann werden Sie nichts gegen folgendes Abkommen haben. Ihr Klient stimmt monatlichen Unterhaltszahlungen zu. Wir sehen aber im Vertrag vor: Für den Fall – den Sie für ausgeschlossen halten –, dass er zwei Monatszahlungen in Verzug kommt, wird die von uns vorgeschlagene Hypothek eingetragen.«
    Der Gegenanwalt wird da wohl kaum Einwände geltend machen können.
     
    Unvollständige Information ist nicht dasselbe wie Betrug Ab sichtlicher Betrug über Fakten oder Absichten ist etwas ganz anderes als das Verschweigen eigener Gedanken. Gutgläubiges Verhandeln erfordert keineswegs ständige Enthüllungen. Werden Sie zum Beispiel gefragt: »Wie viel würden Sie maximal bezahlen, wenn Sie in dieser Lage wären?«, dann antworten Sie am besten etwa so: »Wir sollten uns nicht selbst in Versuchung bringen und uns gegenseitig irreführen. Wenn Sie meinen, dass eine Einigung nicht möglich ist und wir nur unsere Zeit vergeuden, können wir unsere

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