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Das Harvard-Konzept

Das Harvard-Konzept

Titel: Das Harvard-Konzept
Autoren: Roger Fisher
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Verhandlungszug ist: ein Versuch, den Eintritt in die Verhandlungen schon als Teil des Ringens um Zugeständnisse zu nutzen. Eine Variante dieses Schachzugs besteht darin, bereits vor den Verhandlungen Bedingungen für diese zu stellen.
    Dann sollten Sie über diese Weigerung selbst sprechen. Versuchen Sie das direkt mit der Gegenpartei oder auch über Dritte. Greifen Sie die anderen wegen dieser Verweigerung nicht an, versuchen Sie aber herauszufinden, welche Interessen die anderen zum Nichtverhandeln veranlassen. Vielleicht haben sie Sorge, dass Sie durch Verhandlungen aufgewertet werden? Haben die potenziellen Verhandlungspartner Angst, als zu »weich« kritisiert zu werden? Meinen sie, dass Verhandlungen ihre wertvolle internationale Solidarität zerstören könnten? Oder glauben sie einfach, dass ein Abkommen nicht möglich ist?
    Schlagen Sie ein paar Wahlmöglichkeiten vor, etwa Verhandlungen über Dritte, briefliche Verhandlungen, oder ermuntern Sie nichtbetroffene Personen, wie etwa Journalisten, die Streitfrage zu diskutieren (wie das im Fall der Iran-Geiseln tatsächlich geschah).
    Und schließlich: Achten Sie wiederum auf Grundprinzipien. Ist der vorgeschlagene Weg das, was die anderen von Ihnen wollen? Wollen sie lediglich Dritte aus den Verhandlungen heraushalten? Welche Grundprinzipien sind, von der Gegenseite her gesehen, der Lage wohl angemessen?
     
    Extreme Forderungen Viele Verhandelnde beginnen mit ganz extremen Vorschlägen. Etwa wenn einer 120   000 Euro für Ihr Haus |192| bietet, das ganz offensichtlich 500   000 Euro wert ist. Damit sollen Ihre Erwartungen schon mal heruntergeschraubt werden. Manche meinen auch, dass eine extreme Eingangsforderung dann das Endresultat für sie verbessert. Das geht von der Vorstellung aus, dass am Schluss die Parteien doch die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage in der Mitte teilen. Dabei gibt es aber Kehrseiten der Medaille, selbst für trickreiche Verhandlungspartner. Wenn man nämlich extreme Forderungen stellt, die die anderen als überzogen durchschauen, so untergräbt man die eigene Glaubwürdigkeit. Eine solche Eröffnung der Verhandlung kann den ganzen Handel unmöglich machen. Wenn die Gegenseite zu wenig anbietet, könnte ja bei Ihnen der Eindruck entstehen, dass die Mühe gar nicht lohnt.
    Auch hier ist es sinnvoll, diese Taktik aufzudecken und zu artikulieren. Fragen Sie nach sachbezogener Rechtfertigung für die vertretene Position – so lange, bis diese Position auch denen, die sie vertreten, lächerlich erscheint.
     
    Nachgeschobene Forderungen Manche Verhandlungspartner schrauben ihre Forderungen als Gegenzüge zu jeder ihrer eigenen Konzessionen höher. Mitunter treten plötzlich Streitpunkte wieder auf, die Sie schon für beigelegt hielten. Das Ziel ist dabei, das gemachte Zugeständnis wieder einzuschränken, sowie der psychologische Effekt, dass Sie, um neue Forderungen der anderen zu vermeiden, zu einer schnellen Einigung bereit sind.
    Der Premierminister von Malta benutzte diese Taktik 1971 bei seinen Verhandlungen über militärische Stützpunkte mit Großbritannien. Jedesmal wenn die Briten glaubten, dass man sich einig sei, kam der Premier mit Sätzen wie »Gut, einverstanden; aber da gibt es noch ein kleines Problem.« Und das »kleine Problem« wuchs sich alsbald aus zu einer Vorauszahlung von 10 Millionen Pfund Sterling in bar als Garantie für Arbeitsplätze auf den Docks und den Flugbasen während der gesamten Laufzeit des Vertrags.
    Wenn Sie eine derartige Taktik erkennen, lassen Sie es die Gegenseite wissen und unterbrechen dann die Verhandlungen, um sich darüber |193| klar zu werden, ob und auf welcher Basis Sie überhaupt fortfahren wollen. Damit verhindern Sie eine impulsive Reaktion und machen die Gegenseite gleichzeitig darauf aufmerksam, wie ernst Sie das Ganze nehmen. Wiederum sollten Sie dann auf Grundprinzipien achten. Sie werden sehen, dass alle viel ernsthafter verhandeln, wenn Sie zurückkommen.
     
    Die Taktik, sich festzulegen Thomas Schelling hat hierfür ein bezeichnendes Beispiel gegeben. Zwei mit Dynamit beladene Lastwagen begegnen sich auf einer einspurigen Straße. Einer von ihnen muss in den Straßengraben, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Während die beiden aufeinander zufahren, zieht der eine Fahrer das Steuerrad aus der Lenkstange und wirft es aus dem Fenster. Der andere sieht das und hat nun die Wahl zwischen einem Zusammenstoß mit Explosionsgefahr oder dem Weg in den Graben. In diesem
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